Michael Braun über Papst Franziskus und unliebsame Medien: Pressejagd im Vatikan
Eine arme Kirche für die Armen, und bitte schön absolut transparent in ihrem Tun: Dies war seit seinem Amtsantritt im Frühjahr 2013 der Sound des Papstes Franziskus. Als Anfang November zwei Enthüllungsbücher über das Wirtschaftsimperium Vatikan erschienen, hätte er Gelegenheit gehabt zu beweisen, wie ernst ihm seine hehren Anliegen sind.
Nicht allzu ernst, so scheint es heute. Noch sein Vorgänger Ratzinger ließ zwar im Jahr 2012 seinem persönlichen Kammerdiener den Prozess machen, weil der den Journalisten Gianluigi Nuzzi mit Material für dessen Buch „Vatikan AG“ versorgt hatte – ließ den Journalisten selbst aber in Ruhe (und er begnadigte den Majordomus umgehend).
Papst Franziskus dagegen lässt die ganz große Keule herausholen: Mit einer vollkommen unspezifischen Anklage verfolgt ein Gericht des Vatikanstaats jetzt auch jene die Journalisten, die unliebsame Fakten verbreiten – nicht etwa wegen einer Verleumdung oder einer übler Nachrede, sondern schlicht weil sie ihren Job gemacht haben. Dementis zu den in den inkriminierten Büchern enthaltenen Informationen jedenfalls lieferte die Kurie bisher nicht.
Rechtsstaatlich ist an diesem Prozess, in dem den Angeklagten sogar das Recht auf eine angemessene Vorbereitung der Verteidigung verweigert wird, recht wenig.
Umso mehr erstaunt das beredte Schweigen der italienischen Politiker, die bisher keinen Anlass sahen, sich schützend vor die Journalisten – immerhin italienische Staatsbürger, die ihre Titel bei italienischen Verlagen veröffentlicht haben – zu stellen. Kein Regierungsmitglied, kein führender Politiker hielt es für nötig, den Angriff auf die Pressefreiheit zu kommentieren.
Auch deshalb wohl treibt der Vatikanstaat einen solchen Prozess voran: Weil er weiß, dass er sich dieses Vorgehen gegenüber der gewohnt kirchenhörigen italienischen Politik straflos leisten kann.
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