Medienmesse re:­pu­bli­ca in Berlin: Dabei sein um jeden Preis

Die re:­pu­bli­ca in Berlin ist gestartet. Es soll um sozialen Zusammenhalt und Care-Arbeit gehen, die Eintrittspreise sind astronomisch.

Besucher:innen der Medienmesse re:publica vor der Station Berlin im Gleisdreickpark

Be­su­che­r:in­nen des Festivals für die digitale Gesellschaft re:­pu­bli­ca Foto: imago

BERLIN taz | Schon bei der Anreise in der U-Bahn sieht man Leute in Anzügen und Sommerkleidern, alle mit bunten Festivalbändchen, „re:publica 24“ steht drauf. Sie steigen am Gleisdreieck aus, 50 Meter weiter öffnen die riesigen Hallen der Station Berlin ihre Pforten. Die Medienkonferenz re:­pu­bli­ca hat begonnen.

Die Or­ga­ni­sa­to­r:in­nen beschreiben die Veranstaltung als „Festival für die digitale Gesellschaft“ und „größte Konferenz ihrer Art in Europa“. Seit 2007 findet sie jährlich in Berlin statt, 26.000 Be­su­che­r:in­nen werden dieses Jahr erwartet.

Das dreitägige Event ist praktisch die Klassenfahrt der deutschen Medienunternehmen. Aus allen Ecken reisen Jour­na­lis­t:i­nnen und Medien-Leute an, um in Berlin über Netzkultur, KI und Co. zu reden. Außerdem sind politische Initiativen, Stiftungen und Politik vertreten.

Am Montag steht Franziska Giffey (SPD) am Eingang, sie hat ein kleines Pflänzchen in der Hand. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat sich für einen Rundgang angekündigt, der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck wird als Speaker auftreten. Die Stimmung ist heiter, es gibt Stände, Panels, Workshops und Podiumsdiskussionen, und abends Karaoke.

Der Spaß kostet

Die Teilnahme an der Mediensause muss man sich aber erstmal leisten können. Ein Standardticket kostet 299 Euro, die all-inclusive Businessvariante satte 999 Euro. Ermäßigte Pässe gibt es ab 99 Euro, Abendkarten für 18 Euro. Nur Kinder unter 15 kommen umsonst rein.

Auch die Verpflegung auf dem Gelände ist alles andere als billig. Ein Cappuccino (wohlgemerkt frisch aus dem Vollautomaten) kostet 4,50 Euro. Besonders gut schmeckt er nicht. Auch die Burrito-Preise können sich sehen lassen. Unter 12 Euro geht hier gar nichts. Ein paar Schü­le­r:in­nen meinen, sie holen sich lieber außerhalb des Geländes etwas zu essen. Ist billiger.

Das diesjährige Motto der re:­pu­bli­ca lautet „Who cares?“. In Neonschrift prangt es an den Hallenwänden. Es soll um Care-Arbeit, Pflegeroboter, demografischen Wandel und sozialen Zusammenhalt gehen, im Mittelpunkt steht die Rolle von Digitalisierung. Die Ver­an­stal­te­r:in­nen bewerben das Ganze so: „Die re:­pu­bli­ca ist der Ort, an dem Menschen eine Bühne finden, die sich in ihren Arbeitsbereichen für diejenigen einsetzen, die sonst wenig bis kein Gehör finden.“

Gelegenheit zur Vernetzung

Es stellt sich die Frage: Wie kann man über Themen wie unbezahlte Care-Arbeit und die Situation der Pflege reden, wenn viele der Leute, um die es geht, sich den happigen Eintritt wahrscheinlich gar nicht leisten können? Die Situation sieht auch ein Vertreter der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt kritisch. Der Verein kümmert sich um Ehrenamtsförderung in ländlichen und strukturschwachen Gegenden.

Es gebe ehrenamtliche Vereine, die nur 10.000 Euro im Jahr zur Verfügung hätten. Mit einem solchen Budget Mit­ar­bei­te­r:in­nen auf eine Messe zu schicken und vor allem die Standgebühr zu zahlen, sei da meistens nicht drin, sagt er. Die Kritik habe man aber auch schon an die re:­pu­bli­ca weitergeleitet.

Die Veranstaltung sei aber eben eine Gelegenheit, sich zu vernetzen. Und da die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt auch einen Digitalisierungsschwerpunkt hat, wollte man um jeden Preis dabei sein.

Die finanziellen Schwierigkeiten sieht auch das Team vom Stand nebenan: Der Verband We Care – Wohlfahrt Digital besteht aus sechs Vereinen, unter anderem AWO, Caritas und Deutsches Rotes Kreuz. Man habe sich zusammengetan, anders sei die Standgebühr nicht zu bezahlen gewesen.

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