Männerrechtler auf dem Kreuzzug: Harte Kerlchen
Eine antifeministische Bewegung versucht, ihre KritikerInnen mit Klagen ruhigzustellen. Vor Gericht zieht sie meist den Kürzeren.
BERLIN taz | Wenn man Hinrich Rosenbrock googelt, kommt als Erstes: „Einfach mal die Kresse halten“, Kresse steht für Fresse. Dann kommt „Lila Pudel“, und dann „Hinrich Rosenbrock – der Lügner“. Auf dem Onlineportal „WikiMANNia“ schließlich wird er als „Miethirn des Feminats“ bezeichnet – wer sich mit den Männerrechtlern anlegt, muss sich auf einiges gefasst machen. Aber was hat Hinrich Rosenbrock eigentlich verbrochen?
Der Soziologe von der Uni Marburg hat eine Analyse über die Veröffentlichungen und Internetforen deutscher Männerrechtler verfasst, in der unter anderem steht, es gebe eine „grundsätzliche Anschlussfähigkeit von rechten Diskursen an die der Männerrechtsbewegung und umgekehrt“.Wenn man die Rassismen und den Frauenhass etwa in dem Blog „Männermagazin“ sieht oder wenn man liest, dass die Männerrechtlerin Gabriele Kuby in dem Rechtsaußen-Blatt Junge Freiheit schreibt und Männerrechtler dort Interviews geben: dann kann man sich dieses Eindrucks tatsächlich nicht ganz erwehren.
Die Männerrechtler reagieren. Extrem. „Hinni du Hurensohn. Werde deine Scheissalten noch ausspüren und anzünden!!!“, heißt es in einer anonymen Mail an Rosenbrock. An die Lehrenden seiner ehemaligen Uni in Bochum wurde eine Rundmail geschickt, in der Rosenbrocks Expertise als „unwissenschaftlich“ angegriffen wurde. Aber nicht nur im Netz machen die Männerrechtler gegen Rosenbrock und andere KritikerInnen mobil.
In letzter Zeit häufen sich die Gerichtsverfahren. Gegen Rosenbrock etwa klagte die männerpolitisch aktive Monika Ebeling, die ehemalige Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Goslar. Grund: Rosenbrock habe sie im August 2011 dem Männerverein Agens zugeordnet, aus dem sie aber bereits im Juni ausgetreten sei. Ein Kinkerlitzchen. Das sahen auch die Richter so: Er habe hinreichend sorgfältig gearbeitet. Monika Ebeling setzte sich als Frauenbeauftragte immer öfter für Männerrechte ein. Die Lokalpolitik in Goslar war darüber nicht amüsiert – und berief die Frauenbeauftragte ab.
Ironie verständlich
Auch taz-Redakteurin Simone Schmollack landete vor Gericht. Sie hatte ein antifeministisches Buch für Deutschlandradio Kultur rezensiert und über Mitautorin Ebeling geschrieben, diese habe sich „nur noch für Jungen und Männer“ eingesetzt. Ebeling bestritt dies und verlangte eine Richtigstellung. Da ihr Ruf nachhaltig geschädigt sei, sollte auch ein Schmerzensgeld fließen. Auch hier entschieden die Richter für die Beklagte. Das „nur noch“ sei als Ironie verständlich, da auch der Rest des Textes im ironischen Ton abgefasst sei.
Not amused war auch der Journalist und Autor Thomas Gesterkamp, als er sich mit einem Unterlassungsbegehren konfrontiert sah, das mit einem „Ordnungsgeld“ von bis zu 250.000 Euro oder einer Haftstrafe von sechs Monaten verbunden werden sollte.Gesterkamp, der bereits 2010 eine kritische Expertise über die Männerrechtler verfasst hatte, hatte in einem Artikel in der Männerzeitschrift Switchboard über das „Erste internationale Antifeminismus-Treffen“ 2010 in der Schweiz berichtet.
Das Veranstaltungsplakat zierte auch ein Logo des Männerrechtsvereins Manndat. Gesterkamp schloss daraus, dass Manndat ein Mitveranstalter sei. Zudem sollte ein Manndat-Mitglied ein Grußwort sprechen, so stand es im Programm. Aber Manndat war kein Mitveranstalter, und das Grußwort fiel aus – was Gesterkamp nicht wusste, weil er nicht vor Ort war.
„Eine Bagatelle“
„Das war eine Bagatelle in einer Publikation, deren Auflage 700 Exemplare umfasst“, sagt Gesterkamp dazu. Switchboard druckte eine Gegendarstellung und fand, der Fall sei damit erledigt. Nicht so der Verein Manndat, der auf Unterlassung klagte. Das aber wies das Gericht zurück: Gesterkamps Ungenauigkeiten seien so „unerheblich“, dass sie dem Persönlichkeitsbild des Klägers nicht schadeten. Es geht also um Bagatellen, die Aussichten auf Erfolg für die Kläger sind eher schlecht. Autor Andreas Kemper, der zwei Bücher über die Männerrechtler veröffentlicht hat, meint: „Sie versuchen, auf jeder Ebene gegen ihre Kritiker vorzugehen. Auch auf der juristischen.
Unter einer Rezension seines Buches auf einer Maskulisten-Website steht: „Es wird Zeit mit diesem ganzen Gesindel endlich abzurechnen. Fürchtet unseren Zorn.“ Illustriert ist das Ganze mit einem Bild, in dem Soldaten ihre Gegner niederschießen. Im Onlinelexikon Wikipedia, für das Andreas Kemper auch gearbeitet hat, gab es eine lange Auseinandersetzung mit den Männerrechtlern. Diese hatten den Eintrag „Maskulinismus“ gekapert und entgegen der Wiki-Richtlinien keine reputablen Quellen angegeben.
Als Kemper einen Antrag auf Löschung des Eintrags stellte, enterten viele Neumitglieder das Portal, um gegen die Löschung Stimmung zu machen. Das stimmte die Administratoren misstrauisch: Sie löschten den Eintrag. Seitdem basteln die Männerrechtler an ihrer eigenen „WikiMANNia“. Was sich weder dort noch in den Blogs findet: Nachrichten von den vielen verlorenen Prozessen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Greenpeace-Vorschlag
Milliardärssteuer für den Klimaschutz
Katja Wolf über die Brombeer-Koalition
„Ich musste mich nicht gegen Sahra Wagenknecht durchsetzen“
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen