Marco Carini über neue und alte Kasernen-Namensgeber: Heldenkult bleibt Heldenkult
Mit der geplanten Umbenennung der Emmich-Cambrai-Kaserne beendet die Bundeswehr im Norden Hannovers die unsägliche Rückbesinnung auf die zwischenzeitlichen militärischen Erfolge im Ersten Weltkrieg und deren Protagonisten. Das ist überfällig – aber dennoch kein großer Wurf. Denn die Umbenennung modernisiert nur den Heldenkult der Bundeswehr, statt ihn zu überwinden.
Ein positives Heldengedenken an Soldaten, die für die militärischen Aggressionen in dem vom Deutschen Reich entfesselten Blutbad stehen, ist nicht nur unzeitgemäß, sondern ein historisch wie politisch falsches Signal. Es ist deswegen richtig, Kriegsopfer zu ehren und nicht die Täter, die für Leid und Tod Mitverantwortung tragen.
Trotzdem: Schon seit jeher ist die Verehrung der fürs Vaterland auf dem Feld der Ehre Gefallenen integraler Bestandteil einer militärischen Traditionspflege, die kriegerische Handlungen zu ruhmreichen Taten umdeutet. Wenn die niedersächsischen Grünen sagen, Kasernen sollten nur die Namen von Persönlichkeiten tragen, die sich um Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit verdient gemacht haben, klingt das vernünftig. Das persönliche Pech, der erste im Afghanistan-Einsatz gefallene Feldjäger zu sein, ist keine individuelle Leistung, die eine Auszeichnung verdient.
Gedenken verdienen vor allem jene, die innerhalb der Armeen gegen das sinnlose Morden aufbegehrt haben und ihre Haltung zum Teil mit ihrem Leben bezahlen mussten. Ihr Widerstand gegen Krieg verdient Anerkennung und Würdigung. Vielleicht aber ist das auch der ganz falsche Weg. Denn die Kernkompetenz jeder Armee liegt ja darin, Kriege führen und Menschen zu töten.
Namensgebungen, die das verkleistern, taugen zwar als Imagepflege der Bundeswehr, aber töten und getötet werden in fast immer sinnlosen Kriegen, das ist die Traditionslinie zwischen Reichswehr, Wehrmacht und Bundeswehr. Auch daran gilt es, sich ab und an zu erinnern.
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