Michael Braun über politische Bündnisse in Italien: Machiavelli würde sich freuen
Im Schnelldurchgang wählten die beiden Kammern des italienischen Parlaments am Samstag ihre neuen Präsidenten, und die Kür wurde zu einer bizarr anmutenden Mischung aus Alt und Neu.
Im Senat machte Maria Elisabetta Casellati aus den Reihen von Silvio Berlusconis Forza Italia das Rennen, im Abgeordnetenhaus dagegen Roberto Fico, einer der Frontmänner der Protestbewegung der Fünf Sterne (Movimento5Stelle – M5S), die bei den Wahlen vor drei Wochen triumphiert hatten.
Und, noch bizarrer, Berlusconis Truppe stimmte für den Fünf-Sterne-Mann, die Fünf Sterne wiederum votierten für die Berlusconi-Kandidaten im anderen Haus des Parlaments. Das sagt einiges über die rasante Entwicklung der 5-Sterne-Bewegung unter ihrem jungen Chef Luigi Di Maio.
Sie, die als Fundamentalopposition gegen die „Kaste der Politiker“ angetreten war, zeigt sich mit einem Schlag von einer Geschmeidigkeit, die Machiavelli Freude bereitet hätte.
Dass aber auch ein neues Regierungsbündnis aus dieser für die Wahl der Kammerpräsidenten geschlossenen Allianz zwischen dem Rechtsblock aus Berlusconis Forza Italia und der Lega Nord einerseits, den Fünf Sternen andererseits wird, ist keineswegs ausgemacht. Ein solcher Pakt mit dem Teufel würde das M5S viel von seinem Nimbus als echter Alternative zum Palazzo kosten, es würde reihenweise Wähler und Aktivisten verprellen.
Einfacher wäre es für Luigi Di Maio, Unterstützung bei der gemäßigt linken Partito Democratico zu suchen. Doch die steht nach ihrer Wahlniederlage schmollend beiseite. Matteo Renzi ist zwar als Parteichef zurückgetreten, aber er diktiert weiter die Linie, der Platz der PD sei in der Opposition. Er möchte, dass „die anderen“, die Rechtspopulisten der Lega Nord und die Fünf Sterne, sich entzaubern, indem sie die Regierung vor die Wand fahren. Ob das am Ende der PD nützt, steht in den Sternen. Sicher dagegen wäre, dass Italien genauso wie Europa den Schaden davontrüge.
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