Mein Kriegsende 1945: „Wir haben die Feinde besiegt“
Zeitzeugen erinnern sich (Teil 12): Valerija Skrinjar-Tvrz arbeitete als 16-Jährige für die Partisanen in Slowenien als Dechiffriererin.
Valerija Skrinjar-Tvrz, Jahrgang 1928, wurde nach dem Krieg eine der bekanntesten Journalistinnen und Autorinnen Jugoslawiens:
„Ich war noch sehr jung, als ich mich Anfang 1945 den Partisanen angeschlossen habe. Die letzten Kriegsmonate kämpften meine Brigade und ich in den slowenischen Bergen und Kärnten gegen die Wehrmacht. Die Deutschen wollten dieses Gebiet beherrschen, um den Rückzug ihrer Truppen aus Griechenland und Jugoslawien abzusichern.
Ich war ja noch ein Mädchen, 16 Jahre alt, und ich arbeitete als Dechiffriererin der verschlüsselten Nachrichten immer an der Seite des Kommandanten unserer Brigade. Ich wurde von den männlichen Kameraden von Beginn an als gleichberechtigte Kämpferin aufgenommen und immer respektvoll behandelt. Es gab Schnee und Frost in den Bergen, wir standen unter ständigem Beschuss, wir hatten wenig zu essen, doch wir teilten das wenige. Alle ordneten sich dem Ziel unter, die deutschen Okkupanten und die Faschisten zu schlagen und die Freiheit zu erkämpfen. Und wir haben die Feinde auch besiegt.
Am 8. Mai sollte unsere Brigade weiter nach Celje und dann weiter nach Novi Sad in der Vojvodina verlegt werden. Uns entgegen kamen die Kolonnen der geschlagenen Armeen, die Deutschen unbewaffnet in Vierrerreihen. Sie hatten mit der Kapitulation ihre Waffen abgelegt.
Anders verhielt es sich dagegen mit den Einheiten der geschlagenen kroatischen Heimwehr, der Ustaschen, und den serbischen Tschetniks, diese trugen ihre Waffen noch, ihre Gewehre und Maschinengewehre, die Patronengurte um den Leib geschlungen. Ihre Blicke waren voller Hass auf uns und auch auf mich gerichtet. Ihr Ziel war Österreich, wo in Bleiburg schon britische Truppen standen. Sie fürchteten die Strafen für alle ihre Untaten, für alle ihre Verbrechen, wenn sie in Jugosalwien blieben.
Ein deutscher Offizier bat uns um eine Pistole, er wollte sich erschießen, er war verzweifelt ob der Niederlage. Wir gaben sie ihm nicht.
Unsere Brigade zog weiter und kämpfte dann in Poljana in der Vojvodina gegen Reste von SS-Einheiten, die sich dort noch verschanzt hatten. Es gab noch viele Tote auf beiden Seiten zu beklagen. Erst am 15. Mai war in Jugoslawien der Krieg endgültig zu Ende.“
Aufgezeichnet von Erich Rathfelder
Zuletzt erschienen:
(11) Stanisław Zalewski, KZ-Überlebender
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“