Meisterpflicht im Handwerk: Fliesenleger & Co sind wieder wer
Eine breite Mehrheit im Bundestag stimmt für die Wiedereinführung der Meisterpflicht in zwölf Gewerken.
Das sei notwendig, um Leben und Gesundheit bei der Ausübung des Berufs zu schützen, heißt es im Gesetzentwurf. Zudem soll das materielle und immaterielle Kulturerbe gewahrt werden. Damit gilt für nunmehr 53 Berufe eine Meisterpflicht, darunter Bäcker und Friseure.
2003 novellierte die damalige rot-grüne Bundesregierung die Handwerksordnung und entband 53 Gewerke von der Meisterpflicht. So wollte man Unternehmensgründungen erleichtern und Beschäftigung und Ausbildung ankurbeln. Doch das Gegenteil trat ein. Zwar stieg die Zahl der Betriebe, unter den Neugründungen waren aber auch viele Soloselbständige, die prekär oder schwarz arbeiten.
Der Zentralverband des Handwerks wies darauf hin, dass seit der Novelle in einigen Gewerken deutlich weniger Menschen ihren Meister gemacht und die Betriebe weniger Lehrlinge ausgebildet hätten. Der Fachkräftemangel habe sich verschärft, die Qualität sei gesunken. Zudem seien deutlich mehr Betriebe insolvent gegangen, zum Ärger der Verbraucher.
AfD-Wünsche „Folklore“
Der Handwerksverband lobte die Wiedereinführung als ein „kraftvolles, richtiges und notwendiges Signal für mehr Qualität und Qualifizierung im Handwerk.“ Lob kam auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund, der „die Weichen wieder in Richtung fairen Wettbewerbs gestellt“ sieht. Allerdings geht dem DGB die Reform nicht weit genug: Die Gewerkschaften fordern für deutlich mehr Berufe die Rückkehr zur Meisterpflicht, unter anderem auch für Gebäudereiniger.
Ähnliche sieht es die AfD, die die Meisterpflicht für alle zulassungspflichtigen Handwerksberufe wiedereinführen will. Ein Ansinnen, welches der FDP-Abgeordnete Manfred Todtenhausen im Plenum als „Folklore“ bezeichnete. Einig ist sich die FDP aber mit Grünen und Linkspartei, dass andere Hürden abgebaut werden müssten, um Handwerksberufe zu stärken.
So forderten RednerInnen aller drei Parteien im Bundestag etwa gebührenfreie Prüfungen. Die Kosten für die Meisterprüfung beliefen sich im Durchschnitt auf 6.000 Euro so die Grünen-Abgeordnete Claudia Müller. Ein weiteres Problem sehen SPD, Linke und Grüne in der geringen Tarifbindung. Nur in rund 30 Prozent der 1 Million Handwerksunternehmung gelten Tarifverträge.
Das Gesetz wird Anfang 2020 in Kraft treten. Betriebe, die seit 2004 ohne Meisterbrief gegründet wurden, genießen Bestandsschutz. Wechselt der Inhaber oder die Gesellschafter, müssen sie allerdings innerhalb von sechs Monaten einen Meister als BetriebsleiterIn einstellen. Nach fünf Jahren wird die Reform evaluiert.
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