Messerangriff in der Pariser Polizei: Schärfere Kontrollen als Lösung

Frankreichs Innenminister räumt im Fall der Attacke in der Pariser Polizeipräfektur Fehler ein. Die Tat soll einen terroristischen Hintergrund haben.

Schwerbewaffnete Polizisten in Paris

Polizeibeamte patrouillieren vor dem Pariser Polizeipräsidium Foto: dpa

PARIS taz | Innenminster Christophe Castaner räumte im Fall des Messerangriffs auf die Pariser Polizeipräfektur Fehler ein. Es habe offensichtlich Schwachstellen gegeben, sagte Castaner am Sonntag in einem Interview mit dem Fernsehsender TF. Er habe nach dem Bekanntwerden weiterer Details um Erklärungen gebeten, sagte Castaner im Interview.

Der mutmaßliche Angreifer hatte sich den Anti-Terror-Ermittlern zufolge 2015 gegenüber einem Kollegen zustimmend zu dem islamistischen Attentat auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ geäußert. Dies sei aber nicht gemeldet und vermerkt worden, sagte Innenminister Castaner. „Wenn es Fehler gab, müssen sie korrigiert werden. Wenn es Fehler gab, müssen sie geahndet werden.“

Zuvor gaben die Ermittler bekannt, dass der 45-jährige Polizeibeamte, der am Donnerstag offenbar in einem Zustand großer Verwirrung vier Kolleginnen und Kollegen mit einem Messer getötet und eine fünfte Frau schwer verletzt hatte, doch terroristische Motive gehabt habe. Er selbst kann dazu nicht mehr aussagen, da er noch am Tatort von einem jungen Polizisten erschossen wurde.

Bei den Ermittlungen wurde entdeckt, dass der unlängst zum Islam konvertierte Mickael H. Kontakte zu religiös und politisch radikalen Salafisten gehabt haben soll. Die Ermittler suchen nun Beweise für ein terroristisches Motiv der Bluttat. Klar ist nur, dass es sich um ein vorsätzliches Verbrechen handelte, da der Täter am Vormittag ein Messer mit einer Keramikklinge kaufte, das vom Metalldetektor nicht entdeckt wurde.

Die Polizeipräfektur in Paris ist eine Festung. In der Abteilung des Nachrichtendienstes, in der der zu 70 Prozent taubstumme Mickael H. arbeitete, zirkulieren vertrauliche Informationen im Zusammenhang mit der Bekämpfung islamistischer Terroristen und ihrer Sympathisanten. Gehörte der Messerstecher selbst zu dieser Gruppe von Staatsfeinden? Das muss noch bewiesen werden, aber der Verdacht und die Vorstellung sind höchst beunruhigend, nicht nur für die Polizei, die nun mit Misstrauen und Vorurteilen Jagd auf andere potenziell eingeschleuste Dschihadisten machen könnte. Offiziell ist von 29 Fällen (unter 150.000 PolizistInnen) die Rede, die wegen des Verdachts der Radikalisierung unter Beobachtung stehen. Doch diese Zahl sei massiv unterschätzt, warnen Experten.

Die Opposition forderte eine parlamentarische Untersuchung, bei der es um die Frage geht, warum der mutmaßliche Mörder nicht aufgefallen war und warum er überhaupt angestellt werden konnte. Zudem wollen die Regierungsgegner von links und rechts den Rücktritt von Innenminister Christophe Castaner, der für die Polizei und deren Personalpolitik zuständig ist. Außerdem wird diskutiert, ob angesichts der bisherigen Erkenntnisse die Sicherheitsbestimmungen für das Personal in einem Hauptquartier der Polizei nicht zu locker waren.

Die Messerattacke hat nicht nur die Angehörigen der Polizei, sondern auch die Öffentlichkeit in Frankreich so schockiert, dass der Premierminister Edouard Philippe jetzt Rede und Antwort stehen musste. Er versicherte seinen Landsleuten in der Sonntagszeitung Le Journal du Dimanche, es sei „eine absolute Priorität, interne Bedrohungen aufzudecken“, und es dürfe „kein Anzeichen einer Radikalisierung unbeantwortet bleiben“. Aufgrund dessen sollen die Kontrollen der Beschäftigten im Bereich der inneren Sicherheit verschärft werden. Was genau das bedeutet, ließ der Regierungschef offen. Jemand wie der aus Martinique stammende Mickael H., der mit seinen Vorgesetzten haderte und zum Islam übertrat, würde zukünftig sicherlich zum Kreis der Verdächtigen zählen können.

(mit dpa)

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