Maisanbau: Koalition leitet Gentech-Wende ein

Zum ersten Mal seit Jahren stimmt die Bundesregierung für den Import einer Genpflanze. Umweltschützer fürchten bereits den nächsten Schritt: die Anbauerlaubnis in Deutschland.

Agrarministerin Aigner stimmte für einen Import der Genmaissorte MIR 604. Bild: ap

BERLIN taz | Kaum zwei Monate nach der Bundestagswahl hat die schwarz-gelbe Koalition die Wende zu mehr Gentechnik in der Landwirtschaft eingeleitet. So interpretieren Umweltschützer und Grüne die Tatsache, dass die Regierung zum ersten Mal seit Jahren in Brüssel für die Einfuhrgenehmigung einer gentechnisch veränderten Pflanze gestimmt hat. Bisher hatte sich Deutschland bei solchen Entscheidungen enthalten.

Doch nun stimmte Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) bei einem Treffen mit ihren Amtskollegen aus den anderen EU-Ländern am Freitag dafür, Importe der Genmaissorte MIR 604 des Agrochemiekonzerns Syngenta zuzulassen. Das änderte zwar nichts am Patt unter den Ministern, aber in solchen Situationen darf die EU-Kommission die Pflanzen allein genehmigen - so wie sie es den Ressortchefs vorgeschlagen hatte.

Greenpeace rechnet deshalb damit, dass der Genmais MIR 604, der ein Gift gegen einen Schädling produziert, etwa aus den USA bald in europäischen Futtertrögen landet. "Er könnte zum Beispiel an Kühe verfüttert werden und gelangt so auch in Lebensmittel wie Milch, ohne dass der Verbraucher das erfährt", sagte Greenpeace-Expertin Stefanie Hundsdorfer am Montag. Direkt zu Nahrungsmitteln werde MIR 604 aber wohl zunächst nicht verarbeitet, weil die Hersteller das auf der Packung kennzeichnen müssten - und die meisten Konsumenten lehnten Gentechnik im Essen ab.

Für Hundsdorfer ist die Entscheidung ein "erster Indikator, dass da ein Politikwechsel stattfindet". Ähnlich äußerte sich Ulrike Höfken von den Grünen. Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft sieht es als Signal für die Strategie der Regierung: "Austesten, wie weit man gehen kann, ohne zu starke Proteste auszulösen - und einen Gewöhnungseffekt bei den Leuten erzielen." Der nächste Pro-Gentechnik-Schritt der Regierung komme gewiss, sind sich die Kritiker einig. Er könnte sein: den Anbau einer Genpflanze in Deutschland zu ermöglichen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.