Mein Vormieter Max Anschel (2): Vier Tage und ein halbes Brot
Das KZ Stutthof galt unter Häftlingen als schlimmstes Lager. Dort starb auch Max Anschel, der Vormieter unseres Autors. Wurde er ermordet? Die Geschichte einer Recherche
KZ Stutthof – „das schlimmste Lager“
„Es war das schlimmste Lager“, erzählte Josef Salomonovic als Zeuge im Jahr 2022 vor Gericht. „Das Allerschlimmste war der Hunger und die Kälte.“ Salomonovic war als kleiner Junge mit seinen Eltern im KZ Stutthof gelandet. Es lag unweit der Stadt Danzig im heutigen Polen.
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Hier kam auch Max Anschel am 22. 11. 1944 ums Leben – vor mittlerweile genau 80 Jahren. Der Berliner Jude, der einst in dem Haus lebte, in dem ich heute wohne. Und dessen Geschichte ich versuche zur rekonstruieren. Ende Oktober war er von Auschwitz nach Stutthof deportiert worden. Die letzten drei Wochen seines Lebens hat er dort verbracht.
Die Geschichte von Max Anschel und seiner Familie hat taz-Redakteur Gereon Asmuth in einer sechsteiligen Serie aufgeschrieben. Alle Texte finden Sie unter taz.de/maxanschel.
Alle Texte kann man sich dort auch als Podcast vorlesen lassen.
Teil 1: Mein Vormieter Max Anschel, ermordet im KZ Stutthof 1944
Teil 5: „Mutti, ich habe eine sehr, sehr grosse Bitte an Dich!“ – Die Geschichte der Tochter Ruth Anschel
Teil 6: Der Verrat im Luftschutzkeller und das Leben im Nazinest nach dem Krieg
Ich habe bereits beantragt, einen Stolperstein für ihn zu verlegen. Aber was soll darauf stehen? Gestorben in Stutthof? Oder doch: ermordet? In der Liste der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem wird Max Anschel als „murdered“ aufgeführt. Mir fehlt dazu ein Beleg.
Die Geschichte des KZ wurde der deutschen Öffentlichkeit nochmal bekannt, weil sich eine einstige, mittlerweile fast 100 Jahre alte Sekretärin vor Gericht verantworten musste. Sie wurde im Dezember 2022 wegen „Beihilfe zum Mord in über 10.000 Fällen“ schuldig gesprochen.
Den Prozess hatte mein taz-Kollege Klaus Hillenbrand begleitet, der sich seit vielen Jahren mit dem Holocaust, seinen Opfern, aber auch mit den Geschichten der Überlebenden befasst.
Tödliche Spritzen ins Herz
„Der Zeuge berichtet, dass er im Lager einzig einen Löffel besessen habe. Einmal habe es Karotten gegeben, offenbar aus einer Hilfslieferung aus Norwegen. Die Mutter teilte die Karotte mit dem Löffel in zwei Hälften und schob ihm seinen Anteil in den Mund. Josef Salomonovic hält ein Foto in die Höhe, es zeigt einen mittelalten Mann. Es ist sein Vater. An einem Tag, möglicherweise am 17. September 1944, war er in die Krankenstation gelockt worden. Dort erhielt er eine tödliche Phenolspritze ins Herz“, heißt es in der Prozessreportage von Klaus.
Das war im Herbst 1944 eine vielfach genutzte Tötungsart in dem KZ. Auf dem Totenschein von Max Anschel steht, er sei an „Herzmuskelschwäche“ gestorben. Kann das eine perfide Umschreibung für seine Ermordung sein?
Ich frage Klaus. Eine Antwort hat er nicht. Aber er leiht mir das Buch „The Extermination Of The Jews In Stutthof Concentration Camp“ von Danuta Drywa. Die polnische Historikerin schreibt in dem 2001 verfassten Werk sehr detailliert die Geschichte des Lagers auf. Manchmal unerträglich detailliert. So unerträglich, wie die Geschichte eben war.
