Medienverflechtung in der Türkei: Wer mit wem?
Medienkonzentration schränkt in der Türkei Freiräume für Journalismus ein. Eine Website zeigt Verflechtungen zwischen Wirtschaft, Politik und Medien.
BERLIN taz | Dass unabhängige Medien es in der Türkei zunehmend schwer haben, nicht unterzugehen, ist kein Geheimnis mehr. Wer nicht direkt gesperrt und enteignet wird, den treiben neue Regulierungen – etwa der Ausschluss aus der staatlichen Anzeigenverteilung – in den finanziellen Ruin. Nicht erst seit dem gescheiterten Putsch im Juli hat die AKP-Regierung großes Interesse daran, kritische Stimmen auszuschalten. Und dienlich ist dafür nicht nur direkte Zensur, sondern vor allem Verflechtungen zwischen Medien, Politikern und Großkonzernen.
Inwieweit die zunehmende Medienkonzentration in der Türkei die Freiräume für unabhängigen Journalismus immer weiter einengt, dieser Frage ging eine dreimonatige Recherche im Rahmen des weltweiten Projekts Media Ownership Monitor nach. Am Donnerstag stellten Reporter ohne Grenzen (ROG) gemeinsam mit der Partnerorganisation Bianet, einer unabhängigen türkischen Onlinezeitung, die Ergebnisse in Istanbul vor.
Auf der Website turkey.mom-rsf.org werden die bislang oft intransparenten Eigentümerverhältnisse für Laien nachvollziehbar dargestellt. Von der Startseite grüßen Pinguine, die während der Gezi-Proteste 2013 zum Sinnbild der Selbstzensur türkischer Medien wurden. Wie lange die Seite in der Türkei abrufbar sein wird, ist fraglich.
„Die Medienverbote und Massenverhaftungen sind nur das sichtbarste Zeichen für die Repression der türkischen Behörden gegen jeden unabhängigen Journalismus“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die wirtschaftliche Dimension der Einflussnahme reicht viel tiefer und ermöglicht eine weitgehende politische Kontrolle über die Massenmedien in der Türkei. Man findet kaum einen türkischen Medienmogul, bei dessen Familie Präsident Erdoğan nicht schon Gast oder gar Trauzeuge auf einer Hochzeit war.“