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Maler Amoako Boafo in WienKlimt, Schiele, Boafo

Das Belvedere Wien stellt Amoako Boafos schillernde Porträts Schwarzer Menschen aus. Der ghanaische Kunstmarktstar führt eine Wiener Tradition fort.

Arbeit mit Zitaten: Amoako Boafo, „Yellow Blanket“, 2018 (Ausschnitt) Foto: © 2024 Christie’s Images Limited, © 2024 Amoako Boafo/Licensed by Bildrecht, Vienna

Ein leuchtend gelber Hintergrund überhöht das Porträt einer schwarzen Frau wie eine Ikone. Wäre da nicht der selbstbewusste Blick, der direkten Kontakt sucht und so gar nicht entrückt oder andächtig wirkt. Das Gesicht ist gemalt mit pastosem Farbauftrag in breiter Fingermalerei, es wirkt fast wie geknetet. Ein voluminöser Schal schlingt sich um den Hals und bedeckt halb die Schultern, hier ist die schwarze Farbe glatt aufgetragen, darunter ist ein geblümtes Stoffkleid zu sehen, das Muster wirkt flächig, wie aus einer Tapete ausgeschnitten und in Collagetechnik aufgeklebt.

„Enyonam’s Black Shawl“ ist das expressive Porträt von Amoako Boafo übertitelt, es hängt in dem Raum „Wiener Frauen“ und blickt auf prominente Nachbarschaft: Genau gegenüber hängt Gustav Klimts Porträt der Amalie Zuckerkandl, links das Porträt der Johanna Staude. Auch sie trägt einen schwarzen Schal, eher einen Fellkragen, und ein floral gemustertes Kleid, auch die Klimt-Frauen suchen den direkten Blickkontakt.

Die Klimt-Porträts gehören zur Sammlung des Belvedere-Museums und dienen in der Ausstellung ­„Proper Love“, der bislang größten Einzelausstellung des Kunstmarkt-Shootingstars Amoako Boafo, einer Beweisführung, deren es eigentlich nicht bedurft hätte. Denn der heute 40-Jährige hat stets betont, dass es die Begegnung mit der Wiener Moderne war, die seine künstlerische Identität maßgeblich geprägt hat. Sie ließ ihn seinen markanten Stil entwickeln, der sich in jüngster Zeit vor allem durch den plastischen Einsatz von Fingermalerei auszeichnet und einen starken Kontrast zu den plan gestalteten Bildpartien bildet.

Boafo versteckt seine Einflüsse keineswegs, sondern stellt sie selbstbewusst aus, was nun in der Schau im Belvedere auf frappierende Weise – auch durch die Gegenüberstellungen – sinnlich erfahrbar wird.

Die Ausstellung

Amoako Boafo: Proper Love“. Belvedere Wien, bis 14. Januar 2025

Nach einem Kunststudium in Accra hatte Boafo ab 2014 an der Akademie der bildenden Künste in Wien studiert und setzte sich intensiv auseinander mit Schieles unbarmherzigen Selbstporträts und Klimts Kombination von realistischen Frauenporträts und ornamentaler Stofflichkeit sowie dessen hoher Aufmerksamkeit für Kleidung.

Kleidung als Distinktionsmerkmal

„Ich denke, Kleidung kann manchmal Worte ersetzen …“ sagt Boafo in einem der Interviews, die das Belvedere derzeit auf seiner Website geschaltet hat. Kleidung ist damals wie heute ein Distinktionsmerkmal, sie transportiert gesellschaftliche Codes und verweist auf Zugehörigkeiten. Boafos ausnahmslos Schwarze Prot­ago­nis­t*in­nen demonstrieren das offensiv: Sie tragen leuchtende Farben, strahlend weißen Nagellack, Neon-Sportdress und dramatische Turm-Frisuren, Base-Caps und Sonnenschlapphut. Sie tragen ihre Kleider-Codes lässig, sie wirken stark und attraktiv.

Männer tragen Türkis und Pink, spielen sinnfällig mit Erdbeeren und konterkarieren mit offensiv gezeigter Verletzlichkeit Klischees Schwarzer Macho-Männlichkeit. Gelassen blicken die Porträtierten aus den Bildern heraus, sie zeigen Boafos Umfeld und feiern selbstbewusst Freundschaft und Solidarität der Black Community. Der Intensität und Treffsicherheit dieser Porträts kann man sich nicht entziehen, sie scheinen förmlich zu sprechen und wahren doch – wie Klimts Porträts – ein letztes Geheimnis.

Frühere Arbeiten Boakos in der Schau zeigen vor allem Selbstporträts, die ihn überwiegend in zerbrechlicher Nacktheit zeigen. Bei den teils gespreizten Posen stand diesmal sehr offensichtlich Egon Schiele Pate. Damals nutzt Boafo noch kaum die Fingerfarben, die Bilder wirken kompositorisch gewollter, zugleich defensiver, wiewohl auch hier die Blicke der Selbstporträts sich mit bohrender Intensität auf die Betrachtenden richten.

Zudem sind die Bilder gespickt mit Verweisen auf die Lektüre zentraler Veröffentlichungen der postkolonialen Literatur, auf einem seiner frühen Selbstporträts liest er Frantz Fanons „Black Skin, White Masks“.

Dergleichen Fingerzeige hat der „späte“ Boafo nicht mehr nötig, denn die Porträts der letzten Jahre strotzen nur so vor unmittelbarer Präsenz, Emanzipation und körperlich spürbarer Gegenwart. Die sich in dieser Klarheit erst im fruchtbaren Dialog mit der Vergangenheit der Wahlheimat Wien einstellte. Das ist wohl ein Fall von kultureller Aneignung. Aber sie kommt bei dem ghanaischen Maler aus ungewohnter Richtung. Boafo dreht die Debatte um – und es sieht gut aus.

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