Mediendynastien in Deutschland: Es bleibt in der Familie
Die Medienwelt ist von fiesen Finanzinvestoren durchsetzt, bei denen das Gesetz der Börse zählt. Nur in Deutschland habens MedienfürstInnen lieber dynastisch.
Medienkonzerne sind trotz ihrer oft beachtlichen Größe in Deutschland zumeist Familienunternehmen. Und haben daher ihre ganz eigenen Probleme mit dem demografischen Wandel: Zwar werden gemäß der allgemeinen Statistik auch die Konzernlenker immer etwas älter als in früheren Generationen. Doch irgendwann ist es so weit: Der Laden muss weitergegeben werden. Doch an wen bloß?
Niemand hat es so brutal gemacht wie Rudolf Augstein: Der Spiegel-Herausgeber bedeutete den eigenen Kindern schon früh, dass sie das väterliche Erbe in einer Hinsicht jedenfalls nicht antreten würden: Die Krone beim Spiegel ist, wie die aktuelle Situation des Hamburger Nachrichtenmagazins unmissverständlich zeigt, nach Augsteins Tod Wanderpokal. Franziska wie ihr Bruder Jakob Augstein sind zwar beide ausgewiesene Journalisten anderswo - aber eben nur noch Minderheitsgesellschafter im eigenen Haus, das nun zu knapp über der Hälfte den Spiegel-MitarbeiterInnen gehört und der entscheidende Rest dem Verlag Gruner + Jahr. Sie selbst haben mit ihren 24 Anteilsprozenten nicht einmal mehr eine Sperrminorität und daher real kaum Einfluss.
Beim ebenfalls an der Alster beheimateten Heinrich Bauer Verlag sieht das ganz anders aus. Verlagssenior Heinz Heinrich Bauer ist schließlich nicht nur Herr über die größte Anzahl von - zumeist eher billigen - Frauenzeitschriften im deutschen Markt. Bauer hat auch noch gleich vier - laut Branchenklatsch zudem schöne - Töchter. Und wie im aufgeklärten Märchen üblich, ging der eigentlich öffentlichkeitsscheue Bauer bei der jüngsten Verlagspressekonferenz in Sachen Nachfolge sogar in die Offensive: Noch gedenke er zwar einige Jährchen weiterzumachen, erklärte der 68-Jährige, der sich zumindest innerhalb Europas noch selbst zum Geschäftstermin fliegt. Doch derweil könnten sich "ein oder zwei" seiner Töchter schon mal warm laufen. Mirja, Nicola, Yvonne und Saskia arbeiten schon heute alle mit. "Ich habe ja vier Frauen, die schon jetzt kräftig in den Verlag eingreifen", so Bauer. Er werde zwar noch nicht sagen, was in seinem Testament steht, "aber eine von ihnen wird irgendwann die Rolle des haftenden Gesellschafters übernehmen müssen". Man stehe eben "weiterhin zur Tradition des Familienunternehmens. Dies gebe dem Unternehmen "Erwartungssicherheit und Stabilität - ein wichtiger Faktor in einer Zeit, wo internationale Finanzinvestoren im deutschen Markt Fuß gefasst haben".
Nachkommen haben es in Mediendynastien allerdings alles andere als leicht: Leo Kirchs Sohn Thomas durfte zwar mal als nomineller Chef beim Privatsender ProSieben ran, weil der Vater den zunächst aus Wettbewerbsgründen nicht auch noch besitzen durfte. Doch als das Konzentrationsrecht geändert und Leo auch Herr über ProSieben sein durfte, verschwand Thomas Kirch in der Versenkung. Und durfte danach noch über sich lesen, der alte Herr sei von ihm eher mal enttäuscht.
Zoff gibt es auch im Hause Axel Springer: Das ist zwar mit einem kleinen Aktienanteil börsennotiert, die Macht liegt aber auch hier bei einer Familienholding. 90 Prozent an dieser Axel Springer Gesellschaft für Publizistik gehören Verlegerwitwe Friede - eine umstrittene Testamentsänderung von Verlagschef Axel Cäsar machte es möglich. Mit nur je fünf Prozent sind Springers Stiefenkel Ariane und Axel-Sven beteiligt - und fechten die umstrittene Änderung im letzten Willen ihres Großvaters von 1985 an. Derzeit liegt der Fall, der das Unternehmen in der Familie halten, aber das Ende der Macht von Friede Springer bedeuten könnte, beim Hamburger Oberlandesgericht. Es will Anfang des neuen Jahres entscheiden. Sollten die Enkel gewinnen, steht wohl auch bei Springer ein Generationswechsel an.
Und auch bei Bertelsmann hat die Eignerfamilie ihre Führungsrolle zum Jahresende noch langfristiger dynastisch gesichert: Ab Januar sitzt Brigitte Mohn, 43, neben ihrer Mutter Liz, 66, und Bruder Christoph, 42, im Aufsichtsrat der Bertelsmann AG. Die Familie Mohn hat so ihre Herrschaft über die nichtbörsennotierte Aktiengesellschaft zementiert - Gesellschafterin der Bertelsmann Verwaltungsgesellschaft (BVG), die die kompletten Stimmrechte der AG kontrolliert, und Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung, der Bertelsmann mehrheitlich gehört, ist Brigitte Mohn nämlich schon. Jetzt soll sie sich warm machen für ihre nächste Rolle - wenn schon nicht das Erbe des Vaters, des Konzernpatriarchen Reinhard Mohn, anzutreten, dann auf jeden Fall das von Mutter Liz, als Königin von Gütersloh.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!