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Meduza-Auswahl 26. Juni – 2. JuliAus der Kriegsgefangenschaft direkt wieder an die Front

Russland und die Ukraine tauschten Gefangene aus. Moskau schickte die Freigelassenen offenbar sofort in den Krieg zurück. Dagegen regt sich Widerstand.

Rückkehr russischer Soldaten nach Gefangenenaustausch im Juni 2025 nahe Moskau Foto: Russian Defense Ministr/Press Service via AP

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.

In der Zeit vom 26. Juni – 2. Juli 2025 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:

Zurück in den Krieg statt zurück nach Hause

Im Mai tauschten Russland und die Ukraine Gefangene aus: Jede Seite ließ 1.000 Soldaten frei, es war der bisher größte Austausch in diesem Krieg. Nun sagen die Familien vieler zurückgekehrter russischer Soldaten: Nicht einen einzigen Tag hätten die Freigelassenen zu Hause verbringen dürfen – nicht einmal diejenigen, die schwer verwundet waren. Stattdessen wurden sie direkt an die Front zurückgebracht.

Nun bitten einige Familien die Behörden, die Soldaten nach ihrer Freilassung nach Hause kommen zu lassen. Und einige hoffen sogar, dass ihre Angehörigen in Gefangenschaft bleiben – um nicht wieder in den Krieg geschickt zu werden. Die unabhängige Nachrichtenagentur Okno sprach mit Angehörigen russischer Kriegsgefangener darüber, was die Männer nach ihrer Rückkehr in die vermeintliche Freiheit in Russland erwartet. Meduza veröffentlicht eine gekürzte englische Fassung.

Kein Ukrainisch-Unterricht mehr in der besetzten Ukraine

Zu Beginn des Schuljahres 2025/2026 plant Russland ein vollständiges Verbot des ukrainischen Sprachunterrichts an Schulen in den besetzten Gebieten der Ukraine. Die Besatzungsbehörden arbeiteten bereits seit Jahren daran, diesen Unterricht abzuschaffen – und Eltern zu bestrafen, die ihre Kinder für Online-Ukrainischkurse anmeldeten. Journalisten von BBC News Ukrainian beschreiben detailliert, wie die bisherigen Bemühungen der russischen Behörden zur Unterdrückung des ukrainischen Sprachunterrichts aussahen und was sich nun ändern wird. Meduza veröffentlicht eine Übersetzung ihres Berichts auf Englisch.

Ein Bericht von Human Rights Watch aus dem Jahr 2024 zeigte: Die russische Regierung und die von Russland eingesetzten Besatzungsbehörden gingen systematisch gegen Familien vor, die Kurse im Ukrainischen besuchten. „Die russischen Behörden und ihre Stellvertreter bestraften Fernunterricht oder den Unterricht nach dem ukrainischen Lehrplan – und drohten Eltern mit Geldstrafen, dem Entzug des Sorgerechts für ihre Kinder und sogar Inhaftierung“, heißt es in dem Bericht.

Warum in Russland immer wieder das Internet ausfällt

Immer wieder wird in Russland das mobile Internet abgeschaltet, für Millionen Menschen ist das zur neuen Realität geworden. Während die Behörden diese lokalen Blackouts in der Regel als Reaktion auf die Gefahr von ukrainischen Drohnenangriffen darstellen, entsprechen ihr Zeitpunkt und ihre Dauer oft nicht den tatsächlichen Angriffen. Häufiger sind sie das Ergebnis sogenannter präventiver Sicherheitsmaßnahmen – wie beispielsweise während der Feierlichkeiten zum Tag des Sieges in Moskau oder dem Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg.

So oder so müssen sich die Menschen in Russland daran gewöhnen, offline zu sein – und nach Alternativen für den mobilen Internetzugang zu suchen. Meduza hat die Leserinnen und Leser seiner russischen Website gefragt, wie sie mit dieser neuen Normalität zurechtkommen. Und einige der bemerkenswertesten Antworten ins Englische übersetzt.

„Ich arbeite bei einem großen Fintech-Unternehmen. Ich habe Zugriff auf interne Systeme und kann Internetausfälle in allen Regionen Russlands in Echtzeit sehen. Davon gibt es jeden Tag viele. Manchmal fallen drei Regionen gleichzeitig aus“, erzählt etwa ein Mann aus Moskau.

Stalin-Büsten sind in Russland im Kommen

In der Stadt Nikolsk in der Region Wologradski wurde vor einem Schulgebäude eine Büste des sowjetischen Staatschefs Josef Stalin aufgestellt. Die Skulptur befindet sich nun direkt neben dem Denkmal für den Gründer der Sowjetunion Lenin. Die Verwaltung von Nikolsk betonte: Dies sei auf Initiative der örtlichen Bevölkerung geschehen.

Es ist bereits das dritte Denkmal für Stalin in der Region Wologradski, das im letzten Jahr enthüllt wurde. Im Dezember 2024 wurde ein Denkmal in Wologda auf dem Gelände des Stalin-Museums enthüllt, im Mai 2025 in der Ortschaft Kadui in der Nähe des Heimatmuseums. Das Denkmal in Wologda wurde vom Gouverneur Georgi Filimonow persönlich eingeweiht, der auch einer der Initiatoren der Errichtung war. Einwohner sammelten dreitausend Unterschriften gegen das Denkmal, doch die Behörden schenkten dem keine Beachtung. Doch nun fordert sogar die Staatsanwaltschaft vor Gericht die Entfernung des Denkmals.

Meduza berichtet auf Russisch über die verqueere Causa.

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