Mann des Klerus und der Händler

■ Ali Akbar Nateq Nuri gilt als entschiedener Gegner von Reformen

Er ist das Aushängeschild von Irans Konservativen. Ali Akbar Nateq Nuri, derzeitiger Parlamentspräsident der Islamischen Republik, kann sich auf die Unterstützung zahlreicher Kleriker des Landes verlassen und vor allem der Basaris. Die einflußreiche Händlerschicht, der ein Zuviel an Industrie und Handel außerhalb ihrer Einflußsphäre ein Greuel ist, hofiert den Mann mit dem weißen Turban als ihren Wunschkandidaten. Diese Mischung von Unterstützern macht Nateq Nuri zum chancenreichsten der iranischen Präsidentschaftskandidaten. Ein Sieger mit anderem Namen wäre eine Überraschung.

Für iranische Verhältnisse ist Nateq Nuri ein Muster-Mullah: 1943 im nordiranischen Nur geboren, studierte er in Teheran und Qom und brachte es bis zum Hodschatolislam – einen Rang unter dem des Ajatollahs. Seine Gegnerschaft zum Schah brachte Nateq Nuri eine Verhaftung und den Gang ins libanesische Exil ein.

Nach der Islamischen Revolution wurde Nateq Nuri 1981 Innenminister. Wegen interner Streitigkeiten verließ er das Kabinett wieder, blieb aber Mitglied des Parlaments – von wo aus er sein Machtgeflecht entspann. Zweimal wurde Nateq Nuri Parlamentspräsident, bis ihm seine einflußreichen Fürsprecher nahelegten, sich um die Nachfolgeschaft Rafsandschanis zu bewerben.

Innenpolitisch gilt Nateq Nuri als Gegner von Reformen und jeglicher liberaler Umtriebe. Vor allem intellektuelle Kritiker der Verhältnisse in der Islamischen Republik fürchten seinen Wahlsieg. Außenpolitisch ist Nateq Nuri eher unerfahren. Dennoch versetzte er ausländische Beobachter im Rahmen der Mykonos-Affäre in Erstaunen. Rechtzeitig zur Verkündung des Berliner Urteils reiste der Präsidentschaftskandidat nach Moskau und ließ sich von Boris Jelzin hofieren. Das Signal war klar: Sollte sich Europa als Reaktion auf die Verwicklung der iranischen Staatsführung in den Mord an vier oppositionellen iranischen Kurden von der Islamischen Republik abwenden, dann mache man halt anderswo Geschäfte...

Ansonsten hielt sich Nateq Nuri nach dem Berliner Urteil jedoch zurück. Das Geifern überlies er anderen. Er selbst mochte sich künftige Kontakte mit ausländischen Staatsoberhäuptern nicht schon vor seiner Wahl verderben. Inzwischen scheint sich selbst der scheidende Präsident Rafsandschani mit Nateq Nuri als Nachfolger abgefunden zu haben. Obwohl Rafsandschani als Gegner des Parlamentspräsidenten gilt, erklärte er vor wenigen Tagen, er unterstütze die Kandidatur Nateq Nuris. In Teheran wird gemunkelt, Rafasandschani mache sich Hoffnungen auf einen Job als Vizepräsident und Außenminister. Thomas Dreger