Manipulation in Belgiens Fußballliga: Meistertrainer in Gewahrsam
Die „Operation saubere Hände“ fördert einen riesigen Betrugsskandal in Belgiens Liga zutage. Ein Jahr ermitteln die Behörden, dann schlagen sie zu.
Das Städtchen Hasselt spielt normalerweise keine Rolle im belgischen Fußball. Seit Dienstag nun ist Hasselt auf einmal eins seiner Zentren. In den dortigen Polizeizellen nämlich laufen seither die Fäden eines Skandals zusammen, der sich ungeheuerlich anlässt.
Unter anderem sitzen ein: Ivan Leko, Coach des aktuellen Meisters Club Brügge und Dortmunder Gruppengegners in der Champions League. Der Mitbesitzer, Sportdirektor und finanzieller Leiter des im Sommer abgestiegenen ehemaligen Europacup-Siegers KV Mechelen. Bart Vertenten und Sébastien Delferière, die international profiliertesten Schiedsrichter Belgiens. Dazu Mogi Bayat, der führende Spielervermittler im Land, sein Kollege Dejan Veljkovic, ehemals Haus-Vermittler beim KV Mechelen.
Allesamt werden sie verdächtigt, eine Rolle im womöglich größten Korruptionsfall des belgischen Fußballs gespielt zu haben. Die Untersuchungen der föderalen Polizei begannen bereits Ende 2017. Sie konzentrierten sich auf zweifelhafte finanzielle Konstruktionen, die Spielervermittlern Kommissionszahlungen bei Transfers und Spielergehältern verschafft haben. Zu diesem Zweck wurden die Telefone der beiden Makler, Bayat und Deljkovic, abgehört.
Im Rahmen der Untersuchungen stießen die Ermittler dann auf zwei Erstliga-Spiele, die womöglich verschoben wurden, darunter das 5:0 des angehenden Meisters FC Brügge gegen Titelkonkurrent Anderlecht im Dezember 2017. Dabei fielen in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit zwei Tore für Brügge, das in der zweiten Halbzeit noch zwei Elfmeter zugesprochen bekam. Das zweite Spiel ist das entscheidende Match des KV Mechelen im März 2018: Um erstklassig zu bleiben, musste man gegen Waasland- Beveren gewinnen. Was zwar gelang, doch wegen des gleichzeitigen Siegs von Konkurrent Eupen stieg Mechelen ab.
Am Donnerstag wurden unter anderem die beiden Schiedsrichter und Brügge-Coach Leko verhört. Bei Redaktionsschluss war über den Verlauf noch nichts bekannt. Zu den frappierendsten Details des Falles gehört die enge Beziehung zwischen dem Spielervermittler Dejan Veljkovic und den Schiedsrichtern Bart Vertenten und Sébastien Delferière, die regelmäßig zusammen essen gingen. Die Zeitung Het Nieuwsblad präsentierte am Donnerstag mehrere Hinweise darauf, dass sich diese Freundschaft auch finanziell ausgezahlt habe.
Die Razzien am Mittwoch hatten einen nie dagewesenen Umfang: Insgesamt 210 Polizisten führten ab dem frühen Morgen insgesamt 44 Hausdurchsuchungen an verschiedenen Orten in Belgien durch. Danach folgten 13 weitere in Frankreich, Luxemburg, Zypern, Montenegro, Serbien und Mazedonien. Die serbische Polizei nahm unter anderem Veljkovic’ Vater, Bruder und Neffen fest und 800.000 Euro in Beschlag.
Durchsucht wurden auch die Räumlichkeiten von neun Profiklubs, darunter AA Gent, Standard Lüttich und RSC Anderlecht. Es ging dabei um Verträge von Spielern und Trainern, die von Bayat oder Veljkovic beraten wurden. Auch Brügge-Coach Ivan Leko ist mit Veljkovic gut befreundet. Sein Anwalt Walter Van Steenbrugge sagte vor dem Verhör, er rechne mit einer schnellen Rückkehr Lekos auf den Platz. Allerdings sei die Situation „sehr schlecht für seine Familie und sein Image“. Die Uefa reagierte umgehend und ersetzte Schiedsrichter Sébastien Delferière, der am Samstag das Nations-League-Spiel Georgien gegen Andorra hätte leiten sollen.
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