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Maskenstreit um Minister Jens SpahnNoch schlechter als behauptet

Das Gesundheitsministerium hat Corona-Masken nachlässig geprüft. Die interne Test-Anleitung zeigt nun, wie viele Schritte dabei wirklich fehlten.

Spahn mit Schutzmask: In seinem Prüfverfahren fehlten vier wesentliche Schritte Foto: dpa

Berlin taz | Das Gesundheitsministerium hat Corona-Schutzmasken für Arztpraxen, Pflegeheime und andere Einrichtungen noch weniger sorgfältig getestet, als es selbst seit Tagen behauptet. Das geht aus der Test-Anleitung für sogenannte CPI-Masken hervor. Das Ministerium von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte das Dokument lange unter Verschluss gehalten, veröffentlichte es am Donnerstag kurzzeitig auf seiner Homepage, entfernte es dann aber kommentarlos wieder. Nur über den Google-Zwischenspeicher war es am Freitag weiterhin abrufbar.

Es geht dabei um Masken, die das Ministerium im Frühjahr 2020 importieren ließ, also zu Beginn der Coronapandemie. Auf dem Markt gab es damals zu wenige Masken, die nach der europäischen CE-Norm geprüft und damit garantiert sicher waren. Die Bundesländer hatten deshalb ein temporäres, abgespecktes Testverfahren entwickelt („CPA-Verfahren“). Das Gesundheitsministerium wiederum entwickelte für seine Masken gemeinsam mit dem TÜV Nord einen noch weniger strengen Test, das CPI-Verfahren.

Der genaue Ablauf des Tests war bisher unbekannt. Die Anleitung, den sogenannten Prüfgrundsatz, wollte das Ministerium auf Presseanfragen hin nicht veröffentlichen. Einige Angaben machte es nur in einem am letzten Wochenende veröffentlichten „Faktenblatt“. Die CPI-Prüfung sei so gut wie deckungsgleich mit der CPA-Prüfung, heißt es darin. Nur ein unnötiger Prüfschritt fehle komplett, ein anderer sei gleichwertig ersetzt. Wie die nun öffentlich gewordene Testanleitung zeigt, stimmt das nicht. Die Prüfverfahren unterscheiden sich in vier Punkten ganz wesentlich.

Kennzeichnung: Das CPA-Verfahren der Länder sah vor, dass Hersteller und Modell auf den Masken oder der Verpackung korrekt angegeben sein müssen. Auch eine kurze Anleitung zum An- und Ablegen war Pflicht. Außerdem durften die Masken nicht fälschlicherweise als nach CE-Norm geprüfte FFP2-Masken gekennzeichnet sein.

Auch im CPI-Prüfgrundsatz gibt es dieses Kapitel. Darüber steht jedoch: Das Ergebnis wird nur notiert und hat keine Auswirkung auf das endgültige Testergebnis. Das Verbot eines falschen „CE“- oder „FFP2“-Aufdrucks ist gar nicht explizit aufgeführt. Dabei sind die Angaben wichtig, damit sich Nut­ze­r*in­nen nicht in falscher Sicherheit wiegen, wenn sie gefälschte oder mangelhafte Masken erhalten haben.

Festigkeit: Im CPA-Verfahren wird mit einem starken Pinsel zehn Mal über die Maskeninnenseite gestrichen. Es dürfen sich keine Partikel oder Fasern lösen.

Im CPI-Verfahren fehlt dieser Schritt. „Beschaffenheit und Festigkeit werden während weiterer ausführlicher Prüfungen getestet“, steht an der entsprechenden Stelle nur. Im weiteren Verlauf taucht aber kein Prüfschritt auf, der den Pinseltest ersetzen kann.

Gebrauchssimulation: Der Kern beider Testverfahren ist die Prüfung der Filterwirkung. Mit Kochsalzlösung wird geprüft, wie viele Partikel die Filter durchlassen. Im CPA-Verfahren werden die Masken vorher zwanzig Minuten lang durch eine Maschine mit warmer, nasser Luft beatmet. Die Filter müssen in der Praxis schließlich auch noch funktionieren, wenn die Maske schon eine Weile in Gebrauch war.

Im CPI-Verfahren fehlt dieser Schritt. Das Gesundheitsministerium hatte das in seinem „Faktenblatt“ zwar schon zugegeben, aber behauptet, „feuchtigkeitsabweisende Eigenschaften“ würden anderweitig geprüft. Durch einen nicht näher beschriebenen Test werde geprüft, ob „die Filter der Masken bei Kontakt mit Aerosolen durchfeuchtet werden und damit die Schutzwirkung eingeschränkt ist“. Das stimmt aber nicht. Der Kochsalz-Test wird laut Prüfgrundsatz mit „fabrikfrischen“ Masken durchgeführt. Eine andere spezielle Feuchtigkeitsprüfung wird nicht aufgeführt.

