Märchenfilme im Fernsehen: Es war einmal und wird bald wieder
Von „Aladin“ bis „Münchhausen: Immer mehr Märchenverfilmungen drängen ins Fernsehen. Die Rechte kosten nichts, dafür wird teuer produziert.
![](https://taz.de/picture/182266/14/Fluch_der_Karibik_dpa_02122012.jpg)
In vielen Ländern tauchen jetzt verstärkt Märchenstunden im TV-Programm auf, etwa in den USA. Dort startete vor einem Jahr „Grimm“ auf NBC. Die Serie um Polizisten, die sich in der heutigen Zeit mit den Figuren der alten deutschen Volkssagen auseinandersetzen müssen, hat sich in der amerikanischen Serienlandschaft als feste Größe etabliert. Bei uns wird sie bald auf Vox laufen.
Das moderne US-Märchen „Once upon a time“ wird bereits auf Super RTL ausgestrahlt, und das mit respektablen Quoten. Zum 200-jährigen Jubiläum des Hausbuches der Brüder Grimm hat die ARD bereits 2011 begonnen, die schönsten Märchen verfilmen zu lassen.
Aber deutsche Produzenten schöpfen nicht nur aus der weltberühmten Sammlung der beiden Sprachwissenschaftler. So wird beispielsweise zu Weihnachten auf der ARD „Münchhausen – Die Geschichte einer Lüge“ als „TV-Event“ mit Jan Josef Liefers und Jessica Schwarz in den Hauptrollen ausgestrahlt. Knapp fünf Millionen Euro hat der Zweiteiler, den Teamworx produzierte, gekostet.
Bekanntes neu erzählen
„Wir werden noch weitere Märchenfilme angehen, weil man sich da kreativ austoben kann“, kündigt Münchhausen-Produzent Jochen Laube an. Reinhard Beetz arbeitet zurzeit an der Dokumentation über den „Lügen-Baron“, den Ben Becker verkörpern wird. Das verstärkte Interesse der Branche an Märchen erklärt er so: „Fürs TV sind Stoffe interessant, die einen hohen Bekanntheitsgrad haben und doch aus einem neuen Blickwinkel betrachtet werden können. Die Lügenmärchen von Münchhausen sind Volkssagen und Weltkulturerbe. Aber er bleibt nur lebendig, wenn wir ihn immer wieder neu erzählen, neu interpretieren, neu präsentieren.“
Ein weiteres Projekt für das nächste Jahr geht jetzt der Kölner Produzent Michael Smeaton an. Mit Mario Adorf als Meister Gepetto wird er aufwändig die Geschichte von „Pinocchio“ verfilmen. „Wir haben den Markt beobachtet und gesehen, dass solche Geschichten im Trend sind“, sagt auch er, „pädagogische Ansätze und eine klare Moral könnten Anreiz für das Publikum sein.“ Auch bei der Münchener Beta Film, die die Teamworx-Produktion „Münchhausen“ international vertreibt, sind die alten Volkssagen in den Fokus gerückt. Denn Geschichten, die jeder kennt und sich als interessant bewährt haben, sind im In- und Ausland leicht zu vermarkten.
Rechtefreier Stoff
„Märchen sind sowieso der Nukleus für viele Filme der heutigen Zeit, etwa das ’Cinderella‘- Motiv“, erklärt Eric Welbers von Beta. Die Münchener planen aktuell eine „Aladin“-Verfilmung. Das Märchen-Revival hat in der Einschätzung der Medienmacher auch mit den verbesserten Animationstechniken zu tun, die mittlerweile kostengünstig zu haben sind. „Für uns ist das eine große Herausforderung, weil die Kinder die Messlatte beispielsweise bei ’Fluch der Karibik‘ anlegen“, weiß Laube, „man muss sich, was Kostüme und visuelle Effekte angeht, an Hollywood-Niveau messen lassen. Und es muss schon einen bestimmten Standard haben.“
Dass das Genre für Franchisenehmer markenrechtlich interessant ist, das betont der Programmdirektor von Super RTL Carsten Göttel, denn die Rechte an den Geschichten kosten nichts: „Und man weiß, dass sie funktionieren.“ Göttel mutmaßt, dass das Bedürfnis des Publikums nach diesen Geschichten einer Verunsicherung der Menschen entspringt, die die Geschehnisse der Welt kaum noch einordnen können: „Im Märchen geht es immer um den Kampf zwischen Gut und Böse, und beide Kräfte sind stets klar zu erkennen. Alles macht Sinn, hat seinen Platz, und am Ende gewinnt das Gute – eine fast heilige Ordnung. Damit gestärkt, kehren die Zuschauer zurück in die echte Welt.“
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