Magazine für Lesben: Für sie. Und sie. Und Sie.
Das Zeitschriftenangebot für Lesben ist mau. Immerhin: Das „L-MAG“ wird 15 – und ist nicht mehr ganz allein auf dem Markt.
Die deutschen Zeitschriftenregale sind voll mit Frauenmagazinen: Von der Klatschpresse bis zum anspruchsvollen Heft gibt es eine breite Auswahl für die weibliche Leserin. Nur lesbische Leserinnen haben wenig Auswahl. In den konventionellen Frauenmagazinen tauchen sie nicht oder nur ausnahmsweise auf; Heteronormativität ist hier noch eine Selbstverständlichkeit. Im feministischen Missy Magazine wird immerhin das Lesbisch- beziehungsweise das Queersein einiger Interviewpartnerinnen benannt.
Aber es gibt in Deutschland drei Zeitschriften, die sich explizit an eine lesbische Zielgruppe richten: L-MAG, Libertine und Straight. Bei den rund zwei Millionen Lesben in Deutschland ist das kein besonders großes Angebot – und es kam spät. Erst dreißig Jahre nach den Anfängen der gesellschaftlichen Lesbenbewegung wagte das L-MAG 2003 den Schritt an den Kiosk. Straight folgte 2015, Libertine 2016. Zum Vergleich: Die erste deutsche Zeitschrift für Schwule, Du&Ich, kam 1969 auf den Markt.
Die „lesbische Unsichtbarkeit“ ist in LGBT-Kontexten schon zum geflügelten Wort geworden. Mitherausgeberin und Chefredakteurin des L-MAG, Manuela Kay, erklärt: „Lesben müssen immer mitvertreten werden, von den Schwulen, von wohlmeinenden Politikerinnen oder von Feministinnen. Aber ein eigenes lesbisches Dasein ist total marginal, Lesben erfahren selbst keine gesellschaftliche Repräsentanz.“ Mit dieser Unsichtbarkeit gehen die lesbischen Zeitschriften in Deutschland sehr unterschiedlich um.
Das L-MAG betont umso mehr, wie wichtig eine lesbische Identitätspolitik auch heute noch ist. Das Selbstverständnis ist eindeutig: Ein Magazin von und für Lesben will die Zeitschrift sein. Mit dem spezifischen Blick auf lesbische Lebenswelten widmet sich das Heft sämtlichen Themen der Welt. Die Vielfalt reicht von der rechtlichen Situation von Lesben in Kenia bis zu neuen Webserien mit lesbischen Charakteren.
Die Ministerin über ihre Erfahrungen als Lesbe
„Das ist das Schöne daran, dass wir über alles schreiben können und dabei die lesbische Brille aufsetzen“, sagt Redakteurin Dana Müller. Sie befragte die ehemalige Bundesministerin Barbara Hendricks also nicht nur zu deren Parteipolitik, sondern auch zu ihren persönlichen Erfahrungen als Lesbe. Die konsequente lesbische Brille unterscheidet das L- MAG von den konventionellen Frauen- und den anderen deutschen Lesbenzeitschriften.
Überzeugt davon, dass neben dem L-MAG noch genug Platz auf dem Markt für lesbische Zeitschriften sei, gründete Felicia Mutterer 2015 das Straight Universe. Als neue Generation in einer jüngeren Redaktion und in erster Linie als Onlineprodukt versteht sie das Projekt. Im Fokus steht lesbischer Lifestyle. Anne Will wird wegen ihrer „langen braunen Haare und ihrer weiblichen Erscheinung“ zum role model auserkoren.
Das L-Wort oder Begriffe wie Queer tauchen schon auf, werden aber „sehr gewählt“ eingesetzt, so Mutterer. Klar sei Homosexualität ein politisches Thema und auch Straight kämpfe dafür, „den Platz und die Selbstverständlichkeit für Frauen, die Frauen lieben, lesbisch, bi oder queer sind, herzustellen“. Aber sie wolle die sexuelle Orientierung „auch nicht größer machen, als sie ist“.
Nicht groß genug kann sie dagegen für die Mitarbeiterinnen des L-MAG sein. Die Redaktion sieht sich von Anfang an in der Mitverantwortung für lesbische Sichtbarkeit in Deutschland. Mit einer Postkartenaktion trug das L-MAG 2005 dazu bei, dass die US-Kultserie „The L-Word“ im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Zu seinem zehnten Jubiläum brachte das L-MAG 2013 den Dyke* March, die lesbische Parade am Vorabend des CSD, nach Deutschland, seitdem organisiert es jährlich dessen Berliner Ableger. Von der Lesbenfußballparty in Köln, der L-Kick, bis zum queeren Badetag in Berlin-Kreuzberg, dem Queer Summer Splash, zeigt das L-MAG lesbische Dauerpräsenz.
Das Ur-Gestein hat Ausdauer
Die Ausdauer dieses Urgesteins als reguläres Online- und Printmagazin ist bemerkenswert. Klar, auch das L-MAG braucht langfristig mehr Abonnent*innen, um alle zwei Monate ein neues Heft herausgeben zu können. Und Layout und Internetpräsenz, bisher neben der Website ausschließlich auf Facebook, haben noch viel Luft nach oben. Aber die Zugehörigkeit zu einem Verlag, dem Special Media SDL, in dem auch die Siegessäule erscheint, sichert die Redaktion immerhin finanziell ab.
Die Siegessäule ist eines der auflagenstärksten Stadtmagazine in Europa und begeht dieses Jahr ihr 34. Jubiläum. Zuerst in gemeinsamer Redaktion entstanden, schöpft das L-MAG damit aus großem Erfahrungsschatz im LGBT-Journalismus. Seit 1996 war Manuela Kay selbst Chefredakteurin der Siegessäule; damals noch im Jackwerth Verlag, in dem auch das Schwulenmagazin Du&Ich erschien. Seit 2003 gibt sie zusammen mit Gudrun Fertig die Siegessäule und das L-MAG im Verlag Special Media SDL heraus.
Die letzte Printausgabe der Straight erschien im Herbst 2017. Nach insgesamt sechs Printausgaben in den letzten drei Jahren hat sich Chefredakteurin und Herausgeberin Felicia Mutterer „davon verabschiedet, da regelmäßige Zyklen zu schaffen“. Stattdessen arbeitet die Redaktion an neuen Onlineformaten und hat inzwischen 24 Folgen eines neuen Podcasts produziert, der bei der Hörbuchplattform Audible abrufbar ist.
Prekär, aber vielfältig
Auf Instagram teilt Straight gerade ein Video von der Berliner Anti-AfD-Demo und unter dem Hashtag #JippieJayGay wird alle paar Tage getweetet. Die breite Onlinepräsenz gehört zum Selbstverständnis des jungen Straight Universe. Gleichzeitig ist sie aus der Not des Zeitschriftensterbens geboren und wird die Prekarität auch so schnell nicht wieder los.
Lesben sind bisher kaum als Zielgruppe im deutschen Zeitschriftenhandel entdeckt worden. Das Angebot an lesbischen Magazinen ist minimal und seine Entstehungsbedingungen sind prekär. Umso bemerkenswerter ist die Vielfalt, die sie bereits abbilden. Allein wortwörtlich reicht das Spektrum schließlich von Straight bis L-MAG. Die lesbische Präsenz bleibt im Journalismus ein hehres feministisches Unterfangen, das an allen Ecken und Enden noch mehr Abonnent*innen und Unterstützung braucht.
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