Merkels Forderung an Muslime: Klare Abgrenzung vom Terrorismus
Kein Generalverdacht gegen Muslime, sagt die Kanzlerin. Aber sie hat eine Forderung: Der Islam müsse sich deutlich vom Terrorismus abgrenzen. Auch in Deutschland.

„Wir alle haben Fremdbilder im Kopf“, so Merkel. „Bei manchen werden Fremdbilder zu Feindbildern.“ Bild: dpa
BERLIN dpa | Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert nach den Terroranschlägen von Frankreich eine klare Abgrenzung der Muslime vom Terror im Namen des Islam. Dazu seien vor allem die Islam-Gelehrten aufgerufen, sagte die CDU-Vorsitzende am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Bundestag. Gleichzeitig nahm Merkel die etwa vier Millionen Muslime in Deutschland gegen pauschale Schuldzuweisungen in Schutz.
Bei den Anschlägen in Paris hatten islamistische Attentäter 17 Menschen getötet. Die Klärung der Frage, warum sich Mörder bei ihren Taten auf den Islam beriefen, sei „wichtig“ und „dringlich“, sagte Merkel. Die allermeisten Muslime seien rechtschaffene und verfassungstreue Bürger. „Jede Ausgrenzung von Muslimen in Deutschland, jeder Generalverdacht verbietet sich“, sagte sie.
Ohne die Anti-Islam-Bewegung Pegida, die seit Wochen Zehntausende anzieht, beim Namen zu nennen, betonte Merkel: „Wir alle haben Fremdbilder im Kopf“, die aus „Erfahrung, Gehörtem, aus ungeprüften eigenen Vorstellungen, auch aus Ängsten“ bestünden. „Sie sind teils richtig und teils falsch. Bei manchen werden Fremdbilder zu Feindbildern.“ Das lasse sich verhindern durch Aufklärung und Kennenlernen.
Merkel betonte, ebenso wie das christliche und das jüdische Leben gehöre auch der Islam zu Deutschland. Sie machte sich damit erneut die Aussage des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff (CDU) zu eigen. Merkel fügte aber hinzu: „Die Menschen fragen mich, welcher Islam gemeint ist.“
Rückkehr zur Vorratsdatenspeicherung
Als konkrete Konsequenz aus den Anschlägen sprach sich Merkel für eine Rückkehr zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung aus. Parteiübergreifend seien alle Innenminister von Bund und Ländern der Überzeugung, dass solche Mindestspeicherfristen notwendig sind. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann erklärte sich zu neuen Gesprächen über die Vorratsdatenspeicherung bereit. SPD-Justizminister Heiko Maas lehnt sie bisher ab.
Merkel versicherte Frankreich der klaren Solidarität der Deutschen. „Deutschland und Frankreich stehen in diesen schweren Tagen zusammen.“ In Deutschland gebe es keine Sicherheit, wenn es Frankreich keine Sicherheit gebe. Auf den Anschlag auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo bezogen sagte sie, die Freiheit der Presse sei „einer der größten Schätze unserer Gesellschaft“. Sie hob hervor: „Bürger sein und nicht Untertan ist nur möglich, wenn es eine freie Presse gibt.“
Vor der Regierungserklärung der Kanzlerin betonte Bundestagspräsident Norbert Lammert: „Mit Kulturkampf hat Terrorismus sicher nichts zu tun, mit Religion schon gar nicht.“ Die Pegida-Bewegung in Deutschland betreibe „Demagogie statt Aufklärung“. Nach seiner Rede erhoben sich die Abgeordneten für eine Schweigeminute.
In der Debatte über die Regierungserklärung gab Linksfraktionschef Gregor Gysi dem Westen eine Mitschuld an der Entstehung des islamistischen Terrorismus. „Al-Kaida und Islamischer Staat waren auch die Folge und Produkte von Militärinterventionen“, sagte er.
Leser*innenkommentare
Stefan Mustermann
Ja, Islam gehört zu Deutschland. Denn viele Menschen leben hier, die Moslems sind. Unsere Politiker sollten wieder ein Treffen mit Menschen organisieren, die als Glaubensrichtung den Islam haben. Sie müssten gemeinsam den Koran lesen, um sich davon zu überzeugen, dass es eine friedliche Religion ist.
Es gibt im Koran bestimmt keine Aufforderung zur Gewalt, was die radikalen Extremisten propagieren. Damit wären die radikalen Extremisten die größten Sünder und können höchstwahrscheinlich gar nicht interpretieren, was in den heiligen Büchern geschrieben steht.
Paturuzu
Es wird wohl nicht reichen, sich vom "Terrorismus" zu distanzieren. Hier muss man auch Parlamentspräsident Lammert folgen, der gefordert hat, die Zusammenhänge zwischen Islam und Islamismus nicht länger zu tabuisieren und auch die vielen Menschenrechtsverletzungen in den sog. islamischen Gottesstaaten zu verurteilen.
