Opposition in Tansania: Mundtot gemacht

Seit Juli sitzt der Chef der größten Oppositionspartei unter Terrorvorwurf in Haft. Präsidentin Suluhu Hassan fährt einen autoritären Kurs.

Freeman Mbowe wird aus einem Auto eskortiert. Hinter ihm gehen zwue Soldataen in Uniform Mbowe und ein weiterer Mann tragen Masken.

Freeman Mbowe bei der Vorführung vor Gericht in Kisutu, Daressalam, 6. August Foto: reuters

DARESSALAM taz | Als Samia Suluhu Hassan im März Präsidentin von Tansania wurde, nach dem Tod ihres Vorgängers John Magufuli, wurde sie gelobt für ihre Bemühungen, Tansania vor der Diktatur zu retten, in die Magufuli das Land hineingeführt hatte. Aber jetzt steht sie selbst in der Kritik und die Befürchtung wächst, dass die Repression, die zum Markenzeichen der Herrschaft von Afrikas mittlerweile dienstältester Regierungspartei CCM (Chama cha Mapinduzi) geworden ist, unter Hassan weitergeht.

Auslöser ist die Verhaftung des Vorsitzenden der größten Oppositionspartei Chadema (Chama cha Demokrasia na Maendeleo), Freeman Mbowe. Er wurde am 21. Juli in der nordwestlichen Stadtg Mwanza festgenommen, wenige Stunden bevor er ein Programm für eine Verfassungsreform für Tansania vorlegen wollte.

Zehn weitere Festgenommene, teils wegen illegaler Versammlung und Bruch von Covid-19-Bestimmungen, sind mittlerweile wieder frei, auch Aktivisten und ein Rechtsanwalt, die Anfang August bei Protesten gegen Mbowes Verhaftung selbst festgenommen wurden. Aber Mbowe sitzt auch über einen Monat später immer noch in Haft und wird mittlerweile der Finanzierung terroristischer Aktivitäten zwischen Mai und August 2020 angeklagt.

Es ist unklar, wieso Mbowe angesichts dieser Anklage erst im Juli 2021 verhaftet wurde. „Der Zeitpunkt seiner Verhaftung wirft die Frage auf, ob dies eine Taktik war, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen“, sagte Deprose Muchena, Direktor von Amnesty International für das östliche und südliche Afrika. Erschwerend kommt hinzu, dass er erst nach fünf Tagen einem Haftrichter vorgeführt wurde.

Tiefe Kluft zwischen Regierung und Opposition

Ein langwieriger Rechtsstreit steht nun bevor, und eine tiefe Kluft tut sich zwischen Regierung und Opposition in Tansania auf, zumal Präsidentin Hassan sich mit einem kontroversen Interview in die Affäre Mbowe eingeschaltet hat. Der Oppositionsführer, sagte sie, habe seine Verhaftung „kalkuliert“, damit es so aussehe, als habe sie mit seinen Rufen nach einer Verfassungsreform zu tun. Mbowes Partei Chadema will nun gegen die Präsidentin gerichtlich vorgehen.

Suluhu Hassan hat nicht nur die Opposition im Visier, sondern auch Teile der Medien. Ausgerechnet die eigene CCM-Parteizeitung Uhuru wurde suspendiert, nachdem sie am 11. August auf der Titelseite die Präsidentin mit der Aussage zitierte, sie werde bei der nächsten regulären Präsidentschaftswahl 2025 nicht mehr antreten. Die Suspendierung vom 12. August an gilt für zwei Wochen.

Die Zeitung habe „rechtliche und professionelle Fehler“ gemacht, sagte Regierungssprecher Gerson Msigwa: Präsidentin Hassan habe in dem Interview gegenüber internationalen Medien, aus dem Uhuru zitierte, keine Aussage über eine Präsidentschaftskandidatur 2025 gemacht.

Eigentlich hatte Hassan nach ihrer Amtsübernahme die Arbeitsbedingungen für Medien in Tansania verbessert. Sie hatte einige repressive Maßnahmen ihres Vorgängers aufgehoben und zugesagt, verbotene Medien wieder zuzulassen und Angriffe auf Journalisten zu untersuchen. Ihr Vorgänger Magufuli hatte mehrere Zeitungen geschlossen und ein staatliches Lizenzsystem für Onlinejournalismus eingeführt.

Immerhin: Keine Coronaleugnung mehr

Was bleibt, ist Hassans Abkehr von Magufulis Politik der Coronaleugnung. Der verstorbene Präsident hatte die Existenz der Pandemie in dem über 60 Millionen Einwohner zählenden Tansania abgestritten, Präventionsmaßnahmen unterlassen und Covid-19-Impfungen verboten; bereits im Mai 2020 hatte er die Zählung von Coronafällen eingestellt, bei 509 Infektionsfällen und 21 Toten.

Suluhu Hassan hat dies alles geändert und ein Budget von 470 Millionen US-Dollar eingerichtet, um Impfstoffe zu kaufen und von der Pandemie betroffene Wirtschaftszweige zu unterstützen. Seit dem 19. Juli werden wieder Coronaneuinfektionen gezählt; sie stehen mittlerweile bei 1.367.

„Ich rufe meine Landsleute dazu auf, Vorsorgemaßnahmen gegen Covid-19 zu treffen, wie sie unsere Gesundheitsexperten anordnen, also regelmäßig die Hände mit fließendem Wasser und Seife zu waschen, immer Masken zu tragen und immer Abstand zu wahren“, sagte Hassan. Und die Regierung plant den Bau einer Fabrik für Covid-19-Impfstoffe.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.