Das 1939 eingerichtete Camp war zunächst vor allem ein Arbeits- und Gefangenenlager. Dies habe sich in der zweiten Hälfte des Jahres 1944 radikal geändert. Da wurden Juden zur dominanten Gruppe unter den Gefangenen. Und es entstand ein System des Terrors, das zu einem beispiellosen Genozid an ihnen führte. Es gab dort ab Juli 1944 Gaskammern und auch regelmäßige Erschießungen.
In dem auf Englisch verfassten Buch beschreibt Drywa auch das „Needling“, bei dem Menschen durch Phenolspritzen ins Herz getötet wurden, so wie der Vater von Josef Salomonovic. Es sei unmöglich, genau zu sagen, wie viele Menschen durch diese von Nazis „Sonderbehandlung“ genannte Tötungsmethode ermordet wurden. Denn auf den Totenscheinen sei diese nicht vermerkt worden. Stattdessen seien etwa „Herzkrankheiten“ oder „Tod durch plötzliche Kreislauf-Probleme“ als Gründe angegeben worden. Ähnlich also wie bei Max Anschel. Allerdings starb der erst Ende November 1944. Und das „Needling“ wurde laut Drywa nur von August bis Oktober angewandt.
Ab Oktober 1944, so Drywa weiter, grassierte in dem Lager eine Typhus-Epidemie, die viele Gefangene das Leben kostete – auch weil ihnen jede Behandlung verwehrt wurde. Der Epidemie seien phasenweise täglich 2,5 Prozent der KZ-Insassen erlegen. Ende Dezember erging ein Sonderbefehl, dass das Lager vollkommen isoliert werden musste, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Aber da war Max Anschel schon mehrere Wochen tot.
Der letzte Transport – vier Tage und ein halbes Brot
Er war am 28. Oktober 1944 mit einem Transport aus dem Konzentrationslager Auschwitz gebracht worden. Aus Drywas Buch erfahre ich, dass dies der letzte solcher Transporte war. Die Nazis holten ihre Häftlinge aus Auschwitz raus, weil sich von Osten her die Front näherte, die Rote Armee.
Dieser letzte Transport brachte rund 1.500 jüdische Bürger aus Ungarn, Polen, Deutschland, Jugoslawien, Frankreich, Holland, Italien, Griechenland, Rumänien, Belgien, Lichtenstein, Bulgarien, der Türkei und Norwegen nach Stutthof. Allein die Liste der Herkunftsländer lässt die wahnsinnige Gründlichkeit des Nazi-Regimes erkennen.
Drywa zitiert in ihrem Buch den ungarischen Juden Arpad Stern, einen der ganz wenigen, der diese Nazi-Zeit überlebt hat: „Wir reisten in Güterwagen zusammengepfercht auf eine Art, wie es sonst unvorstellbar gewesen wäre. Unsere tägliche Essensration bestand aus einem halben Brot und etwas Soße“. Der Transport habe vier Tage gedauert. Unterwegs habe es hunderte Opfer gegeben, die meisten aufgrund von Durchfall. „Es war Nacht, als wir ankamen in einem Zustand extremer Schwäche und Hunger.“
Polinnen, die selber noch nicht lange in Stutthof inhaftiert waren, beobachteten die Ankunft des Transports. Drywa zitiert diese Augenzeuginnen: „Sie zogen vorbei, endlos, erschöpft, mit schwarzen Gesichtern, mit Haarstoppeln, die aus der Haut ragten. Sie starrten aus ihren großen, schwarzen Augen mit einem etwas unmenschlichen Ausdruck. Sie hatten keine Pullover, keine Jacken an, nur zerrissene Sommerkleider. Schwarze Körper schienen durch deren Löcher. Sie hatten keine Hemden, sie waren dünn, mit spitzen Schultern und konkaver Brust – sie glichen unheimlich hässlichen Vögeln.“
Max Anschel muss einer von ihnen gewesen sein.
Die Parole zum Aufstand
Der taz-Kollege Klaus gibt mir die Mailadresse von Danuta Drywa. Sie ist heute Leiterin einer Gedenkstätte in Stutthof und antwortet mir binnen weniger Stunden.
