Maria und Josef als Problemcouple: Die heiligen Doppelverdiener
Als Handwerker und Gottesmutter hatten Josef und Maria immer viel zu tun. Einmal haben sie ihr Kind sogar einfach vergessen. Machte aber gar nichts!
O b man das Hl. Paar als hippen Doppelverdienerhaushalt bucht, kann jeder selbst entscheiden. Ich denke aber, dass es gute Argumente dafür gibt: Schließlich hat Josef einen ordentlichen Beruf als Schreiner beziehungsweise, je nach Auslegung des griechischen Worts „tekton“ im Neuen Testament, sogar als Architekt; und Maria ist als Mutter Gottes und Himmelskönigin eh eine echte Führungskraft.
Man kann bei ihr an die immer wieder mal thematisierten Schwierigkeiten von gut ausgebildeten, gut verdienenden Frauen denken, einen Partner mit gleichem sozialem Status zu finden. So heißt es in einem Artikel der Frankfurter Rundschau – weihnachtlicher Gruß an die gebeutelten, kämpferischen Kolleg:innen! – aus dem Jahr 2017: „Die Ressource gebildeter Mann wird knapper“ und „Frauen wünschen sich als Idealbild des Partners den Alpha-Softie“. Da hat Maria doch mit dem lieben Josef einen echten Treffer gelandet!
Allerdings: Wenn wir der Frankfurter Allgemeinen Zeitung glauben – weihnachtlicher Gruß an die noch jeden Tag eine wunderbare Zeitung machen dürfenden Kolleg:innen! – dann stellen Maria und Josef heute ein Problemcouple dar. „Bei vielen Müttern und Vätern, meist Doppelverdienern, gebe es heutzutage fast schon eine Scheu, Leistung von ihren Kindern einzufordern“, wurde Anfang Dezember in einem Artikel über desaströse Zustände im Schulfach Deutsch eine Lehrerin aus dem Stuttgarter Raum zitiert.
Der implizite Vorwurf („Doppelverdiener“ als Pejorativum in der FAZ ist auch mal was Neues) wird dann nicht weiter ausgeführt, weswegen wir hier frisch und munter interpretieren, wir haben’s ja noch gelernt: Doppelverdiener sind Asoziale, die sich neben ihrer mehr oder weniger einträglichen, mehr oder weniger fanatisch betriebenen Berufstätigkeit auch noch Kinder leisten, die sie aber nicht erziehen, weil sie erstens keine Zeit dafür haben und zweitens deswegen von schlechtem Gewissen geplagt sind.
Zuhören und Fragen stellen
Das erinnert an eine Episode aus Lukas 2, 41, die wir hier kurz zusammenfassen: Josef und Maria ‚vergessen‘ ihren Sohn nach dem mehrtägig gefeierten Pessachfest in Jerusalem. Einen ganzen Tag auf der Rückreise fällt ihnen das nicht auf, dann erst kehren sie um und finden den Buben im Tempel, in der Schule, wenn man so will, „er saß mitten unter den Lehrern, hörte ihnen zu und stellte Fragen.“
Die Eltern machen dem Knaben – aus schlechtem Gewissen, klar – nun Vorwürfe, sie hätten ihn „mit Schmerzen gesucht“. Aber Jesus weist ihre Sorgen zurück, er braucht keine elterliche Hausaufgabenhilfe: „Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?“
Jesus will uns damit sagen: Wenn Vater Staat die Schule, die ja ihm gehört, anständig finanziert und dafür beispielsweise entsprechend gerecht die Vermögenden besteuert – dann dürfen die Eltern ruhig hauptsächlich mit Party beschäftigte Doppelverdiener sein; dann läuft und funktioniert das System gerecht für alle.
Doch genug interpretiert! Meine Lieblingsinvokation für den Hl. Josef ist „Fulcimen in difficultatibus“ (Helfer in Schwierigkeiten); und in diesem Geiste möchte ich sie um eine Spende bitten für das Projekt (DIS)ENCOUNTER.
Hierbei geht es um eine Anschubfinanzierung für eine selbstorganisierte, mobile Grundversorgung am Kreuzberger Mehringplatz, wo 6000 Menschen keine Einkaufsmöglichkeit haben und von Gewerbe und Politik im Stich gelassen werden. Ob es sich bei den Verantwortlichen für diesen Skandal um Doppelverdiener handelt, konnte bis Redaktionsschluss dieser Kolumne nicht geklärt werden. Aber glauben Sie mir – sie tun etwas Gutes: für Fröhliche Weihnachten eben, überall.
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