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Meduza-Auswahl 22. – 28. MaiWer sich beschwert, wird verhaftet

Im russischen Frolovo begehren die Menschen gegen Luftverschmutzung auf. Doch der Staat reagiert mit Schikane.

Dunstiger HImmel über Wolgograd, Russland Foto: Tatyana Makeyeva/reuters

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.

In der Zeit vom 22. – 28. Mai 2025 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:

Umweltsünder müssen in Russland wenig fürchten

In Russland ist Umweltverschmutzung allgegenwärtig. Etwa in Frolovo, einer Stadt in der Region Wolgograd: Einwohner haben dort ein Video aufgenommen, in dem der 76-jährige Yanosh Malinovsky vor einem Hintergrund aus dichten schwarzen Rauchwolken beschreibt, wie es für die Be­woh­ne­r:in­nen ist, inmitten dieser Luftverschmutzung zu leben. Sie könnten ihre Fenster nicht öffnen, selbst nachts – und die Bänke in der Nachbarschaft sind stets mit einer dicken Schicht Ruß bedeckt sind.

Grund für die Verschmutzung: das Stahlwerk. Dort werden Altmetall und Altreifen verwertet. Nachdem die Bevölkerung der Stadt mit ihren Beschwerden bei Staatsanwälten, lokalen Beamten und der Polizei nicht durchdrang, nahmen sie Videoappelle an Präsident Wladimir Putin auf. Sie hofften, dass ihnen endlich jemand Gehör schenke. Doch anstatt die Umweltverschmutzer zur Rechenschaft zu ziehen, gehen die russischen Behörden gegen die Beschwerdeführer vor. Sie werden zu Verhören vorgeladen, mit Geldstrafen belegt und strafrechtlich verfolgt. Das unabhängige Medium Okno-Projekt hat recherchiert, wie Russland mit den Beschwerden ordinärer Bürger umgeht. Meduza veröffentlicht eine gekürzte englische Fassung.

Wie chinesische Touristen Russland für sich entdecken

Der chinesische Tourismus in Russland boomt: Im Jahr 2024 besuchten viermal so viele chinesische Staatsangehörige Russland wie im Vorjahr. Offiziellen Daten zufolge kamen im ersten Quartal 2025 rund 106.700 chinesische Reisende nach Russland. Gruppen chinesischer Touristen sind nun ein alltäglicher Anblick – in bekannten Sehenswürdigkeiten wie der Moskauer Metro und der Eremitage wie auch an weniger traditionellen Reisezielen wie dem hohen Norden und dem Fernen Osten.

„Früher haben wir mit organisierten Gruppen gearbeitet, aber jetzt kommen einzelne Touristen mit ihren eigenen Reiseleitern und Fahrern“, erzählt Elena Purlitsis, Geschäftsführerin eines Reiseveranstalters, dem Medium Forbes. Meduza republiziert einen Bericht von Forbes Russia auf Englisch.

Wie Russland seine Währung stützt

Nach mehreren Jahren des hohen Wirtschaftswachstums – ausgelöst durch den Krieg gegen die Ukraine – beginnt dieses nun abzukühlen. Die Ölpreise liegen heute weit von früheren Höchstständen entfernt. Und die Europäische Union führt neue Sanktionen gegen Russland ein. Auf den Rubel scheint das aber kaum Einfluss zu haben: Der Kurs der russischen Währung bleibt stabil – 80 Rubel pro US-Dollar. Meduza erklärt, wie das zustande kommt – und wie volatil dieser Status quo ist (russischer Text).

In Russland sind die Zinssätze hoch, außerdem wird der Abfluss von Kapital mit Beschränkungen verhindert. Und die Regierung ist bereit, den Rubel durch den Verkauf von Devisen aus den Staatsreserven zu stützen. Das tat sie etwa im April, als dem Staatshaushalt Einnahmen aus Öl- und Gasverkäufen in Höhe von 65,6 Milliarden Rubel Mittel fehlten.

Wie man mit TV-Serien Politik macht

Im Mai 2025 feierte Russland den „80. Jahrestag des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg“. Und in diesem Monat sind auf Streaming-Plattformen gleich mehrere Serien erschienen, die dieselben Ideen verbreiteten wie die politischen Programme der russischen staatlichen Fernsehsender. Drei Beispiele: „Rosly“ über den sowjetisch-finnischen Krieg, „Soldatskaja mat“ über eine Bäuerin, die neun „Helden“ großgezogen hat, und „Tjuremnyj dnevnik“, eine Geschichte voll mit Karikaturen von Amerikanern. Meduza beschreibt die Propaganda-Offensive (russischer Text).

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1 Kommentar

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  • In Deutschland wurden Klimaschützer "präventiv" (!) in Haft genommen, damit sie bei einer Automobilausstellung nicht protestieren. Amnesty, die Organisation für Menschenrechte, hat gewarnt: www.amnesty.de/all...oss-menschenrechte

    Uebrigens gab es auch in Deutschland unverhältnismässig hohe Haftstrafen für Klimaschützer. Da brauchen wir gar nicht die Hände über die Verhältnisse in anderen Länder zusammenschlagen. Das haben wir hier auch schon.