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Markus Söders Corona-ManagementHochmut und Fall

Lukas Wallraff
Kommentar von Lukas Wallraff

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat stets den Corona-Chefchecker gegeben. Nach den Pannen muss er leiser sein. Doch Verwandlungen liegen ihm.

Ein Bayer in der Krise Foto: Peter Kneffel/dpa

W er viel macht, der macht auch Fehler: So könnte Markus Söder die Panne bei den Coronatests in Bayern eigentlich relativ locker aussitzen. Es ist zwar peinlich und potenziell gefährlich, dass die Behörden 900 positiv getestete Reiserückkehrer tagelang nicht über ihre Testergebnisse informierten. Aber immerhin wurden die Urlauber in Bayern überhaupt systematisch getestet, während andere Länder das lange nicht so dringlich fanden.

Für Söder ist die Testpanne trotzdem ein ernstes Problem, zumal auch die Missstände in einem coronaverseuchten bayerischen Gemüsehof immer deutlicher werden. Tönnies lässt grüßen. Aber Söder ist nicht einer von vielen Corona­entscheidern, die sich durch die Krise wurschteln. Er wirkte seit Beginn der Pandemie besonders fleißig, entschlossen und streng, er inszenierte sich aber auch besonders eitel als Corona-Chefchecker der Republik und Bayern als Mutterland der Corona-Expertise. Söder genießt unverhohlen seine Favoritenrolle unter den möglichen Kanzlerkandidaten der Union und formulierte selbst als Anspruch für dieses Amt: „Nur wer Krisen meistert, wer die Pflicht kann, der kann auch bei der Kür glänzen.“ Was als Spitze gegen den angeblich zu lockeren Armin Laschet gemeint war, fällt nun auf Söder selbst zurück.

Wie heikel die Testpanne für den CSU-Chef ist, zeigt seine Absage der lange angekündigten Wattwanderung in Schleswig-Holstein, die viele als Zeichen für bundespolitische Ambitionen interpretierten. Daraus wird nun das Gegenteil: Söder muss in Bayern bleiben! Heißt das: Für immer?

Der oft gehörte Appell, man solle die nötige Corona-Sachpolitik nicht mit der Personalpolitik der Parteien vermengen, ist albern. In einer Zeit, in der es zu gefühlt 90 Prozent um Corona und die Folgen geht, werden natürlich auch potenzielle Kandidaten an ihrer Coronapolitik gemessen. Woran denn sonst?

Schwieriger Rollenwechsel steht bevor

Spätestens seit dem bizarr protzigen Auftritt mit der Kanzlerin im Königsschloss Herrenchiemsee eignet sich Söder für eine Geschichte von Hochmut vor dem Fall wie aus dem Bilderbuch. Seine Rivalen würden daran gerne mitschreiben.

Wenn der Franke aber eins wirklich kann, dann sich selbst verwandeln. So wurde aus dem Asylhardliner ein Unions-Versöhner. Jetzt hat Söder wieder einen schwierigen Rollenwechsel vor sich. Seine Beliebtheit verdankt er vor allem seinem Coronamanagement. Den lauten Angeber kann Söder dabei aber vorerst nicht mehr spielen. Was dann? Einen demütigen Dazulerner? Kaum vorstellbar. Also wird er wohl irgendwie herumlavieren – wie die meisten anderen. Aber reicht das, um die Nummer eins der Union zu bleiben?

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Lukas Wallraff
taz.eins- und Seite-1-Redakteur
seit 1999 bei der taz, zunächst im Inland und im Parlamentsbüro, jetzt in der Zentrale. Besondere Interessen: Politik, Fußball und andere tragikomische Aspekte des Weltgeschehens
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11 Kommentare

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  • Es gibt sicher zig Gründe, einen Seehofer nicht als Kanzler haben zu wollen. Und trotzdem find ichs irgendwie zu durchsichtig, jetzt diesen Fehler im Umgang der bayrischen Behörden mit den Corona Tests zu Frage nach der Eignung als Kanzlerkandidaten aufzublasen. Da fallen mir ganz andere, galubwürdigere Punkte ein.

    Und wenn gleichzeitig vom "angeblich zu lockeren Laschet" die Rede ist, dann wirds noch viel schlimmer. Man muss schon beide Augen zusammenkneifen, um nicht zu sehen, wieviel mehr Gewurschtel und Fehler da in NRW bei der Pandemie Bekämpfung gemacht wurden und werden.

  • Um die Frage am Schluss des Artikels zu beantworten: NEIN - natürlich reicht das in keiner Weise. Herr Söder ist - obwohl er in vielen Medien in den letzten Wochen und Monaten in unsäglicher Art und Weise hochgeschrieben worden ist - endlich auf dem Boden der Tatsachen gelandet und diese Tatsachen beinhalten einen allenfalls durchschnittlichen Politiker, der sich durch flotte Sprüche und Hybris sowie eine gewisse bajuwarische Arroganz (wie man sie auch vom FC Bayern kennt) lediglich hervorragend zu verkaufen wusste und weiß. Jetzt zeigt sich deutlich: Große Sprüche und großer Anspruch, aber relativ wenig dahinter und wer ein wenig geübt darin ist den Blick hinter die Kulissen zu werfen, der wusste das in diesem Fall auch schon vorher. Für Söder ist und war das Kanzleramt schon immer erkennbar einige Nummern zu groß. Er mag einen ganz passablen Ministerpräsidenten in Bayern abgeben, aber zu mehr reicht das nicht. Was hier vorgefallen ist, das ist auch nicht bloß ein ärgerlicher Fehler, sondern das ist ein handfester Skandal, für den in Bayern natürlich auch wieder niemand die politische Verantwortung zu übernehmen bereit ist. Auch das disqualifiziert Söder für das Kanzleramt. Es ist gesund, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen und es ist auch gesund, dass sich Schaumschlägerei und Hybris über kurz oder lang auch immer als das erweisen, was sie sind - nämlich keine guten Eigenschaften.

