Mädchenbildung in Tansania: Auch Mütter dürfen lernen

Tansania kippt das Schulbesuchsverbot für Schwangere. Präsidentin Samia Suluhu Hassan kommt damit auch einer Forderung der Weltbank nach.

Portrait von Präsidentin Samia Suluhu Hassan.

Jedes Mädchen soll zur Schule gehen: Tansanias Präsidentin Samia Suluhu Hassan Foto: Inga Kjer imago/photothek/imago

DARESSALAM taz | Tansanias Entscheidung, das Verbot des Schulbesuches für schwangere Mädchen und junge Mütter aufzuheben, ist ein Sieg für junge Frauen, die bisher durch Schwangerschaft das Recht auf Bildung einbüßten und zu einem Leben in Armut und Abhängigkeit verurteilt wurden. Es ist auch der jüngste in einer Reihe von Schritten der neuen Präsidentin Samia Suluhu Hassan, um die drakonische Politik ihres Vorgängers John Magufuli zu überwinden, der im März verstorben war.

Der Schritt ebnet auch den Weg zu einer Wiederaufnahme der Zusammenarbeit mit der Weltbank. Diese hatte Finanzhilfen in Höhe von 500 Millionen US-Dollar von einer Aufhebung der Schulverbotsgesetzgebung abhängig gemacht.

Bildungsministerin Joyce Ndalichako bestätigte die Entscheidung, die auch mit dem Ende der besonders erniedrigenden Praxis einhergeht, pubertierende Mädchen an Schulen zu Schwangerschaftstests zu verpflichten, um zu entscheiden, ob sie gehen müssen oder bleiben dürfen. Dies stößt seit Jahren auf Kritik von Menschenrechtsorgansationen.

Das Verbot erstreckte sich nicht nur auf Schwangere. 37 Prozent der Frauen in Tansania heiraten vor ihrem 18. Geburtstag und sind damit bis jetzt automatisch vom Schulunterricht ausgeschlossen gewesen. Dies ist seit den 1960er Jahren so und wurde zuletzt kontinuierlich verschärft: ein neues Schulgesetz von 2002 erlaubte den Rauswurf aus der Schule, wenn ein Schüler oder eine Schülerin „den Bund der Ehe eingeht“ oder einen „Verstoß gegen die Moral“ verübt.

Der im März verstorbene Präsident John Magufuli stellte sich im Jahr 2017, zwei Jahre nach seiner Wahl, ausdrücklich hinter eine harte Auslegung dieser Politik. „Solange ich Präsident bin, werden keine Schwangeren in die Schule gelassen“, sagte er und erließ ein entsprechendes Dekret, das den Schulbesuch für Schwangere ausdrücklich verbot, „ob Ober- oder Grundschule“.

Über 55.000 Mädchen wurden aus diesen Grund bereits zwischen 2003 und 2011 aus Tansanias Schulen geworfen, so das globale „Centre for Reproductive Rights“. Die Weltbank schätzt die Zahl der erzwungenen Schulabbrüche in Tansania auf 5500 pro Jahr, tansanische Organisationen sprechen von 8000.

Mit dem neuen Schuljahr dürfte das nun enden. „Dieser wichtige Beschluss unterstrecht das Bestreben des Landes, Mädchen und junge Frauen zu unterstützen und ihre Bildungschancen zu verbessern“, lobte die lokale Weltbanksprecherin Loy Nabeta. Nakali Meaning vom UN-Kinderhilfswerk Unicef twitterte: „Für jedes Mädchen… Hoffnung, Chancen, Möglichkeiten!“

Der autonome Landesteil Sansibar hat bereits vor einigen Monaten das Recht von jungen Müttern bestätigt, nach der Kindsgeburt zur Schule zurückzukehren.

Nach Tansanias Schritt ist Äquatorialguinea das einzige Land in Afrika, das Schwangeren noch den Schulbesuch verbietet. Im März 2020 hatte Sierra Leone ein entsprechendes Verbot in Reaktion auf ein westafrikanisches Gerichtsurteil aufgehoben.

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