Meisterin im Krocket: Ungenügend gewürdigt

Über das Leben der Krocket-Pionierin Laura Catherine Joad ist wenig bekannt. Eine kleine Marmorplakette in der englischen Provinz erinnert an sie.

Beine von Krocket-Spielerinnen

Mit dem Hammer gegen den Ball: Krocket auf der grünen Wiese Foto: Maskot/imago

Jeder Sport hat Pionierinnen. Nicht alle werden ausgiebig gewürdigt, so lieblos wie Krocket geht aber kaum eine Sportart mit seiner ersten Meisterin um. Übersetzt lauten die Eintragungen über die erste Krocket-Titelträgerin der Welt so: „Juli 1869. In England wird die erste Frauen-­Meisterschaft im Krocket ausgetragen, den Titel gewinnt eine Mrs. Joad.“ So geht das natürlich nicht, fehlende Informationen hin oder her, ­Pionierinnen gehören gewürdigt.

Und außerdem hatte Frau Joad ganz sicher einen Vornamen, der jedoch in den Siegerlisten der „Croquet Association“ nicht vermerkt ist. „Mrs. GC Joad“ steht dort lediglich, aber zum Glück hatte 1869 auch ein Männerwettbewerb stattgefunden. Und der wurde praktischerweise von George Curling (also kurz GC) Joad gewonnen.

Krocket gehörte schon seit den 1860er Jahren zu den wenigen Sportarten, die von Männern und Frauen gemeinsam betrieben wurden. Was im sittenstrengen viktorianischen England jedoch schnell dazu führte, dass ein allgemeiner Verfall der Sitten befürchtet wurde. Das lag wohl auch an den Kleidern, die die Frauen auf dem Platz trugen. Sie bestanden aus einem engen Oberteil und ausladendem Reifrock, der sich manchmal beim Bücken so weit anhob, dass unerhörterweise die Knöchel der Trägerin sichtbar wurden.

Besagter Rock eignete sich wohl auch ganz wunderbar zum Schummeln, indem er über einem ungünstig liegenden Ball positioniert wurde, dem dann mit den Füßen ein Schubs in die gewünschte Richtung verpasst werden konnte.

Früh verwitwet

Aber wir waren bei Mrs. GC Joad. Ob sie bei ihrem Sieg schummelte oder nicht, ist nicht überliefert, aber dafür einiges über das Leben ihres Mannes. 1837 geboren, gehörte er als junger Mann zur Gruppe um den Alpinisten und Pfarrer Charles Hudson, der am 8. August 1855 die Erstbesteigung des Mont Blanc du Tacul gelang. Fünf Jahre später heiratete er die damals zwanzigjährige Laura Cathrine Henty, Tochter eines Bankiers und spätere Krocketmeisterin. Das junge Paar ließ sich in Kingston upon Thames nieder, die Ehe blieb kinderlos. 1881 starb GC im Alter von 43 Jahren, eine Todesursache ist nicht verzeichnet.

Die erste Krocketmeisterin der Welt zog laut Melderegistern zunächst zu ihrer Schwester Marian und deren Mann, einem Bankier, nach Paddington. Obwohl jung verwitwet, wird als Einkommensquelle „living on own means“ angegeben. Diese Redewendung wurde damals verwendet, wenn jemand nicht berufstätig war. Bei der Volkszählung 1891 wird das Dulany Cottage in Patching als Wohnsitz von Laura Catherine angegeben.

Sie lebte dort nicht allein, ihre damals 14-jährige Nichte Adeline Blanche Henty war zu ihr gezogen, außerdem beschäftigte sie eine Köchin, einen Butler und weitere Dienstboten. Ein Gemälde von Thomas Henwood zeigt das zweistöckige Anwesen inmitten einer großen, parkähnlichen Grünfläche, ideal zum Krocketspielen.

Dulany Cottage brannte im September 1945 nieder. Laura Catherine starb am 31. August 1916 im Alter von 76 Jahren. In der Patchinger St.-John-Kirche erinnert eine von ihrem Bruder Edwin gestiftete Marmor-Plakette an sie.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Schreibt nicht nur über Sport, sondern auch über Verschwörungsideologien, skandinavische Politik und Königshäuser. *** Die ersten Artikel für den taz-Sport gestalteten sich allerdings etwas schwierig: Mit den Worten "Wie, die schicken uns heute eine Frau?" wurde ich beispielsweise vor Jahren von einem völlig entsetzten Vorsitzenden eines Westberliner Fünftligavereins begrüßt. Da war er also, der große Tag, an dem über seinen Club in der taz berichtet werden würde, und dann das: Eine Frau! Ich antwortete ja, ich sei die Strafe und sofort war die Stimmung super. *** Und eines Tages werde ich über diesen Tag und andere, sagen wir: interessante Begegnungen mal ein Buch schreiben.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.