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Menschenrechtsgruppen in IndienArmutszeugnis der Demokratie

Kommentar von Sven Hansen

Indien ist auf einer Welle mit anderen rechtspopulistischen Regierungen. NGOs werden behindert, Amnesty zieht sich deshalb zurück.

Anhänger der hindunationalististischen Regierungspartei BJP in Kaschmir Foto: Mukhtar Khan/ap

I ndien nennt sich stolz die größte Demokratie der Welt. In der Tat ist es nicht nur das Land mit der zweitgrößten Bevölkerung, sondern hat als multikulturelles, multiethnisches und multireligiöses Land demokratische Strukturen samt pluralistischen Wahlen auf allen Ebenen. Das ist zweifellos eine Errungenschaft. Doch sind auch die Defizite von Indiens Demokratie offensichtlich. Dazu zählen nicht nur das undemokratische Kastensystem, die Diskriminierung religiöser Minderheiten, die Rechtlosigkeit vieler Frauen sowie das Versagen der Sozialsysteme im Kampf gegen wachsende Ungleichheit, sondern auch die vielen Verletzungen der Menschenrechte.

Genau deshalb ist die Arbeit von Menschenrechtsorganisationen auch in Indien so wichtig. Dass Amnesty International und anderen Menschenrechtsrechtsorganisationen dort in den vergangenen Jahren unter fadenscheinigen Vorwänden immer mehr Steine in den Weg gelegt wurden, zeigt, dass sie das Richtige gemacht haben: Sie haben den Finger in die Wunde gelegt. Ihre Kritik wurde nicht inhaltlich widerlegt, sondern wird mit bürokratischen Schikanen unterdrückt.

Indiens herrschende Parteien haben in die Demokratie nicht gestärkt, sondern weiter geschwächt. Bei der eine antimuslimische Politik verfolgenden hindunationalistischen BJP-Regierung ist das offensichtlich. Doch schon die von der Kongresspartei geführte Vorgängerregierung schikanierte Menschenrechtler und Nichtregierungsorganisationen.

Indien ist damit auf einer Welle mit rechtspopulistischen Regierungen in anderen Ländern, die Zivilgesellschaften zunehmend einengen. Ministerpräsident Narendra Modi trat zwar als Modernisierer an, doch meinte er damit nur die Wirtschaft. Indien braucht nach Jahren der Rückschritte aber auch dringend eine politische Modernisierung. Bisher waren es ausgerechnet Menschenrechtler und Nichtregierungsorganisationen, die in den letzten Jahren begrenzte Fortschritte etwa bei den Rechten von Frauen oder der LGBTQ-Community erzielen konnten. Davon braucht es mehr und nicht weniger.

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