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Masken und AusgrenzungWir sind aber nicht so!

Mund und Nase bedecken ist nicht gleich Mund und Nase bedecken. Aber ob Verschleierung oder Mundschutz, beides wird rasch zur „Kultur“ erklärt.

Soldaten der Ehrenkompanie des Österreichischen Bundesheeres am Freitag Foto: Alex Halada/imago

A nfang des Jahres kündigte in Österreich die neue Integrationsministerin Susanne Raab an, gleich in den ersten 100 Tagen eine Dokumentationsstelle für politischen Islam und die Ausweitung des Kopftuchverbots bis 14 Jahre auf den Weg bringen zu wollen. Sogar ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen stellte sie in den Raum. Doch dann kam Corona und plötzlich hieß es statt Kopftuchverbot Mundschutzgebot. Wer etwa im Supermarkt und in den öffentlichen Verkehrsmitteln Mund und Nase nicht bedeckt, dem drohen hierzulande jetzt 25 Euro Strafe.

Hm, Mund und Nase bedecken, da war doch schon einmal was? Am 1. Oktober 2017 trat das Vermummungsverbot in Österreich in Kraft – ein Verstoß gegen das Gesichtsverschleierungsgesetz, das auf verschleierte streng muslimische Frauen abzielte, wurde mit einer Strafe von 150 Euro geahndet. Vom Vermummungsverbot zum Vermummungsgebot – so schnell kann es gehen, ganz ohne Islamisierung.

Ende März appellierte Bundeskanzler Sebastian Kurz an die Bevölkerung, auf Mundschutz zu setzen, machte aber deutlich: „Das ist nicht Teil unserer Kultur.“ Es geht also nicht ganz ohne Ab- beziehungsweise Ausgrenzung: Ja, viele Asiaten tragen es schon länger aus hygienischen, einige Musliminnen aus religiösen Gründen, wir aber sind nicht so wie sie – so der Tenor.

Da macht man so lange Stimmung für ein Verschleierungsverbot, richtet einen großen Teil seiner politischen Agenda darauf aus, als wäre der Anblick einer voll verschleierten Frau, von denen es hierzulande nur eine kleine Anzahl gibt, lebensbedrohlich, und jetzt rettet man in diesem „Aufzug“ auf einmal Leben? Und während man sich alljährlich über respektlose Musliminnen und Muslime aufregt, die anderen nicht die Hände schütteln, verzichtet seit März praktisch die ganze Welt auf den Händedruck und das Abendland steht trotzdem noch, vielleicht gerade deswegen.

Hauptsache, bedeckt

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich kann nicht nachvollziehen, wieso sich Frauen komplett verschleiern, aber wir sehen doch gerade jetzt, dass es die „westlichen Werte“ nicht gefährdet, wenn man Mund und Nase nicht mehr sieht. Eine Vollverschleierung schadet den betroffenen Frauen und ihrer Freiheit, die aber durch ein Verschleierungs- oder Kopftuchverbot noch mehr eingeschränkt wird. Ein Verbot drängt die betroffenen Frauen lediglich aus dem öffentlichen Raum. Ein Verbot „dient“ nur uns unverschleierten Menschen, die wir andere als uns nicht sehen wollen.

Eigentlich absurd, dass die Coronakrise, die die Welt lahmlegt, für verschleierte Frauen eine sichere Zeit ist, weil sie draußen nicht von Fremden bespuckt oder bedroht werden. Ihre Bekleidung wird als Mund-Nasen-Schutz hingenommen. Weltweit schneidern Menschen gerade die kreativsten Masken, der Optik sind dabei keine Grenzen gesetzt. Solange sie Mund und Nase bedeckt, wird plötzlich auch die Burka akzeptiert.

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Melisa Erkurt
Autorin "Generation haram", Journalistin, ehemalige Lehrerin, lebt in Wien
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2 Kommentare

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  • Äpfel und Birnen. Das eine ist eine rationale Maßnahme, um die Gefahr der Ansteckung durch einen noch wenig erforschten Virus einzudämmen. Das andere ist für mich eine Ausgrenzung und Unsichtbarmachung von ausschließlich Frauen unter dem Vorwand einer Religion.

  • 8G
    80336 (Profil gelöscht)

    Sehr fein beobachtet. Chapeau!

    Selbstloses und uneigennütziges Handeln, bis vor kurzem noch in kargem Nischendasein überlebend, nun binnen Monatsfrist exponentiell wachsend zum Mainstream mutiert? Logo, und morgen legen alle Hühner viereckige Eier.



    Wohl eher wird jenes, was nur als Fremdschutz gedacht, irrtümlich als Selbstschutz eingesetzt. Daher näherliegend die Vermutung, dass es sich dabei um eine vorübergehende Mutation des klerikalen Xenophoben zum mysophoben Altruisten handeln dürfte.