Georg Schmidt
wie gesagt, ich hör garnicht mehr hin, wenn die Frau spricht!
p.g.
das ganze hin und her gerede ist wenig zielführend. wenn eine religion andersgläubige und/oder atheisten als "ungläubige" bezeichnet ist das tuch zerschnitten. da gibt es keine noch so wortklauberischen umdefinitionen. derartiges zeigt doch nur in aller deutlichkeit dass der islam eine ausgrenzungs und unterwerfungsreligion ist. genau die hat in einer offenen gesellschaft keinen platz. das herumgeeiere unserer politiker bis hin zum bundespräsidenten ist wenig überzeugend. klare sprache ist vonnöten. daran fehlt es diesbezüglich aller orten. das herumdoktern an regeln bis hin zu grundgesetzveränderungen zugunsten von religionsgemeinschaften ist nicht hinnehmbar. hier wird der rechtstaat mißbraucht. dies hinterlässt einen schalen geschmack bis hin zur fremdbestimmtheit unserer politiker. recht und gesetz in unserem land muß verteidigt werden. egal gegenüber welcher religion, herkunft oder weltanschauung. daran fehlt es in unserem land. dies führt dazu, dass menschen ihren eigenen regeln nicht mehr trauen. dies führt zum auseinanderbrechen der gesellschaft. diesbezüglich sind uns gegenüber islamische familienclans im vorteil. eine gravierende folge des versagens der multikulti politik. die zuwanderung dient allein als reservoir billiger arbeitskräfte für die industrie. durch die fatale einkommenspolitk der letzten jahre wurden es menschen in unserem lande unmöglich gemacht familien und nachwuchs zu generieren. die dadurch entstandenen, sinkenden geburtenraten bedingen heute die notwendige zuwanderung mit all ihren negativen folgen die da sind...ghettoisierung ganzer stadtteile, parallelgesellschaften, clanstrukturen usw usf..
Sikasuu
Am besten nähen sich friedliebende Moslems freiwillig ein .. z.b roten Halbmond, wenn integationswillig mit Herzchen, auf die linke Brustseite,.... dann kann jeder Deutsche auf den 1 Blick erkennen welchen Moslem er vor sich hat und entsprechen reagieren.
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Wir haben da doch Erfahrung:-((
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Was Islam ist, wie er sich darstellt, gelebt wird usw. brauchen wir einer Bundeskanzel, die gerade in einem FAZ-Interview das geistliche Oberhaupt aller deutschen Christen gegeben hat, wohl nicht erklären.
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Also frisch auf in den Kirchenkampf, "Christen zeigt selbstbewustsein" (O-Ton Merkel) "aber schlagt mir nicht über die Stränge!" (O-Ton Sikasuu) und wenns es doch mal schief gehen sollte
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"So haben wir das aber nicht gemeint!" (O-TON das VOLK)
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Brummelgrüsse Sikasuu
Sascha
Wann grenzt sich die Regierung endlich mal gegen die Menschenrechtsverstöße in China ab? Sind doch beides Regierungen. beide demokratisch gewählt.
Applaus für die Obsthändlerin Merkel die nicht zwischen Äpfel und Birnen unterschieden kann.
Und dann natürlich die Vorratsdatenspeicherung. Weil sie in Frankreich ja existiert und es dadurch zu keinem Anschlag kam -.-
nzuli sana
Entschuldigung, aber "Der Islam" kann sich nicht "vom Terrorismus" distanzieren, denn er ist nicht ein singulares Subjekt.
gerade die sunnitische Praxis ist eine sehr dezentrale Veranstaltung. Jede und jeder kann sprechen und kann Autorität erwerben.
Der Koran und die Hadhiten bieten eine Fülle von Auslegungsmöglichkeiten.
Die Jihadisten sind radikale Vereinseitiger und Vereindeutiger.
Gemeinden und eine gemische Öffentlichkeit in unserer Gesellschaft sollten diese Fehlentwicklung mit direkten Kontakten ansprechen und mehr soziale Sicherheit und Chancengleichheit herstellen.
Zu Jihadisten werden genau die Leute, die zwischen den Identitäten leben und scheitern.
Ron Jeremy
Ich finde sie sehr gut: Zurückhaltend, aber klar.
Woanders im Netz, z.B. bei SPON, ist die Ansprache detaillierter wiedergegeben.
Dort heisst es dann u.A.:
"Die Kanzlerin forderte den Islam auf, sein Verhältnis zu islamistischen Extremisten zu klären. Die Frage, warum radikale islamistische Terroristen "ihre Untaten stets mit ihrem Glauben verbinden", müsse durch die "Geistlichkeit des Islam" untersucht werden. Dieser Klärung "könne nicht länger ausgewichen werden".
