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Michael Braun über die Parlaments- und Wahlrechtsreform in RomRenzis Sieg, Italiens Niederlage

Hätte Silvio Berlusconi jene Machtfülle genossen – er wäre heute immer noch im Amt

Der italienische Premier Matteo Renzi darf sich als derjenige feiern lassen, der die seit Jahrzehnten diskutierte Entmachtung des italienischen Senats anpackte – eine Entmachtung, die nach zwei weiteren parlamentarischen Lesungen bald Wirklichkeit sein wird. Ein Fortschritt hin zu mehr Regierbarkeit ist das allemal. Italiens Regierungschefs und ihre Kabinette dürften in Zukunft fester im Sattel sitzen, der Gesetz­gebungsprozess dürfte sich deutlich beschleunigen.

Doch nicht umsonst warnen viele Kritiker davor, dass Italiens Demokratie sich in Zukunft konstitutionell in eine One-Man-Show verwandeln könnte. Denn neben dem entmachteten Senat wird Italien ein Abgeordnetenhaus sehen, das nach einem neuen Mehrheitswahlrecht gewählt werden wird: einem Wahlrecht, in dem eine Partei im zweiten Wahlgang automatisch die absolute Mehrheit erhält, auch wenn sie in der ersten Runde zum Beispiel bloß ein Viertel der Stimmen auf sich vereinigen konnte – die beiden Parteien mit den höchsten Stimmanteilen in Runde eins ­gehen in die Stichwahl.

Und mehr noch, die Auswahl der Kandidaten besorgt in Italien die Parteiführung. Matteo Renzi könnte so für Wahllisten sorgen, die ihm eine nibelungentreue Parlamentsfraktion zusichern. Jene Fraktion wiederum könnte mit ihrer satten Mehrheit die Wahl eines genehmen Staatspräsidenten sichern – wirkliche Gegengewichte zum Regierungschef gäbe es kaum noch. Hätte Silvio Berlusconi jene Machtfülle genossen, über die binnen zwei Jahren womöglich Renzi verfügt, dann wäre er heute noch im Amt, dann hätte das Parlament viele seiner Gesetze abgesegnet, die darauf zielten, seine Probleme mit der Justiz zu lösen und seine Kritiker kaltzustellen.

Das neue Ein-Kammer-System samt Wahlrecht mit extremem Mehrheitsbonus ist geeignet, die Urnengänge in eine Lotterie zu verwandeln. Ob Italien so stabiler wird, darf bezweifelt werden.

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