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Markt der NetzentgelteDifferenzierung ist nötig

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Die Bundesnetzagentur will die Kosten für Netzanschlüsse von Unternehmen regional differenzieren. Das ist richtig, aber zu wenig.

Alles so schön bunt hier: Wärmebild von Überlandleitungen bei Ludwigsburg Foto: Arnulf Hettrich /imago

W o große Stromverbraucher sich ansiedeln, muss oft das Netz verstärkt werden. Dafür stellen die Netzbetreiber den Unternehmen in vielen Fällen einen einmaligen Baukostenzuschuss in Rechnung – so weit, so sinnvoll. Verursacherprinzip halt. Nun hat die Bundesnetzagentur ein Konzept erarbeitet, wonach Unternehmen künftig in unterschiedlicher Höhe an den Netzkosten zu beteiligen sind – „je nachdem, wie vorteilhaft die Ansiedlung an dem jeweiligen Standort für das Gesamtsystem ist“. Konkret soll der Baukostenzuschuss in fünf Stufen zwischen 20 und 100 Prozent variieren, abhängig davon, ob am betreffenden Netzknoten zusätzliche Verbraucher erwünscht sind oder eher nicht. Eine Karte der Aufsichtsbehörde zeigt, wo neue Verbraucher passend wären (im Norden) und wo weniger (im Süden und Westen).

Grundsätzlich ist die Idee richtig, aus den physikalischen Gegebenheiten des Stromnetzes Preisanreize für die Ansiedlung von Unternehmen abzuleiten. Und doch wirkt der Ansatz der Netzagentur hilflos, weil längst ein viel größerer Wurf nötig ist: Deutschland braucht eine grundsätzliche regionale Differenzierung des Strommarkts. Nicht nur die einmaligen Anschlusskosten für Großverbraucher benötigen eine regionale Komponente, sondern vor allem die Strompreise. Es gebietet die Ökonomie, dass an Orten und zu Zeiten des Überflusses der Strom billiger wird – und an Orten der Knappheit teurer.

Das gilt mehr denn je für die Elektrolyseure, die künftig überschüssigen Grünstrom zur Herstellung von reinem Wasserstoff nutzen sollen. Heute bekommt ein Elektrolyseur im Süden die Kilowattstunde an der Strombörse zum gleichen Preis wie sein Pendant in Norddeutschland. Denn gemäß der verqueren Architektur des deutschen Strommarktes spielt es keine Rolle, wo Erzeuger und Verbraucher stehen. Physik? Ach wo! Diese Ignoranz gegenüber den Naturgesetzen wird man auf Dauer nicht mehr halten können. Hoffentlich bringt der Vorstoß der Netzagentur die Debatte darüber voran.

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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2 Kommentare

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  • korrekt. Zu jeder Stunde muss für jede kWh ein individuelles Netzentgeld errechnet werden abhängig davon wie weit sie reisen musste. Mit moderner Technik ist das gar kein Problem. Die Einheitszone stammt aus der Zeit wo man das schlicht nicht messen konnte und die Überwachuns aus: "Am Kraftwerk kucken ob Frequenz runter oder hochgeht und das per Telefon kommunizieren" bestand.

  • Zahlt ein Stadtwerk das den Solarstrom im eigenen Netz vom Erzeuger zum Verbraucher weiterleitet eigentlich auch die vollen Netzentgelte?