Michael Bartsch über Erpressungsversuche des BSW: Naivität entschuldigt nicht mehr
Das fängt ja gut an“, sagen in Thüringen und Sachsen nun alle, die ihre Länder eher vor Neuwahlen als von einer „Brombeerkoalition“ geführt sehen. Es sollte ja eigentlich um kompromissfähige Koalitionen im Landesinteresse gehen. In Erfurt noch mehr als in Dresden aber dominieren Erpressungsversuche der Wagenknecht-„Personenkultpartei“, wie sie Wolf Biermann genannt hat.
Die meisten der regionalen BSW-Landtagsdebütanten und von sich selbst überraschten Unterhändler verdienen indes Respekt. Sie sind von Gerechtigkeitsansätzen und einer diffusen, aber ehrlichen Friedenssehnsucht getragen. Oder hatten persönliche Gründe, die noch diffusere Linke zu verlassen. Bemüht um Treue zu ihrem ebenfalls diffusen Programmideengemisch erweisen sie sich auch als halbwegs faire Gesprächspartner.
Wer aber nicht längst bemerkt hat, wofür er oder sie in dieser Partei neuen Typus nach leninschem Vorbild eingespannt wird, hätte die politische Karriere besser meiden sollen. Oder zumindest nach dem berauschenden Wahlerfolg aus dem Stand nicht sofort Regierungsverantwortung anstreben sollen. Naivität entschuldigt nicht mehr. Gescheite Frauen wie Katja Wolf in Thüringen bemerken, was ihr der Spagat zwischen den Landesinteressen und den bundes- und außenpolitischen Ambitionen der großen Vorsitzenden abverlangt. Mit ein wenig Lebensklugheit kann man prophezeien, dass das nicht gut gehen wird. Entweder emanzipieren sich die BSW-Landesverbände und reifen zur Regierungsfähigkeit. Oder die Allmutter ruiniert mit anhaltendem Durchgriff ihre junge, allein auf sie fixierte Partei.
Dass sie mit ihren ständigen Ultimaten die „Altparteien“ CDU und SPD zu spalten und zu ruinieren versucht, ist zumindest in Sachsen und Thüringen längst ein Thema beim Feierabendbier. Wenn nun dort am Montag ein vielleicht letzter Anlauf unternommen wird, die „Brombeerkoalitionen“ zu retten, wird man das Gefühl nicht los, mehr als Montagskoalitionen – wie bei den sprichwörtlichen Montagsdemos – kommen da nicht mehr heraus.
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