Temperaturkonditionierung: Im CPA-Verfahren werden die Masken vor dem Test mit der Kochsalzlösung auch 24 Stunden bei 70 Grad gelagert. Laut Arbeits- und Sozialministerium sollen sie dadurch voraltern. So wird geprüft, ob die Masken auch noch gut genug sind, nachdem sie längere Zeit unter schlechten Bedingungen transportiert oder gelagert wurden.

Auch dieser Schritt fehlt im CPI-Verfahren. Wie gesagt: Der Kochsalz-Test wird hier an fabrikneuen Masken durchgeführt. Immerhin: Zumindest diesen fehlenden Schritt hatte das Gesundheitsministerium auch schon in seinem Faktenblatt angegeben – mit der Rechtfertigung, im Pandemie-Alltag trage niemand seine Maske bei 70 Grad.

Seit Tagen in der Kritik

Jens Spahn und sein Gesundheitsministerium stehen im Zusammenhang mit den CPI-Masken seit Tagen in der Kritik. Die nach dem niedrigen Standard getesteten Masken hatte das Ministerium unter anderem an die Bundesländer, die Kassenärztlichen Vereinigungen, Pflegeheime und Asylunterkünfte geliefert.

Die Verteilung startete, als es zu Beginn der Pandemie noch an ordentlich geprüften Masken mangelte. Sie lief aber auch noch im Herbst und Winter, als es eigentlich schon genügend nach CE-Norm geprüfte FFP2-Masken gab, auch aus deutscher Produktion.

Für Empörung hatte vergangene Woche ein Spiegel-Bericht gesorgt, demzufolge das Ministerium restliche CPI-Masken noch Anfang 2021 an Obdachlose und Menschen mit Behinderung verteilen wollte. Das scheiterte allerdings am Veto des Sozialministeriums. Inzwischen sind übriggebliebene Masken in der nationalen Reserve eingelagert.

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13 Kommentare

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  • Die Masken scheinen doch trotz abgeschwächtem Prüfverfahren besser zu sein als OP Masken. Ich versteh den Aufschrei hier nicht. Ich kenne viele Studenten, die noch OP Masken nutzen, weil die anderen viel teurer sind. Ich selbst habe nur FFP2, weil ich die letzte Maske nach meiner Arbeit im Testzentrum mitnehme. Davor hätte ich dankend auch Masken genommen, die nicht mit nem Pinsel auf Fusseln getestet wurden.

    • @Orzo:

      Wenn die Masken mit einem Warnhinweis ausgegeben worden wären "Besser als OP-Maske, aber erreicht nicht den Schutz einer FFP2", dann wäre das in Ordnung gewesen.

      Aber das wurde nicht gemacht; sie wurden als vollwertige FFP2-Masken verteilt.

      Zudem wurden etliche Chargen Masken minderer Qualität bei einer Vielzahl von Lieferanten eingekauft; besser als OP-Masken waren nur die besseren davon. Die schlechteren waren schlechter als ein Stofftuch.

    • @Orzo:

      Klar sind diese Masken besser wie das meiste selbst genähte.

      NUR: hätte man diese China-Billig-Ware (die Chinesen können auch hohe und sehr hohe Qualität, hängt einfach davon ab, was man bestellt und akzeptiert!) als solche bezeichnet und den dafür passenden Preis bezahlt, wäre aus meiner Sicht alles völlig in Ordnung.

      ABER: für minderwertige, nur teilweise verwendbare Ware total überhöhte Preise nicht zu akzeptieren, sondern auch zu bezahlen und dann mit billigen "Taschenspieler-Tricks" das versuchen zu vertuschen, das würde ich in der Privatwirtschaft gerade noch akzeptieren (aber die Verantwortlichen dafür anschließend rauswerfen), als Regierung geht so etwas überhaupt nicht, zeigt einfach nur auf, dass diesem Personenkreis ihre Verantwortung völlig egal ist.

    • @Orzo:

      ich denke, gerade dieser fusseltest ist etwas vom wichtigsten. stelldir die leute in pflegeberufen vor, die die maske jeden tag, die ganze zeit über aufhaben müssen. und das bei ständiger bewegung. die eingeatmeten fussel von schlechten masken können da zu einem echten risiko werden.

