piwik no script img

Meister-Fußballerinnen von VfL WolfsburgMit Rasanz zur Dominanz

Die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg feiern wieder einmal den deutschen Meistertitel. Bis auf eine Ausnahme sind sie konkurrenzlos, noch.

Fingeraddition: Sara Bjoerk Gunnarsdottir (l.) und Pernille Harder zeigen die Titel in Serie an Foto: imago/Hübner

Etwas Überraschendes geschah dann doch am späten Mittwochnachmittag in Wolfsburg. Die Bekenntnisse der vorzeitigen neuen Deutschen Meisterinnen fielen außergewöhnlich emotional aus. „Unfassbar glücklich“ seien alle, erklärte etwa die Nationalspielerin Alexandra Popp nach dem 2:0-Erfolg gegen den SC Freiburg. Und Pia Sophie-Wolter berichtete: „Es fühlt sich einfach megagut an, gewonnen zu haben und den Lohn für die harte Arbeit zu bekommen.“

Hochgefühle kamen da zum Ausdruck, die nicht unbedingt mit dem Spannungsbogen der Saison korrespondieren, der in etwa so flach war wie das Umland beim alten und neuen Deutschen Meister in Wolfsburg am Mittellandkanal. Lediglich am 23. November letzten Jahres gab es einen winzigen Ausschlag zu verzeichnen. Gegen Bayern München musste der VfL am Ende noch den Ausgleich hinnehmen und führte die Tabelle damals nur mit drei Punkten Vorsprung an.

Ansonsten bilden die Statistiken ein fast schon erschreckend eindimensionales Geschehen ab. Die VfL-Frauen gewannen alle übrigen Spiele und fast immer hoch (Tordifferenz 88:8). Sollten sie bei den noch ausstehenden Partien beim FC Bayern und gegen Bayer Leverkusen als Siegerinnen vom Platz gehen, wäre ein neuer Punkterekord in der Bundesliga erreicht. Mehr Dominanz war noch nie.

Zwölf der fünfzehn möglichen nationalen Titeln in den vergangenen acht Jahren haben die Wolfsburgerinnen nun gewonnen. Und den nächsten Titel feiern sie vermutlich am 4. Juli in Köln nach dem Schlusspfiff des DFB-Pokalfinales. Auf die SGS Essen werden nur Traumtänzer setzen.

Nur noch Ausbildungsklubs

Die traditionellen reinen Frauenfußballvereine sind längst zu Ausbildungsklubs für die Wolfsburgerinnen degradiert worden. Im Werben um die Besten kann in Deutschland derzeit nur der bislang noch etwas weniger aktive FC Bayern mithalten. Vor zehn Tagen erst unterschrieb das derzeit vielversprechendste Talent der Liga, die 18-jährige Nationalspielerin Lena Oberdorf von der SGS Essen, einen Vertrag ab Sommer in Wolfsburg. Essen muss zudem noch die Abgänge der Nationalspielerinnen Marina Hegering und Lea Schüller an Bayern München kompensieren.

Die Rasanz des Wolfsburger Aufstiegs im Frauenfußball kann jedoch ehrgeizige Mitbewerberinnen hoffen lassen, zumindest auf mittlere Sicht die Langeweile in der Liga zu beenden. Neben dem FC Bayern dürfte es bald weitere schlagkräftige Herausforderinnen geben. Nur zehn Jahre nach Gründung der Frauenabteilung 2003 beim VfL Wolfsburg feierte das Team unter der Regie des heutigen sportlichen Leiters Ralf Kellermann seine erste Meisterschaft. RB Leipzig ist eine ähnlich kometenhafte Entwicklung zuzutrauen. Gerade hat das Team mit Olympiasiegerin Anja Mittag den Aufstieg in die Zweite Liga gefeiert. Und auch die ab 1. Juli in Kraft tretende Fusion des Rekordmeisters 1. FFC Frankfurt mit dem Männerlizenzverein Eintracht Frankfurt wird den Macher:innen vor Ort größere Möglichkeiten eröffnen.

Ein paar Jahre dürfte der Vorsprung der Wolfsburgerinnen schon noch halten. Zumal der Klub nicht bange nach unten schaut, sondern nach höheren Zielen strebt. Denn der Ausbau der nationalen Dominanz in den vergangenen Jahren ging einher mit Einbußen bei der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Der Abstand zu Olympique Lyon, die zuletzt viermal in Serie die Champions League gewannen, ist größer geworden. Hinzu kommt die Konkurrenz der aufstrebenden englischen Vereine, deren Klubs seit 2016 von einem ambitionierten Masterplan des englischen Fußballverbands profitieren. Der VfL Wolfsburg ist im stagnierenden Umfeld der deutschen Bundesliga aus internationaler Sicht nicht schnell genug gewachsen.

Eine Chance könnte die Coronapandemie eröffnen. Die Women’s Soccer League in England musste die Saison abbrechen, auch weil, anders als in Deutschland, Solidaritätszahlungen aus den gut gefüllten Töpfen des Männerfußballs ausblieben. Die Wachstumsentwicklung der letzten Jahre könnte dort ausgebremst werden. Bereits für dieses Jahr kann sich der VfL Wolfsburg in der Champions League, die in einem Finalturnier in Bilbao und San Sebastián (Finale am 30. August) fortgesetzt wird, mehr ausrechnen.

Auch die Favoritinnen aus Lyon haben ihr letztes Pflichtspiel Ende Februar bestritten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!