Mangelnde Umsetzung von Fahrverboten: Noch kein Knast für Kretschmann
Stuttgart überschreitet die Grenzwerte bei Stickoxiden in der Luft. Dafür ist auch das Land verantwortlich – wie kann es zum Handeln gezwungen werden?
Das Land ist für die Einhaltung der Stickoxid-Grenzwerte verantwortlich und muss deshalb den Luftreinhalteplan für Stuttgart nachbessern. Das Verwaltungsgericht hielt bereits im Juli 2017 flächendeckende Fahrverbote für Dieselfahrzeuge unterhalb der Schadstoffklasse 6 für die einzig erfolgversprechende Maßnahme. Das Bundesverwaltungsgericht billigte im Februar 2018 das Stuttgarter Urteil.
Inzwischen hat das Land zwar eine „kleine Umweltzone“ mit entsprechenden Fahrverboten eingerichtet. Sie gilt aber nur in Teilen des Stadtgebiets. Damit werde das Urteil nach wie vor nicht korrekt umgesetzt, monierte die DUH und beantragte verschärfte Zwangsmittel. Auch die Verwaltungsrichter kamen nun zum Schluss, dass neue Maßnahmen erforderlich seien. Bereits zwei Mal hatte das VG Zwangsgelder gegen das Land verhängt, weil das Urteil von 2017 nicht ausreichend umgesetzt wurde. Doch die in der Verwaltungsgerichtsordnung vorgesehene maximale Summe von 10.000 Euro sei offensichtlich nicht ausreichend, das Land zum Einlenken zu bewegen, so die Richter.
Deshalb ging das VG nun dazu über, die strengeren Zwangsmittel der Zivilprozessordnung (ZPO) einzusetzen, die bis zur Zwangshaft gegen einzelne Amtsträger reichen. Das VG stützt sich dabei auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von 1999, das gegen renitente Behörden den Einsatz der ZPO-Zwangsmittel empfohlen hatte. Der Europäische Gerichtshof hatte Ende 2019 sogar den Einsatz von Zwangshaft für zulässig angesehen, um Luftgrenzwerte durchzusetzen – allerdings nur als letztes Mittel.
Das VG Stuttgart kam nun auch zum Schluss, dass Zwangshaft gegen Ministerpräsident Kretschmann noch unverhältnismäßig wäre. Erst sollten andere Mittel versucht werden. So erhöhten die Richter das Zwangsgeld diesmal auf 25.000 Euro. Es fließt auch nicht mehr an die Staatskasse (also von einer Staatstasche in die andere Staatstasche), sondern an die Kinderkrebshilfe. Und noch einen Tipp gaben die VG-Richter dem Land mit auf den Weg. Da es flächendeckende Diesel-Fahrverbote angesichts sinkender NO2-Belastung für überflüssig halte, solle es doch eine Vollstreckungsabwehrklage einlegen. Gerichtsurteile einfach zu ignorieren sei der falsche Weg.
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