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Mehr Abbrecher bei der BundeswehrStiefelputzen ist viel zu anstrengend

Die Zahl der Abbrecher unter den Wehrdienstleistenden bei der Bundeswehr steigt. Inzwischen hört fast jeder Dritte freiwillig in der Probezeit wieder auf.

In sechs Monaten wird diese Reihe ausgedünnt sein: Freiwillige bei der Bundeswehr. Bild: dpa

BERLIN dpa | Bei der Bundeswehr brechen immer mehr Freiwillige ihren Wehrdienst frühzeitig ab. Inzwischen scheidet mit 30,4 Prozent fast jeder Dritte in der sechsmonatigen Probezeit aus der Truppe aus, wie das Verteidigungsministerium mitteilte. Der überwiegende Teil davon schmiss selbst hin, einige Freiwillige wurden aber auch von der Bundeswehr entlassen. Vor einem Jahr hatte die Abbrecherquote noch bei 27 Prozent gelegen.

Trotzdem liegt die Bundeswehr bei der Anwerbung von Freiwilligen noch im Soll: Im Dezember absolvierten 11.150 der rund 192.000 Bundeswehrsoldaten den freiwilligen Wehrdienst, der 7 bis 23 Monate dauert – im Durchschnitt sind es 13 Monate. Verteidigungsminister Thomas de Maizière hatte mit dem Aussetzen der Wehrpflicht im Juli 2011 als Ziel 5.000 bis 15.000 Freiwillige ausgegeben. Die Untergrenze hat er deutlich übertroffen, aber weiterhin bleiben tausende Plätze unbesetzt.

Das Interesse am Bundesfreiwilligendienst, dem Ersatz für den früheren Zivildienst, ist deutlich größer. Seit Anfang 2012 waren nach Angaben des Bundesfamilienministeriums praktisch durchgehend alle 35.000 Plätze ausgebucht – und das, obwohl die sogenannten Bufdis mit höchstens 348 Euro deutlich weniger verdienen als die Bundeswehr-Freiwilligen mit bis zu 1.146 Euro.

Die Abbrecherquote für den Dienst bei Wohlfahrtsverbänden oder Sozialeinrichtungen liege unter 15 Prozent, sagte ein Sprecher des Familienministeriums auf Anfrage. Damit ist sie nur halb so hoch wie bei der Bundeswehr.

De Maizière findet Rekruten zu naiv

Verteidigungsminister de Maizière hatte die hohe Abbrecherquote schon vor Monaten mit einer gewissen Naivität mancher Freiwilliger erklärt. „Einige Rekruten überrascht es offenbar, dass sie morgens mit geputzten Stiefeln zum Dienst erscheinen sollen, in einer Stube mit mehreren Soldaten schlafen oder dass sie nur in der Raucherpause rauchen dürfen“, sagte er in einem Zeitungsinterview.

Zufrieden kann der Minister mit der Rekrutierung von Zeitsoldaten sein. Zum 1. Januar traten knapp 3.500 junge Leute ihren zeitlich befristeten Dienst bei der Bundeswehr an, darunter etwa 380 Frauen. Damit ist der Bedarf von 16 150 neuen Zeitsoldaten für das Jahr 2013 bereits zu einem Viertel gedeckt.

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5 Kommentare

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  • Ich finde man sollte der Gesellschaft einmal in seinem Leben mit dem Hauptaugenemerk auf körperliche Arbeit dienen.

  • P
    Peter

    Verständlich, die Folgen des Spardiktates des Schulsports.

    Aber ein gutes hat es ja.

    Die Anzahl der Heldenverehrung der best Toten Besttöter reduziert sich.

    Ob nun die Olympioniken, Mutbürger in Uniform, an die Kriegsfront müssen?

  • TG
    Tim Gauss

    Pfeiffen....Probezeit. Meine Fresse. Diese Waschlappen sollen einmal in ihrem Leben etwas leisten. Ich wette die TAZ-Leserschaft fühlt auch noch Mitleid mit diesen Jammerlappen. Die AGA ist ohnehin ein Witz heute. Dass ein Drittel der jungen Männer nicht mal das aushalten kann wirft ein Licht auf unser Land...danke an den linken Block für die Zerstörung von Tugend und Moral in diesem Land.

  • H
    Heiko

    Ich selber war nicht bei der Armee (NVA) und bin darüber auch nicht besonders böse. Aber viele Altersgenossen meinten, das dies eine gute Schule des Lebens sein kann. Disziplin und Unterordnung sind ja auch im Berufsleben und teilweise auch in einer Beziehung angesagt - Kompromisse muß man eben überall machen.

    Vielleicht sollte man die Wehrpflicht für absolut alle wieder einführen. Dann geht eben jeder 18 Monate zur Armee und dient seinem Land. Was soll daran schlecht sein? Geschadet hat es noch keinem.

  • R
    Remsch

    Naja, die Gehaltsrechnung geht nicht ganz auf, da die Wehrdienstleistenden den höheren Satz erst nach einer Dienstzeit kriegen, nach der die neuen Zivis bereits ausgedient haben.

     

    Zudem ist es doch nicht verwunderlich. Viele nutzen den Wehrdienst als Brücke, da sie sicher sein können, so etwas Geld zu kriegen und einer Tätigkeit nachzugehen, wo sie relativ sicher angenommen werden. Sollten sie dann doch den gewünschten Studienplatz nachträglich kriegen oder in eine Lehre reinrutschen, wird halt von heute auf morgen der Wehrdienst abgebrochen.