Sie schickt mir zum einen Auszüge aus den Erinnerungen von Mordechai Ciechanower. Er hat in seinem Buch „Der Dachdecker von Auschwitz-Birkenau“ auch von seinem Transport von Auschwitz nach Stutthof berichtet. Die Häftlinge im Zug hätten zunächst vermutet, dass sie nun nach Treblinka gebracht würden – ein Vernichtunsglager. Weil sie nichts mehr zu verlieren hatten, hätten sie eine Parole vereinbart. „Wenn das Zeichen gegeben worden wäre, hätte eine Häftlingsgruppe in dem Wagon den SS-Mann überfallen, um danach die Türen aufzubrechen und hinauszuspringen. Wem es dabei gelungen wäre zu überleben, der hätte überlebt, und die anderen eben nicht“, schreibt Ciechanower.
„Der Dachdecker von Auschwitz-Birkenau“ von Mordechai Ciechanower ist 2007 als Band 17 der Bibliothek der Erinnerung im Metropoll-Verlag erschienen. Das Buch ist nach Angaben des Verlags vergriffen. ISBN: 978-3-938690-53-6
Doch dann hätten sie festgestellt, dass der Zug nicht nach Osten, sondern nach Norden fuhr. Kurz wuchs die Hoffnung. Angekommen in Stutthof aber erkannten sie, dass alles aussah wie in Auschwitz. „Der Zug hielt an einer Rampe in einem Lager, das von weitem wie eine Kopie des uns bekannten verfluchten Ortes aussah“. Zwar sei wenig später die systematische Vernichtung der Juden eingestellt worden. Aber das habe nicht bedeutet, dass die SS-Männer nicht weiter die Häftlinge misshandelten. Auch sei der chronische Hunger zurückgekehrt.
Max Anschel, schreibt mir Danuta Drywa, habe in Baracke 13 gewohnt, zusammen mit den dänischen Gefangenen. Sie glaubt, er sei in einem sehr schlechten körperlichen Zustand gewesen, weil er schon drei Wochen nach seiner Ankunft in Stutthof starb. Zudem war er ja zuvor schon in Auschwitz, wie lange genau, ist mir unbekannt. Er wurde 56 Jahre alt. Die jüdischen Häftlinge hatten keinen Anspruch auf Behandlung im Lagerkrankenhaus.
Aber was ist mit der Todesursache? „Herzmuskelschwäche“?
Die offiziellen Angaben auf den Totenscheinen hätte variiert, meint Drywa, aber meistens stimmten sie nicht. „Ich denke, dass wir es „ermordet in …“ nennen können, schreib Drywa. Es ist der für mich entscheidende Satz. Auch Klaus meint, „ermordet“ sei angemessen. „Ermordet durch die Umstände“. Mit anderen Worten: Es kommt nicht darauf an, ob ein Häftling vergast wurde, durch eine Spritze getötet – oder schlichtweg durch die katastrophale Lage im KZ ums Leben kam. Mord bleibt Mord.
Der Lagerarzt Franz Lucas
Und dann nennt mir Danuta Drywa noch einen Namen, nach dem ich sie gefragt habe. Die des Lagerarztes mit der unleserlichen Unterschrift auf dem Totenschein. Es ist Franz Lucas.
Franz Lucas stammte aus Osnabrück, wo er 1911 geboren wurde Er war schon 1933 bei der SA, ab 1937 bei der NSDAP und der SS. Er war zunächst Truppenarzt, aber soll dann wegen „defätistischer Äußerungen“ versetzt worden sein. Ab Ende 1943 war er zunächst in Auschwitz, dann in Mauthausen, Stutthof, Ravensbrück und Sachsenhausen jeweils kurzzeitig Lagerarzt.
Nach dem Krieg tauchte er zunächst unter, entkam in den Westen und machte schließlich im Stadtkrankenhaus Elmshorn Karriere, wo er bis zum Chefarzt der gynäkologischen Abteilung aufstieg.
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Erst als 1963 seine Rolle während der NS-Zeit bekannt wurde, wurde er entlassen. Im ersten Auschwitz-Prozess von 1963 bis 1965 war Lucas angeklagt. Lange leugnete er seine Rolle, bis ein SS-Kollege aussagte, dass er Lucas gesehen habe, wie der an der Rampe in Auschwitz ankommende Menschen selektiert habe. „Fünftausend Mann, die hat er in einer halben Stunde ins Gas geschickt, und heute will er sich als Retter hinstellen“, wird er auf Wikipedia zitiert.