  • 9G
    97287 (Profil gelöscht)

    Um was ging es eigentlich? Ging es darum, klar erkennbare , nicht optimale Masken den Bedürftigen zukommen zu lassen( analog den minderwertigen Lebensmitteln die über die Tafel verteilt werden oder den hunderten Tonnen Gebrauchtklamotten für Moria incl. Schlafsäcken und ausgelatschtere Schuhen) oder ging es darum schnellstmöglich auch den Bedürftigen einen Schutz zukommen zu lassen?

    • @97287 (Profil gelöscht):

      was soll das für ein vergleich sein? die lebensmittel der taffel sind in der regel nicht minderwertig. gebrauchte kleider schützen genausogut vor kälte und intimen blicken wie neue.



      ausserdem geht es hier nicht um private organisationen, die sich um hilfe für bestimmte gruppen kümmern, sondern um ungleichbehandlung eines staates.

      und die hauptkritik ist doch, dass hier ein politiker mehrmals schamlos die bevölkerung angelogen hat.

      • @daniel77:

        Na ja Ungleichbehandlung würde aber voraussetzen, dass alle anderen Gruppen (also die "Nicht-Bedürftigen") gute Masken bekommen sollten. Das gab es aber nicht. Es sollte für "Bedürftige" die weniger/unzureichend getesteten Masken geben und für "Nicht-Bedürftige" gar keine. Von daher ist der Verglich mit den Tafeln nicht so schlecht.

        • @Strolch:

          Die "Nicht-Bedürftigen" sollten sich ihre FFP2-Masken selbst besorgen, da sie das nötige Kleingelt haben. Und im allgemeinen Handel wurde solche Schrottware, wie Spahn sie als höchstwertig ausgeben ließ, in der Regel nicht angeboten.

          Die "Bedürftigen" waren finanziell nicht in der Lage, sich im Handel einzudecken, und waren somit gezwungen, minderwertige Ware zu nutzen, und dazu noch getäuscht, sie würden genauso gute Masken kriegen wie jeder Mensch mit mehr Geld.

    • @97287 (Profil gelöscht):

      Sie haben Recht, wenn Sie auf eine differenziertere Betrachtung des Sachverhaltes hinweisen. Das wäre bei sehr vielen Sachverhalten angezeigt, wird aber nicht gemacht.

      Nichtsdestoweniger ist das "wie", das Herr Spahn hier wohl (wieder?) anwandte, tendenziell verabscheuenswürdig. Aber gut, ich für meinen Teil bin von der Union nichts anderes gewohnt.

  • Als Unionschrist sollte Jens Spahn seinem Schöpfer danken, daß er nicht als Frau geboren wurde. Als solche wäre seine Karriere weniger steil verlaufen. Und zusatzlich müßte er sich Fragen nach seiner Qualifikation anhören. Aber so darf er weiter murksen. Der bisherige Rekordhalter in Sachen Murks im Amt, Andreas Scheuer, hat gigantische Beträge verdaddelt. Die Summe der von Spahn verschwendeten Steuermittel dürfte die Scheuer'sche inzwischen übertreffen. Als Bundes'gesundheits'minister hat er neben den Euromilliarden noch eine Währung: die Gesundheit und das Leben der Bundesbürger. Leider wird er bis zum Ende der Amtszeit weiter das Leben und Geld der Steuerzahler aufs Spiel setzen. Mutti Merkel wird weiterhin sträflich nachsichtig sein.

    • @hinnerk untiedt:

      Hmm… Ob Homosexuelle Männer weniger Vorurteile und Ungleichbehandlung ertragen müssen als Frauen? Ich bin weder Frau noch homosexuell, daher kann ich es nicht aus eigener Anschauung beurteilen. Aber ein dickes Fragezeichen sehe ich da schon.

    • @hinnerk untiedt:

      "daß er nicht als Frau geboren wurde. Als solche wäre seine Karriere weniger steil verlaufen. Und zusatzlich müßte er sich Fragen nach seiner Qualifikation anhören"

      Steile These, sehr, sehr steile These.

      Haben Sie schon mal von einer gewissen Frau von der Leyen gehört?

      "Mutti Merkel"

      Bin sicher kein Fan von der Frau, aber bislang waren alles Idioten, die sie als "Mutti" bezeichnet haben. Denken Sie da mal drüber nach.

      • @anteater:

        Demnach wäre vdLeyen und Merkel Beispiel genug, dass es keine gesellschaftliche Ungleichbehandlung von Frauen gibt ?



        Demnach wäre (Spahn und Wowereit und Streeck) Beispiel gegen Diskrimierung von Schwulen.

        ...selber steile These :-D