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Max Dax über Corporate Publishing„Wie eine gute Spaghetti Bolognese“

Erstmals erscheint das Telekom-Musikmagazin „Electronic Beats“ in deutscher Sprache am Kiosk. Ein Gespräch mit dem Chefredakteur Max Dax.

Musikerin Alison Goldfrapp. Gleichzeitig Headliner des Festivals und auf dem Cover des Magazins. Bild: Mute Records
Jens Uthoff
Interview von Jens Uthoff

taz: Herr Dax, Ihr Magazin Electronic Beats ist von heute an auch mit einer deutschen Ausgabe an den Kiosken. Zunächst mal: Warum muss man für ein von der Telekom gesponsertes Magazin nun auch noch 4,50 Euro zahlen?

Max Dax: Ich finde, es ist sein Geld wert. Aber unabhängig davon: Das Magazin wird nicht gesponsert, es gehört der Telekom, und das steht auch auf dem Cover - das ist ein riesiger Unterschied. Mit der englischen Ausgabe gab es zuvor probeweise einen Kioskgang. Wir gaben 4.000 Hefte in den Vertrieb und verkauften tatsächlich mehr als die Hälfte – ohne Werbung oder so.

Warum gibt es nun die deutsche Ausgabe?

Die Telekom ist ein deutsches Unternehmen und die Redaktion sitzt in Berlin. Der Hauptgrund aber war: Es kamen immer wieder Leute, die bedauerten, dass sie nicht alles so einfach verstehen.

Sie haben mal gesagt, Sie seien redaktionell unabhängiger und freier denn je, seit sie Chef eines Telekom-Magazins sind. Wie kommen Sie zu dieser Aussage?

Als freier Journalist habe ich für manche Aufträge mehr ausgegeben als ich reingekriegt habe. Und als prekär bezahlter Chefredakteur hat man mich in der Vergangenheit mit meinen Visionen oft ausgebremst. Ich hatte stets eine Marketingabteilung im Nacken, die in die inhaltliche Autonomie hineinzureden versucht hat. Es war ein permanenter Kampf um Hoheit. Bei Electronic Beats gibt es diesen Kampf nicht.

Im Interview: Max Dax

Jahrgang 1969, war von 2007 bis 2010 Chefredakteur des Musikmagazins Spex. Seit 2011 ist er Chefredakteur von Electronic Beats, dem Corporate-Publishing-Magazin der Telekom.

Bands werden von Jack Daniels oder in Norwegen von Ölunternehmen gesponsert, Popdiskurshefte von Modelabels oder Telekommunikationsunternehmen. Was bedeutet das für Popkultur als subversive Kultur oder Gegenkultur?

Wir thematisieren im Heft Künstler, die auf den Electronic-Beats-Festivals auftreten. Aber in der deutschen Erstausgabe finden sich auch Namen wie Christoph Schlingensief, Sun Ra und eine Reportage über die Tarantellen der Mafia — die alle nicht von der Telekom gesponsert werden.

Früher, zur Zeit von Joseph Beuys, gab es Kultursponsoring noch nicht, wie wir es heute kennen. Heute muss auch fast jedes Museum eine Art von Handel eingehen. Und wie bei jedem Handel gilt: Wenn man den erfolgreich bestreitet, kann dies einer Kuration den entscheidenden Spin geben. Es ist eine Frage, wie man’s macht. Im Idealfall werden wir international zu einem Vorbild, das zeigt, was man im Corporate Publishing eigentlich alles verwirklichen kann.

Ist Corporate Publishing die Zukunft?

Corporate Publishing ist auf alle Fälle nicht der Teufel. Keines der Modelle, wie Zeitschriften sich refinanzieren, ist per se gut oder schlecht. Bei uns thematisieren wir den Umstand des Corporate Publishing offensiv, es wird teilweise in den Texten darüber gesprochen.

Sie kriegen einige Themen von der Telekom gesetzt, richtig?

Ja, das stimmt. Unser Titelinterview mit Alison Goldfrapp zum Beispiel gibt es, weil sie in Köln auf einem unserer Festivals Headliner ist.

Trotz dieser Einflussnahme sind Sie inhaltlich sehr weit vom Mainstream weg mit Electronic Beats.

Die englische Ausgabe ist mit diesem mainstreamfernen Inhalt sehr erfolgreich. Wir werden weltweit auf das Heft angesprochen - eine schöne Anerkennung.

Was ist das Neue an den Formaten?

Neu ist nichts. Ich wollte immer schon ein sehr gutes Interviewmagazin herausgeben. Es wird gesprochen – und sonst nichts. Wir reisen um die Welt um diese Interviews möglich zu machen und fotografieren selbst. Ich suche immer die Klarheit, vielleicht analog zur sogenannten „reinen“ Küche, die auf nicht zu diskutierenden Traditionslinien und erstklassigen Zutaten fußt. Wie eine gute Spaghetti Bolognese. Die Basis jedes Texts ist bei uns ebenso einfach: Zwei Leute reden miteinander. Das ist die Urform jeder Kommunikation.

Bei den „Empfehlungen“ – den Reviews – gibt es oft einen sehr persönlichen Zugang. Könnte man das Neuen Subjektivismus nennen?

Nein, da wehre ich mich gegen. Denn die Autoren, die bei uns zu Wort kommen, haben alle einen Namen, sind teilweise weltberühmt und haben somit einen gewichtigen Resonanzkörper. Die Empfehlungen sind übrigens nie geschrieben, immer basieren sie auf mündlichen Erzählungen, die von einem Moderatoren zu Protokollen editiert werden.

Sie haben ziemlich viele alte Protagonisten in Ihrer Ausgabe.

Ja, wir umarmen jeden Menschen, der die Welt gesehen hat. Wir haben eine hohe Dichte an Pionieren im Blatt. Wir interviewen auch viele junge Künstler, aber wir sträuben uns gegen den Jugendwahn.

Nostalgie also?

Nein, wir fordern diese Gesprächspartner ja heraus. Es zählt deren Lebenswerk und deren Erfahrung.

Für wen machen Sie das Heft? Haben Sie eine Klientel vor Augen?

Ich glaube nicht an Zielgruppen. Ich glaube, dass jede Klientel sich ihr Medium sucht und nicht umgekehrt. Ich will so überzeugende Arbeit zu leisten, dass das Magazin wahrgenommen wird.

Sie werden mit Ihrem Heft nun zum Konkurrenten der Spex".

Erst durch Konkurrenz kann man besser, kann man mutiger werden und Neues ausprobieren. Wir konkurrieren hoffentlich fruchtbar in Auffassungen von Layout oder Fotografie.

Obwohl Sie in der Fotografie ja noch am Konventionellsten sind.

Finden Sie? Nennen Sie mir ein Heft, das so dokumentaristische Porträts druckt wie wir.

Naja, dokumentarische Bildstrecken auf den ersten Seiten eines Magazins sind jetzt nicht so neu.

Okay, das stimmt. Aber das sind auch keine Porträts.

Dass Ihr Kioskstart mit dem Ende von „De:Bug" einhergeht, ist reiner Zufall?

Ehrlich gesagt: Ein trauriger Zufall. Ich habe Sascha Kösch auch sofort angerufen und ihm gesagt, dass jedem Ende auch ein Anfang innewohnt. Ich habe ihm angeboten, Online eine Rubrik einzuführen, die man Re:Bug nennen könnte, um einige Autoren aufzufangen und den Gang der De:Bug ins Digitale zu begleiten. Mal sehen, was daraus wird.

Lesen Sie noch klassische Musikzeitschriften?

Keine einzige.

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