Das ist eine von den vier Augen-Wahrheiten, die man bis jetzt öffentlich gemieden hat. Damit ist jetzt Schluss.
Und gegen eine klare und vor allem transparente Vorratsdatenspeicherung ohne Begehrlichkeiten von Dritten (Rechteverwerter u.A.) ist auch nichts einzuwenden.
KarlM
Was soll das bullshit-bingo?
Die VDS ist kriminalpräventiv unbrauchbar und gegen die "üblichen Verdächtigen" ist es ausreichend die schon üblichen TKÜ-Maßnahmen durchzuhalten!
Ron Jeremy
Es gibt eine Neigung (Sie nehme ich jetzt mal aus), sich einen Unrechts- und Überwachungsstaat herbei zu halluzinieren, um sich so recht als verfolgte Unschuld und den Staat als post- und kryptofaschistisch zu betrachten. Das geht von ganz links bis ganz recht, auch hier im Forum.
Das ist intellektuell dürftig und besorgt nur das Geschäft der Demokratieverächter. Ich halte das für mindestens so schädlich wie Islamismus.
Paturuzu
Auf SPON steht folgende Panne der Kanzlerin, die hier nicht erwähnt wird.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/rede-im-bundestag-angela-merkel-erklaert-kampf-gegen-terror-a-1013079.html
"Die Kanzlerin verspricht sich ausgerechnet beim Thema jüdisches Leben in Deutschland. "Antisemitismus ist unsere staatliche und bürgerliche Pflicht", sagt sie, und meint natürlich den Kampf gegen Antisemitismus. "
Was würde Dr. Freud dazu sagen?
KarlM
@Paturuzu Auf ZOn wurde dem im SPOn zitierten Satz redaktionell heftigst widersprochen und im Artikel "ergänzend" zitiert, ohne dies anzumerken!
Ron Jeremy
@Paturuzu Freud würde sich diesmal für nicht zuständig erklären. Das letzte, was Merkel ist, ist eine Antisemitin.
Kraton
@Paturuzu Und was sagen Sie dazu? Dass Frau Merkel antisemitisch agiert? Haben Sie Belege? Wenn nicht, ist das ein dummdreister Kommentar.
NurMalSo
Das Zentrum für Islamische Theologie Münster hat das bereits getan:
"Wenn jemand einen Menschen tötet, so ist es, als hätte er die ganze Menschheit getötet" (Koran 5:32)
Das Zentrum für Islamische Theologie Münster (ZIT) verurteilt das Attentat auf das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ auf das Schärfste und distanziert sich in aller Form von Gewalt im Namen jeglicher Religion, insbesondere des Islams. Das ZIT schließt sich der Trauer um die Opfer an und möchte gerade angesichts solcher furchtbaren Taten seinen Weg zur Etablierung eines reflektierten und authentischen Islamverständnisses weiter gehen. „Wenn jemand einen Menschen tötet, so ist es, als hätte er die ganze Menschheit getötet; und wenn jemand einem Menschen das Leben schenkt, so ist es, als hätte er der ganzen Menschheit das Leben geschenkt“ (Koran 5:32)"
http://www.uni-muenster.de/ZIT/Aktuelles/index.shtml
Ron Jeremy
Naja, ich habe mir die Stelle (Koran 5:32) mal angesehen. Sie zitieren unvollständig, die Stelle lautet:
"Aus diesem Grund haben Wir den Kindern Israels vorgeschrieben: Wenn einer jemanden tötet, jedoch nicht wegen eines Mordes oder weil er auf der Erde Unheil stiftet, so ist es, als hätte er die Menschen alle getötet. Und wenn jemand ihn am Leben erhält, so ist es, als hätte er die Menschen alle am Leben erhalten. Unsere Gesandten kamen zu ihnen mit den deutlichen Zeichen. Aber viele von ihnen verhalten sich nach alledem maßlos auf der Erde."
Für "Unheilstifter" gilt die Sure also nicht. Stellt sich die Frage was Unheil stiften sein kann: Karikaturen z.B.?
KarlM
Dann mal zu:
13% in Deutschland und 35% der Muslime in Frankreich lehnen die Anschläge auf Zivilbevökerung NICHT ab [1] - das sind keine Minderheiten mehr....
Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Muslim_attitudes_towards_terrorism
Marcus
dazu ggf ganz interessant: http://de.wiktionary.org/wiki/Minderheit
Unabhängig davon frage ich mich, worauf Sie hinauswollen; als aufgeklärte, zivilierte Menschen stehen wir den verbleibenden 87% bzw. 65% selbstverständlich völlig unvoreingenommen gegüber, nicht wahr?
KarlM
@Marcus Oder?