Lucas wurde 1965 wegen Beihilfe zu gemeinschaftlichem Mord zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Er selbst hatte seine Beteiligung an der Selektion in Auschwitz am Ende gestanden, aber sich darauf berufen, nur unter Zwang gehandelt zu haben, als er sich nicht mehr davor drücken konnte.
1968 wurde er aus der Haft entlassen. 1969 ordnete der Bundesgerichtshof eine Revision an. 1970 wurde er freigesprochen – auch weil viele Häftlinge sich positiv über ihn geäußert hatten.
Der gute KZ-Arzt?
Tatsächlich finden sich in den Protokollen des Auschwitz-Prozesses Zeugen-Aussagen von einstigen KZ-Insass:innen, die Lucas für seinen Einsatz dankbar sind. So berichtete zum Beispiel die Zeugin Johanna Dyer, Lucas habe dafür gesorgt, dass sie im Februar 1945 aus dem KZ Ravensbrück entlassen wurde – gegen den Widerstand eines anderen KZ-Arztes.
Auch in einem längeren Text aus der Welt über „Die Legende vom guten KZ-Arzt“ wird berichtet, dass viele ehemalige Häftlinge Franz Lucas vor Gericht in Schutz nahmen. Allerdings ziehen in dem Artikel auch Wissenschaftler den angeblichen Befehlsnotstand des Lagerarztes in Zweifel: „Alle Nachforschungen haben keinen Fall ergeben, bei dem ein die Tötungsbefehle verweigernder Angehöriger der SS entsprechend belangt worden wäre. Man konnte sich der Teilnahme an Selektionen entziehen“, wird ein Forscher zitiert.
Schon deswegen wirkt ein Freispruch für Franz Lucas aus heutiger Sicht mehr als unangemessen. Eins wird klar: die Rechtsprechung im Deutschland der 60er und 70er Jahre war deutlich wohlwollender mit einstigen Nazi-Tätern als heutzutage.
Wie milde die Nachkriegsjustiz mit NS-Straftätern umgingt, zeigt auch der Prozess gegen Paul Werner Hoppe, den Kommandanten des KZ Stutthof. Er wurde 1955 nur zu einer kurzen Haftstrafe verurteilt, weil die Richter ihn als verführten Mitläufer einstuften. Über das Skandalurteil habe ich ausführlich im August 2024 in der taz geschrieben.
Franz Lucas öffnete nach seiner Haftentlassung eine private Praxis. Er starb 1994 in Elmshorn.
Das „Privileg Mischehe“ und eine Spur
An dem Abend, als mich die Mail von Danuta Drywa erreicht, gebe ich nochmal den Namen „Anna Anschel“ in die Suchfunktion meines Handys ein, ohne groß darüber nachzudenken. Und da ist ein Treffer, den ich vorher nicht hatte. Oder übersehen hatte. Ein Treffer, der meinen Blick auf die Geschichte ändern wird. Plötzlich geht es nicht mehr um Max Anschel, sondern auch um seine Frau Anna und ihre Tochter Ruth.
Weil viele Bücher mittlerweile digitalisiert sind, lassen sich selbst Details aus ihnen über die Google-Books-Suche finden. Und ein solches Detail steht in dem Buch „Privileg Mischehe?“. Es ist die Dissertation von Maximilian Strnad, der mittlerweile für die Koordinierungsstelle Erinnerungszeichen für Opfer des NS-Regimes in München arbeitet. In seinem Buch schreibt er darüber, dass Juden, die mit Nichtjuden verheiratet waren, tatsächlich lange vor Deportationen geschützt waren.
Die Dissertation „Privileg Mischehe?“ von Maximilian Strnad ist im Wallstein-Verlag in der Reihe „Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden; Bd. 54“ erschienen. 512 S., ISBN 978-3-8353-3900-2
Er berichtet aber auch, dass sie trotzdem heftigen Diskriminierungen ausgesetzt waren. Viele Ehepaare hätten daher zum Beispiel versucht, die Betriebe des jüdischen Partners auf die nichtjüdischen Partner zu übertragen. Das könnte auch erklären, warum der Bäckereibetrieb in der Bergstraße laut Adressbüchern den Eigentümer wechselte. Von Max zu Anna.