    • @Anselm Wenzke:

      Dieser kleine Ausrutscher wird für Söder kein Problem darstellen, da die Medien ihn zum Kanzler machen wollen. Damit wird der Fall schnell vergessen sein.



      Die Sache erinnert viel mehr daran, dass die wenigsten Infizierten tatsächlich krank werden...

      • @wollewatz:

        Es ist traurig, aber Sie haben vollkommen Recht.



        Die Volksverdummung durch die



        bayerische Medienmacht schreitet munter voran.



        Dabei hat uns die Geschichte doch sehr deutlich gelehrt, was Politiker von München, nach Berlin kommend bewirkt haben.



        Damals war es nicht die bayerische Medienmacht, sondern das Reichspropagandaministerium.



        Tipp:



        Es wäre ein Kanzler von Nöten, der die CSU in die Schranken weißt.



        Und zu guter Letzt:



        Es ist nahezu lächerlich, das eine Regionalpartei die Geschicke der Bundesrepublik leitet.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Söder hat bis jetzt jeden Mißerfolg als Erfolg verkaufen können. Er hat jede Menge Deutsche aus Ischgl nach Bayern einreisen lassen, ohne auch nur den Versuch zu machen, zu verhindern, dass sie niemanden anstecken. Danach hatte Bayern (bis heute) die höchste Corona-Dichte und Söder musste die härtesten Massnahmen umsetzen. Dafür wurde er geliebt, weil diejenigen vom Untertanengeist beseelten Deutschen in der Krise, wenn sie fühlen, dass der "Volkskörper" von unsichtbaren Mächten bedroht wird, sich nach einer autoritären Führergestalt sehnen. Umfragen gemäß ist das die Mehrheit.



    Jetzt wird er sich als gütigen, großherzigen Landesvater inszenieren, der seine persönlichen Interessen hintanstellt, heldenhaft aus dem Urlaub zurückkehrt, die Zügel in die Hand nimmt und der Frau im Gesundheitsministerium für ihre Schlampigkeit vergibt, wenn sie nur schnell die Reinheit des "Volkskörpers" wiederherstellt. Auch dafür wird er geliebt werden.

  • Söder hat Urlaubsrückkehrern einen kostenlosen Test anbieten lassen. Andere machen das überhaupt nicht. Dort wird überhaupt kein Infizierter entdeckt. In Bayern hat es jetzt Anlaufschwierigkeiten mit dieser Leistung gegeben. Schade aber letztlich: Na und! Seine Vorgabe war trotzdem richtig. Viele haben ihr leider positives Ergebnis erfahren, die anderen werden es auch noch, wenn die Zettel entzifferbar sind. Und das wird sich rasch einpendeln.

  • Söders von sehr starkem Machtstreben geprägtes Handeln mit einer Panne, die er nicht verursacht hat, ist nicht in ein paar Absätzen korrekt zu beschreiben. Da müssen dickere Bretter gebohrt werden: Er geriert sich als Taktgeber der Kandidatenkür, nicht nur in der CSU, natürlich in der Union, sogar der SPD will er Vorschriften machen. Das lässt ganz klar den Schluss zu (entspricht auch seinen Aussagen), dass CORONA dazu diente, ihn nach oben zu tragen. Die Schreibenden machten fast überall ohne genaue Kenntnis seines Handelns mit. Die bundesweite Kandidatur, die er bisher immer abgelehnt hat, muss ihm geradezu angetragen werden. Versagen bedeutet dann automatisch die Schuld der Anderen. Grüne als Verbotspartei verteufeln um dann selber der Verbotsfetischist zu werden (einzeln auf Parkbänken Lesende werden von der Polizei aufgemischt), ab dem 20.3., nachdem bis zum 16.3. (Auszählung der Kommunalwahl mit Zigtausenden ohne irgendwelche Schutzmaßnahmen) nichts passierte. Beiwerk: Kreuze in allen Rathäusern und schwarzrotgoldene Mund-Nasentücher. Die blauweißen haben dann fertig.

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Er stellt sich vor seine Ministerin.



    Das finde ich gut.



    Ich bin kein Söder-Fan.



    Aber, wo gehobelt.....



    Bleibt mal aufm Teppich.

  • "Aber reicht das, um die Nummer eins der Union zu bleiben?"

    Ja, das reicht. Ihr werdet ihn wählen. Oder diejenigen, die ihn zum Kanzler machen werden.



    Derzeit regiert die Angst und dann kriegt man eben so einen Kanzler.

  • Ich würde mal sagen, er könnte irgendwann seinen Trumpf ausspielen:



    Man stelle sich vor, die CSU gäbe grünes Licht, Andi Scheuer abzuschießen - Gründe liefert der ja täglich - Der Rest der großen Koalition würde sich freuen, den zustimmungshemmenden Betonklotz am Bein los zu werden...



    Wenn Söder das mit einem markigen Spruch wie "Unsre Moass is fei aweng größer als anderswo - aber des Moass is jetz full" ankündigt, ist seine blau-weiße Welt wieder in Ordnung....

  • Das verzögert seine Pläne für eine Kandidatur doch nur eine Legislaturperiode, im Höchstfall zwei. In Deutschland kann ja auch jemand der eine zentrale Rolle in einer der größten Parteispendenaffähren der CDU spielte noch Bundesfinanzminister werden. Ohne dass diese jemals vollständig aufgeklärt wurde. Da ist das mit den Tests doch eher Kindergarten im Vergleich