McKinsey-Affäre in Berlin: Opposition will Müllers Akten lesen
Die Piraten fordern vom Regierenden Bürgermeister noch vor Ostern Aufklärung. Der Leiter der Senatskanzlei erklärt, es habe keine Einflussnahme gegeben.
Es geht um nichts Geringeres als den Vorwurf der Vetternwirtschaft und den Umgang mit Hausmitteln. In der McKinsey-Affäre verlangen Grüne, Linke und Piraten Einsicht in die Akten der Senatsverwaltung. Die Erklärung, mit der der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Donnerstag im Abgeordnetenhaus die Filzvorwürfe gegen seine Partei und den Senat zurückgewiesen hat, hat die Opposition nicht zufriedengestellt.
Von der Akteneinsicht erhofft sich die Opposition Aufschlüsse, wie es zu der Vertragsvergabe für die Erststellung des sogenannten Masterplans Integration durch die Beratungsgesellschaft McKinsey gekommen ist. Im Raum steht der Vorwurf, dass McKinsey aufgrund von Vorgaben des Senats dem einstigen SPD-Staatssekretär Lutz Diwell einen lukrativen Beratervertrag zugeschanzt hat, der aus öffentlichen Mitteln finanziert wurde.
Auftrag über 238.000 Euro
McKinsey hat für den Auftrag wie berichtet 238.000 Euro erhalten. Wie groß der Anteil ist, den Diwell von der Firma erhalten hat, ist nicht bekannt. Die Sache hat deshalb ein Geschmäckle, weil der Staatssekretär im Ruhestand im Herbst Beauftragter des Senats für Flüchtlingsmanagement hatte werden sollen. Er soll aber zu hohe Gehaltsforderungen gestellt haben. Statt ihm wurde der frühere Polizeipräsident Dieter Glietsch beauftragt.
„Von mir oder über mich hat es keinerlei Einfluss gegeben, dass Herr Diwell Aufträge von McKinsey bekommt“, hatte der Regierende Bürgermeister im Parlament erklärt. Fragen nach der Rolle des Leiters der Senatskanzlei, Björn Böhning (SPD), hatte er nur vage beantwortet.
Böhning bezeichnete die Auswahl von McKinsey am Freitag in einem Interview mit der Berliner Morgenpost als nachvollziehbar: „Diwells Expertise erschien mir offensichtlich – erst recht mit seiner Erfahrung.“ Danach gefragt, ob vom Senat Einfluss auf McKinsey ausgeübt wurde, sagte Böhning: „Nein, es gab keine Vorgaben.“ Er stehe aber weiter dazu, dass sich die Verwaltung in schwierigen Fragen von außen beraten lassen solle. McKinsey teilte mit, man werde zu dem Vertrag auch weiterhin keine Auskunft geben.
Die Fraktionschefin der Grünen, Ramona Pop, kündigte am Freitag einen umfassenden Fragenkatalog an den Regierenden an. Gleiches haben die Piraten vor. Müller müsse den Sachverhalt noch vor der Osterpause aufklären, forderte Piratenfraktionschef Martin Delius. Geschehe dies nicht, halte er eine Sondersitzung des Hauptausschusses für nötig. Die nächste reguläre Sitzung des Ausschusses findet erst Mitte April statt.
Kritik von Transparency
Die Antikorruptionsorganisation Transparency International hat dem Senat „mangelnde Transparenz“ vorgeworfen. Der Fall McKinsey werfe viele Fragen auf, sagte Gisela Rüß von der Organisation. Allerdings dürfte es schwierig werden, dem Regierenden Bürgermeister ein strafbares Verhalten nachzuweisen.
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