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Merkwürdige WerbebotschaftenBerliner Polizei ist „Da für dich“

Imagekampagnen sind eine Seuche. Alle möglichen Firmen und Institutionen wanzen sich mehr oder weniger duzend an uns heran. Muss das sein?

Äh, hier fehlt echt ein Werbeslogan: Werbebanner eines Sicherheitsunternehmens bei der Jobbörse der Sicherheitsbranche Foto: dpa/Christian Charisius

Berlin taz | „Da für dich“ – mit diesem Slogan wirbt die Berliner Polizei nicht nur auf Autos. Auf dem Weg zum Schwimmbad kommt man an ihnen vorbei. Und stellt sich dabei vor, wie Ladendiebe (vielleicht) erschrecken. Aber ist es nicht selbstverständlich, dass die Polizei da ist?

Diese sogenannten Imagekampagnen sind eine Seuche. Alle möglichen Firmen und Institutionen wanzen sich mehr oder weniger duzend an uns heran. Mit haha-lustigen Wortverdrehungen, Logos, coolen Sprüchen und schicken Bildern. So reicht es der Berliner Stadtreinigung schon lange nicht mehr, sauber zu machen – sie ist auch witzig, ist eine Marke, ist gebrandet. Das kommt aus der Werbesprache, doch eigentlich gehört Branding zu einer Herde: Brandzeichen markieren, wer Eigentümer des Viehs ist – es ist sozusagen „da für dich“, wenn auch nicht aus freien Stücken.

„Ein Leben lang für Sie da – mit Sicherheit!“ siezt immerhin die Deutsche Rentenversicherung, merkt jedoch nicht, wie misstrauisch so ein Ausrufezeichen machen kann. Ähnlich euphorisch der kommunale Klinikkonzern Vivantes: „Wir begleiten Sie von der Geburt bis ins hohe Alter“ – hm, will man das?

Die evangelische Kirchengemeinde Prenzlauer Berg-Nord versichert, „eine lebendige Innenstadtgemeinde“ zu sein. Und das Handwerk findet mit fragwürdiger Kommasetzung: „Zeit, zu machen“.

„Da kannste wasserleben“

Die Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) betont dagegen: „Arbeit beschäftigt uns“ – niedlich, aber seit wann müssen außer Privatunternehmen auch Bundesländer und Socialmedia-Accounts (vormals Individuen) Slogans haben? Glauben sie sich das eigene Dasein nicht, wenn nicht Unmengen (Steuer-)Geld in Schnickschnack von „Da kannste wasserleben“ (Berliner Bäderbetriebe) fließt, direkt auf Konten von Werbeagenturen – anstatt zum Beispiel in die Sanierung von Schwimmbädern?

Warum muss denn so was wie die Polizei zur Marke werden, als wären sie eine Ware, als stünde sie zu Markte? Seit wann brauchen nicht nur Eissorten oder Sportschuhe, sondern auch Schulen, Kneipen, Parks und die Bundesagentur für Arbeit („bringt weiter“) ein „Branding“? Zumal die Slogans beliebig austauschbar sind: Die BDA könnte genauso gut mit „bringt weiter“ werben wie das Arbeitsamt mit „Arbeit beschäftigt uns“.

Zur Autorin: Katharina Körting ist Arbeitsstipendiatin für deutschsprachige Literatur der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt

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5 Kommentare

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  • Na, vor 40 Jahren fingense landauflandab an, den Ämtern beizubringen, dass mensch die Untertanen künftig als (so wörtlich!) "KUNDE" zu sehen habe. Da MUSS also Werbung bei.



    Bei Kripo gabs "Kunden" ja schon länger: In Rh-Pflz steht auf den ex-grünen jetz silberblauen Autochen: "WIR SUCHEN DICH". Ob sich da wer freiwillig stellt ?



    Und als Polizeiauto verkleidete Straßenbahnen gipps mindestens schon in Halle und Mannheim- wolln die da Schwarzfahrer erschrecken ? Da steht sogar vorn überm Tramfahrer sei'm Fenster groß "Polizei". Wenn ich sowas auf mein Auto kleb, werd ich rausgewunken...

    (In BaWü fahrn se alle mit akademischem Nummernschild rum: "BWL". Ob das nu die richtige Qualifikation is, für d e n Beruf ? Oder die passende Werbung? )

  • Das frage ich mich auch schon lange, warum Bundesländer und öffentliche Einrichtungen inklusive Ämtern (Jobcenter!) Imagekampagnen brauchen. Und ob das viele Werbegeld nicht sinnvoller investiert werden könnte...



    Davon abgesehen ist dieses Zuballern mit Slogans und Logos nervig und es reicht vollkommen, wenn das die Privatwirtschaft macht.

  • "Warum muss denn so was wie die Polizei zur Marke werden, als wären sie eine Ware, als stünde sie zu Markte?"

    Vielleicht man mit diesen Werbelügen gegen die Realtät angehen will. Da ist es z.B. sehr spannend, wer "Dich" ist im Satz "Berliner Polizei ist „Da für dich“". Ist "Dich" vielleicht ein Gambier, der in psychischer Not um Hilfe ruft und übe den Haufen geschossen wird (ich weiß, das war nicht die Berliner Polizei), sieht das schon anders aus. Die anderen Beispiele mag hier jeder ergänzen.

    Meine persönlichen Erfahrungen mit der Polizei über die 59 Jahre meines Lebens sind zusammengefasst schlicht nur negativ. Nicht einmal hat mir die Polizei geholfen, immer haben sie höchstens etwas gegen mich unternommen. Und es gab Situationen, in denen ich um ihre Hilfe gebeten hatte. Und ich spreche hier nicht als passionierter Bankräuber, sondern als normaler unbescholtener und nicht vorbestrafter Bürger, wie es vermutlich die meisten sind.

    Es möge jeder für sich mal Erinnerungen sammeln, wie er/sie wann und wo und in welcher Situation mit der Polizei zu tun hatte.

    DARUM vielleicht solche Kampagnen.

    Und momentan ist auch der Militarismus in Deutschland ja so aufgeflammt, dass die Bundeswehr sogar an Schulen Kanonenfutter suchen möchte. Vom verstärkten Aufkommen von markigen Harte-Männer-Werbefilmchen in den Social Media ganz zu schweigen.

  • Da lobe ich mir doch die Schlagzeile der Bild-Zeitung, die mir vor ein paar Jahren ins Auge sprang - "ALLES NOCH VIEL SCHLIMMER!"

    in diesem Sinne - Glückwunsch zu 45 Jahren taz.