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#MeToo in der katholischen KircheCiao, Kulturwandel!

Die katholische Kirche steckt in der Krise und duckt sich weg. Rücktritte wird es nicht geben. Dabei wären sie ein wichtiges Signal.

Der Limburger Bischof Georg Bätzing auf dem Katholikentag in Stuttgart Foto: Marijan Murat/dpa

Die katholische Kirche hat nun ihren eigenen #MeToo-Fall. Keine Überraschung in dieser Institution. Menschen, die sich im Kirchenumfeld bewegen, preisen sexualisierte Annäherungen, Übergriffe im Machtgefälle quasi ein. Im konkreten Fall, der durch die Berichterstattung der Zeit-Beilage „Christ und Welt“ ans Licht kam, geht es um zwei Frauen, die von einem Priester im Bistum Limburg belästigt wurden. Beide Fälle liegen einige Jahre zurück.

Dem Unwillen zur Veränderung folgen Schweigen, Ratlosigkeit, Kapitulation

Es geht um Berührungen und Ansprache mit Kosenamen. Einer Mitarbeiterin des Bistums soll der Priester unter das T-Shirt an die Brust gefasst haben. Die Veröffentlichung kam pünktlich zum Katholikentag, der bis Sonntag in Stuttgart stattfindet. Ein echter Coup, denn nicht nur Kir­chen­an­hän­ge­r:in­nen, sondern auch die Öffentlichkeit verfolgt dieses Event aufmerksam.

Der Limburger Bischof Georg Bätzing, der auch Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz ist, meldete sich prompt via Pressemitteilung zu den Vorwürfen. Er würde sich „entschieden“ dafür einsetzen, dass es einen „Kulturwandel in der Kirche“ gibt, „Betroffene gehört, Missbrauch verhindert sowie Täter und Taten klar benannt werden“. Bätzing habe erst einige Jahre nach seinem Wechsel ins Bistum Limburg von den Vorwürfen erfahren. Es gab eine Missbilligung, eine schriftliche Ermahnung – und dann nach erneuter Prüfung eine Beförderung zum Bezirksdekan für den Beschuldigten.

Bätzing weist alle Mitschuld von sich, gibt sich verständnisvoll für die Empörung der Betroffenen über die Beförderung des Beschuldigten, bietet Gespräche an für Betroffene. In den konkreten Fällen geht es um erwachsene Menschen, nicht um Schutzbefohlene oder Minderjährige. Es geht auch nicht um systematische und weit verbreitete sexualisierte Gewalt in kirchlichen Einrichtungen, die jahrelang vertuscht wurden. Dennoch muss es wie ein Hohn für die beiden betroffenen Frauen sowie alle anderen Kirchenbeschäftigten klingen, wenn die Taten überhaupt keine Auswirkungen innerhalb der Institution haben und sie stattdessen mit der Information über reumütige Gespräche abgespeist werden.

Die Strukturen ­geben es her

Wie lange können Amtsinhaber bedauern, sich erschüttert zeigen, um Entschuldigung bitten? Wie viele Papiere müssen geschrieben, debattiert und in den Kirchengremien verabschiedet werden, damit sich der viel beschworene „Kulturwandel“ vollzieht? Die Irritation ist enorm, auch in den eigenen Reihen. Zum Auftakt des Katholikentags äußerte sich der Bischof des Bistums Rottenburg-Stuttgart zum #MeToo-Fall ungewöhnlich scharf. Er sei perplex und überrascht, sagte Gebhard Fürst. Er würde in seiner Diözese so etwas niemals tun.

Auch Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, hat Fragen. Bätzing müsse zu einem Fehler in der Vergangenheit auch Stellung nehmen. Selbst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fordert Kirchenreformen und setzt auf die Arbeit des Synodalen Wegs. Seit 2019 läuft der Reformprozess in der katholischen Kirche in Deutschland. Es geht um die katholische Sexualmoral, den Umgang mit Macht, um Frauen in der Kirche und die priesterliche Pflicht zum Zölibat.

Die Worte verpuffen, prallen an hohen Würdenträgern ab. Seit Jahren. Das katholische #MeToo ist nur ein weiterer Fall in einem hierarchischen System, das veränderungsunwillig, träge ist und den „Schuss“ – wie Kir­chen­kri­ti­ke­r:in­nen es via Twitter formulierten – nicht gehört hat. Die Folgen: Schweigen, Ratlosigkeit, Kapitulation. Die, die auf Reformen hoffen, verzweifeln oder gehen. So wie Andreas Sturm, der erst vor Kurzem sein Amt als Generalvikar des Bistums Speyer niederlegte und aus der katholischen Kirche austrat. Er hatte keine Hoffnung auf Veränderung mehr. Ein Reformer geht, viele kritische Geister haben es bereits getan. Etlichen Jugendorganisationen, die sich an den verkrusteten Strukturen abarbeiten, geht zunehmend die Energie aus.

Diese Institution hat mehr als 20 Millionen Mitglieder. Tendenz rasant sinkend. Oben-und-unten-Hierarchien spielen eine zentrale Rolle, Demut, Ertragen von Leid, Schweigen gegenüber Ranghöheren. Die Reaktion Bätzings zeigt, dass sich an dieser Imagepflege möglichst nichts ändern soll. Die Strukturen ­geben es her, rechtfertigen Methoden und Entscheidungen. Also halten auch die Amtsträger daran fest. Ein echter Kulturwandel ist mit diesen Personalien nicht drin.

