Mahnmal für den Völkermord an Armeniern: Späte Einsicht
Auch deutsche Offiziere waren am Genozid der Armenier beteiligt. Trotzdem tut sich Deutschland noch 108 Jahre danach schwer mit dem Gedenken daran.
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E ndlich gibt es in Deutschland ein Mahnmal, das an den Völkermord an den Armeniern 1915/16 erinnern soll. Das Mahnmal in Köln geht auf die langjährige Initiative mehrerer zivilgesellschaftlicher Gruppen zurück, die nun erstmals die Unterstützung der zuständigen Kölner Bezirksvertretung Innenstadt genießen.
Während in den vergangenen Jahren das Mahnmal, das die Initiativen regelmäßig am 24. April, dem Jahrestag des Völkermordes, aufgestellt hatten, von der Verwaltung ebenso regelmäßig wieder abgerissen worden war, wird es in diesem Jahr stehen bleiben. Nach dem Willen der Bezirksvertretung, die einstimmig dafür votiert hatte, soll nun eine rechtssichere dauerhafte Lösung gesucht werden.
Warum dieses Mahnmal, und warum ist es so wichtig? Der Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich geschah während des Ersten Weltkriegs, als das Kaiserreich eng mit dem Osmanischen Reich verbündet war. Kaiser Wilhelm II. hatte zur Unterstützung der osmanischen Armee zahlreiche deutsche Offiziere in den Orient entsandt, von denen die allermeisten den Völkermord nicht nur billigten – weil die Armenier angeblich mit dem russischen Kriegsgegner kollaborierten –, sondern sich teilweise auch aktiv selbst daran beteiligten.
Obwohl der Deutsche Bundestag in der Gedenksitzung zum 100. Jahrestag 2015 den Völkermord nicht nur anerkannte, sondern auch eine erhebliche Mitschuld des Deutschen Reiches einräumte, ist diese Debatte und die Resolution in Deutschland bereits wieder weitgehend in Vergessenheit geraten. Die Aufforderung des Bundestags an die Länder, im Schulunterricht über den Völkermord an den Armeniern aufzuklären, stieß weitgehend auf taube Ohren.
Aber auch die deutsche Politik hat ihre Selbstverpflichtung, zur Versöhnung zwischen Armenien und der Türkei beizutragen, nicht besonders ernst genommen. So mussten die Mahnmal-Initiativen in Köln alle Debatten, die längst stattgefunden hatten, noch einmal wiederholen. Immerhin mit einem guten Erfolg. Die Bezirkspolitiker aller Parteien haben sich von dem Anliegen überzeugen lassen.
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