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Mangelnde Inklusion in BerlinBehindert und ohne Schulplatz

Wohl 2.300 bis 2.800 Kinder mit Förderbedarf gehen in Berlin nicht oder nur teilweise in die Schule. Denn die Schulen sind zu schlecht ausgestattet.

Sich melden und mitmachen – dazu müssen Schü­le­r*in­nen auch in die Schule gehen und am Unterricht teilnehmen dürfen Foto: Bernd Weißbrod / dpa

BERLIN taz | Mehrere Tausend Kinder mit Behinderung gehen in Berlin gar nicht oder nicht durchgängig zur Schule. Und insbesondere Kindern mit Autismus kann das Schulsystem keinen dauerhaften Schulplatz sicherstellen. Das geht aus den Antworten der Bildungsverwaltung auf eine schriftliche Anfrage der Grünen-Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz hervor. Dazu kommt ein Dunkelfeld: Denn wie viele es genau sind, das kann auch die Bildungsverwaltung nicht genau sagen.

Die Bildungsverwaltung nennt in ihrer Antwort zwar eine Zahl von 2.300 bis 2.800 Kindern, die im vergangenen Jahr „verkürzt, unregelmäßig oder kaum bis gar nicht beschult“ worden waren. Danach hatte die Verwaltung die Schulen vor gut einem Jahr, im Mai 2024, gefragt. Allerdings seien die Antworten nicht statistisch auswertbar gewesen. Denn die Schulen hätten die zwei (!) Fragen „unterschiedlich interpretiert und beantwortet“. Außerdem hatte sich nur ein Teil der angeschriebenen Schulen zurückgemeldet.

Für 1.500 bis 1.900 dieser Schü­le­r*in­nen könne eine „unregelmäßige Beschulung“ angenommen werden. Bei 600 bis 700 dieser Schü­le­r*in­nen nimmt die Verwaltung an, dass sie wenig bis gar nicht beschult wurden. Die Verwaltung weist auch darauf hin, dass damit wohl knapp 1 Prozent aller Schü­le­r*in­nen in Berlin betroffen sei. „Weit über 99 Prozent aller Schülerinnen und Schüler wurden vollumfänglich beschult“, schreiben sie.

Son­der­päd­ago­g*in­nen fehlen

Allerdings sind es vor allem Kinder mit dem sonderpädagogischen Förderbedarf „Geistige Entwicklung“ und/oder Schü­le­r*in­nen mit einer Diagnose „Autismus-Spektrum-Störung“, bei denen die Verwaltung eine „unregelmäßige Beschulung“ annimmt. Insgesamt seien 15 Prozent aller Schü­le­r*in­nen mit sonderpädagogischem Förderbedarf „Geistige Entwicklung“ „unregelmäßig, verkürzt oder kaum bis gar nicht beschult“.

Der Grund für einen (teilweisen) Verlust des Schulplatzes sei bei 1.700 bis 2.100 Kindern das Verhalten, bei 500 bis 600 Schü­le­r*in­nen „unzureichende Gesundheits- und Pflegeleistungen“. Oder umgekehrt: Es gibt nicht genug Sonderpädagog*innen, um Kinder angemessen und nach ihren Bedürfnissen zu betreuen, und die Schulen sind räumlich zu beengt oder in zu schlechtem Zustand, um Kindern mit Behinderungen ein angemessenes Lernumfeld zu bieten. Die Verwaltung nennt hier „fehlende „Rückzugsräume infolge der zunehmenden Verdichtung der Schulen“ sowie eine „eingeschränkte Belastbarkeit“ der Schüler*innen.

Das Berliner Bündnis für schulische Inklusion fordert seit Langem, das Recht auf inklusive Bildung umzusetzen.

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