Mexiko vor der Wahl im Juli: Drogengangs ermorden Kandidaten
Seit Beginn der Wahlperiode 2017 starben in Mexiko 47 Kandidaten gewaltsam. Kriminelle wollen zukünftige Bürgermeister kontrollieren.
Es ist Wahlkampf in Mexiko. Kein Tag vergeht, an dem nicht Amtsanwärter und deren Unterstützer bedroht, angegriffen oder ermordet werden. Mit Juárez und Lucatero steigt die Liste der Menschen, die seit der Eröffnung der Wahlperiode im September 2017 gewaltsam gestorben sind, auf 121 Opfer an. 47 waren für ein Amt angetreten.
Eine Woche, bevor am 1. Juli in Mexiko ein neuer Präsident, acht Gouverneure sowie zahlreiche Abgeordnete und Bürgermeister gewählt werden, hat die Eskalation damit einen historischen Rekord erreicht. Die Zahl der Toten hat sich vervierfacht, seit die Mexikaner 2015 das letzte Mal zu den Urnen gegangen sind.
„Der aktuelle Wahlprozess ist in erster Linie von Gewalt geprägt“, kritisierte die Vorsitzende des mexikanischen Wahlgerichts, Janine Madeline Otálora. In Teilen des Landes würden die Kriminellen entscheiden, wer auf dem Wahlzettel stehe und wer nicht. Die Angriffe finden vor allem in kleineren Städten armer Bundesstaaten statt, in denen Banden des organisierten Verbrechens das Sagen haben: Oaxaca, Guerrero, Michoacán. Betroffen sind meist Bürgermeister und andere örtliche Amtsträger.
Die Kriminellen müssen diese Behörden und damit die Polizei kontrollieren, um ungestört Drogen zu transportieren, Schutzgeld zu kassieren oder illegal Edelmetall abzubauen. Wer ihnen in die Quere kommen könnte, wird kaltgestellt. So wohl auch Ángeles Juárez, der in seinem Wahlkampf Michoacán angekündigt hatte, mit den „korrupten Behörden“ Schluss zu machen. Ebenso kann es Politiker treffen, die für konkurrierende Banden arbeiten.
Eher sterben als die Wahl gewinnen
80 Prozent der Opfer gehören Parteien an, die in den jeweiligen Regionen zur Opposition zählten. Parteipolitisch lassen sich die Angriffe jedoch nicht zuordnen. Während Ángeles Juárez für eine bürgerlich-konservative Allianz kandidierte, starben in Guerrero Aktivisten der ehemaligen Staatspartei PRI. In Oaxaca stürmten vor wenigen Tagen bewaffnete Männer mit Macheten und Pistolen das Haus der Abgeordneten Nancy Benítez, die für das linke Bündnis Morena ins Rennen geht. Sie hätten ihr gedroht, sie werde eher sterben als die Wahl gewinnen, berichtet Benítez.
Auch Mitarbeiter der Nationalen Wahlbehörde (INE) stehen unter dem Druck krimineller Organisationen. „Sie haben uns klargemacht, dass sie nicht wollen, dass wir in bestimmten Orten Schulungen durchführen“, sagt Dagoberto Santos, der für die INE in Guerrero arbeitet. Zudem hätten die Banden vorgeschrieben, zu welchen Zeiten sie in ihren Büros arbeiten dürfen.
Nach INE-Angaben haben bereits 1.029 Amtsanwärter wegen der gewalttätigen Verhältnisse ihre Kandidatur zurückgezogen. Eine indigene Gemeinde, die den Bürgermeisterkandidaten Ángeles Juárez unterstützte, zieht andere Konsequenzen: Sie forderte die Behörden auf, die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Sollte das nicht geschehen, werde man die Mörder selbst aufgreifen und töten.
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