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7 Kommentare

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  • Nur mal ein paar Dinge zur Information:

    1. Die Hierachie der Weiheämter ist zwar strikt, aber sie betrrifft nur Priester und Bischöfe. Einem Laien gegenüber haben Kleriker überhaupt keine Machtbefugnisse. Ich bin oft in der Kirche und auch ehrenamtlich engagiert. Mir hat noch niemals in meinem Leben (58 Jahre) ein Prister eine Anweisung gegeben.

    Wenn ein Priester einen Laien herumkommandieren will, kann der einfach woandershin gehen, und trotzdem vollgültiger katholischer Christ sein.

    Und wenn ein Priester gegenüber einem Laien straffällig wird, kann der auch einfach zur Polizei gehen, die dann, wie bei jedem anderen Fall auch, tätig wird.

    2. Die katholische Kirche versteht sich nicht primär als Institution. Bischofs- und Priesteramt sind keine Machtfunktionen in eine geordneten Institution, wie z.B. Parteien oder Vereine. Es sind sakrale Ämter, die der Vermittlung der der Gegenwart Jesu und der Verkündigung des Evangeliums dienen. Durch die Weihe wird die gesamte Person mit dieser Aufgabe identifieziert. Davon kann man nicht "zurücktreten", genausowenig wie ein Vater als Vater "zurücktreten" kann, wenn er sich gegenüber seinen Kindern falsch verhalten hat.

    Man kann sein Verhalten ändern, um Vergebung bitten, man kann Unterstützung oder ggf. eine Distanzierung anbieten. Aber man kann nicht zurücktreten.

    Wenn man diese Grundlagen nicht versteht (der synodale Weg ist schon so weit von einer katholischen Grundhaltung entfernt, dass er sie nicht versteht), wird man mit der katholischen Kirche nicht sinnvoll in Kontakt treten können.

    Diese Vermischung von öffentlichem und privatem Raum schafft eine eigene, für viele Menschen hilfreiche Dynamik. Sie ist aber nicht unproblematisch. Es ist deswegen unerlässlich, dass es eine klare Trennung zwischen Kirche und Staat gibt, und dass der kirchlich-staatliche Sozialkomplex entflochten wird.

    Aber auch danach wird es in Deutschland Millionen von Katholiken geben, die das so sehen, wie ich das gerade dargelegt habe.

    • @Breitmaulfrosch:

      Ihre Weisheiten sollten Sie ganz schnell innerhalb der Kirche kommunizieren. So hat der unwissende Erzbischof Reinhard Marx dem Papst seinen Amtsverzicht angeboten, wobei das doch gar nicht geht. btw. hatten Sie nicht angekündigt die nächsten paar Jahrzehnte den Mund zu halten?, aber so ist es eben mit Vorsätzen^^

      • @BluesBrothers:

        Und? Hat der Papst den Rücktritt angenommen?

        Und persönlich habe ich keineswegs vor, den Mund zu halten (und habe das auch nicht angekündigt).

  • Den Papst in Rom finden ja viele gut. Aber er ist es, der mit diesen Zuständen aufräumen könnte - Zölibat abschaffen.



    Das tut er aber nicht!!!!!!



    Dabei müsste er ja gar nicht seinen Glauben aufgeben.

  • 9G
    93851 (Profil gelöscht)

    Kirchenaustritte ...



    sind seit einigen Jahren rasant angestiegen. Was die katholische Kirche betrifft bleibt zu hoffen, dass Papst, Bischöfe etc. alsbald unter sich sind: Alle ab in den Vatikan, Tür zu – und gut is.

  • Die deutsche katholische Kirche ist doch mit ihrer Feigenblattliberalität kein Beispiel für die katholische Weltkirche; diese Liberalität wird nur vorgegaukelt, um die immensen Pfründe nicht zu verlieren, mit denen der Vatikan sich seine gestrigkeit erschleicht.



    Und wo in ärmeren Ländern, in Südamerika, die Gemeinden weltoffener werden als der Klerus vorgibt, da wachsen die evangelikalen Kirchen an, mit den alten Bekannten der Homophobie und der traditionellen Frauenrolle; aber Deutchland zeigt leider auch: Bildung ist kein Garant für Aufklärung, denn sonst müßte dem Zirkel der Greise die Herde zumindest Richtung Altkatholisch abhanden gekommen sein...

    • @Vidocq:

      "Bildung ist kein Garant für Aufklärung, denn sonst müßte dem Zirkel der Greise die Herde zumindest Richtung Altkatholisch abhanden gekommen sein..."



      Ja, oder Esoterik. Gruselig! Esos sind ja teils (meistens?) anti-religiös, was als Aspekt meines Erachtens an sich gut ist, allerdings basteln die sich aber auch irgendwelchen anderen abergläubischen Krams zusammen. Auch jenen ist mit Vernunft schwer beizukommen, wie auch deren Umgang mit der Pandemie beweist ...