Ein Mordversuch als Fußnote
Viel spannender aber ist dieser eine Satz in dem Buch. Auf Seite 357 heißt es: „Anna Anschel aus Berlin beschuldigte nach dem Krieg einen Funktionär der NSDAP, der für die Einweisung ihres Mannes in ein KZ verantwortlich war, er habe versucht, sie im Mai 1945 zu töten, um zu verhindern, dass sie ihn nach Kriegsende anzeigen könne“. Dies gehe, heißt es in der dazugehörigen Fußnote, aus einem Bericht von Anna und Ruth Anschel hervor, der im Diözesanarchiv Berlin zu finden sei.
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Sofort schreibe ich Maximilian Strnad an und frage, ob er den Bericht vorliegen hat, ob er mehr weiß zur Geschichte „meiner“ Familie Anschel. Er weiß auch nicht mehr. Aber er rät mir, im Diözesanarchiv die entsprechende Akte einzusehen. Dort könnte ich noch mehr finden.
Ich werde mich also auf den Weg machen, Akten einzusehen, die es noch nicht online gibt.
Die Gedenkstätte Yad Vashem ist einer der eindrucksvollsten Orte des Gedenkens an die Shoah weltweit. Wer das Glück hat, eine Reise nach Jerusalem zu machen, sollte unbedingt einen Besuch einplanen. Yad Vashem versammelt neben einem Museum mehrere Gedenkorte, darunter die Allee der Gerechten unter den Völkern, mit der an Menschen erinnert wird, die sich für von den Nazis verfolgte Juden eingesetzt hatten. Dort wird zum Beispiel auch an Margarete Sommer, die Leiterin des in dieser Recherche erwähnten katholischen Hilfswerks, geehrt.
Für alle, die sich mit der Geschichte des Holocaust auseinandersetzen, biete Yad Vashem zudem über weitreichende Datenbanken Zugang zu Dokumenten, Fotos, Zeitzeugenvideos etc. Die „Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer“ bietet schnellen Zugriff auf alle vorhandenen und bekannten Unterlagen der NS-Opfer.
Teil der Ausstellung von Yad Vashem ist die Halle der Namen, in der die Schicksale der NS-Opfer dokumentiert werden. Wer Informationen über Opfer hat, die dort noch nicht registriert wurden, wird gebeten, ein sogenanntes Gedenkblatt mit den wichtigsten Daten einzureichen. Das können Familienangehörige, Nachbar:innen oder Freund:innen sein oder einfach jeder, der die Daten eines Menschen bezeugen kann.
Für Max Anschel fehlte bisher ein solches Gedenkblatt in der Halle der Namen. Ich habe es eingereicht, es kann mittlerweile über die Datenbank eingesehen werden.
Und noch eine weitere Akte werde ich mir anschauen. Laut einer Liste, die ich im Netz gefunden habe, soll es im Landesarchiv Berlin die „Versorgungsakten für Anna Anschel und Max Anschel“ geben.
Ich werde dran bleiben. Diese Geschichte ist noch nicht auserzählt.
Denn sie berührt mich. Sie ist mir nah, weil sie an dem Ort geschah, an dem ich wohne – mittlerweile viel länger als es Max Anschel durfte und über dessen Geschichte ich nun mehr und mehr erfahre.
Aber auch, weil sie von glücklichen Momenten erzählt – etwa von einer Hochzeit im goldenen Oktober.
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Die Geschichte von Max Anschel und seiner Familie hat taz-Redakteur Gereon Asmuth in einer sechsteiligen Serie aufgeschrieben. Alle Texte finden Sie unter taz.de/maxanschel.
Teil 1: Mein Vormieter Max Anschel, ermordet im KZ Stutthof 1944
Teil 5: „Mutti, ich habe eine sehr, sehr grosse Bitte an Dich!“ – Die Geschichte der Tochter Ruth Anschel
Teil 6: Der Verrat im Luftschutzkeller und das Leben im Nazinest nach dem Krieg
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