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Machtkampf nach dem Brexit-VotumLabour-Chef Corbyn setzt Kritiker ab

Die Folgen des Referendums haben die Labour-Party erreicht. Der Parteichef hat einen seiner Kritiker entlassen. Das wiederum blieb nicht ohne Folgen.

Soll gegen seinen Chef paktiert haben: Hilary Benn Foto: dpa

London dpa | In der britischen Labour-Partei ist nach dem Brexit-Referendum ein offener Machtkampf entbrannt. Parteichef Jeremy Corbyn entließ in der Nacht zum Sonntag einen seiner schärfsten Kritiker aus dem Schattenkabinett.

Hilary Benn, einer der angesehensten Labour-Abgeordneten, hatte Corbyn Führungsschwäche vorgeworfen und bezweifelt, dass er eine mögliche Neuwahl in den kommenden Monaten gewinnen könne. Berichten zufolge soll der Schatten-Außenminister in der Fraktion gegen Corbyn paktiert haben.

Der konservative Premierminister David Cameron hatte nach dem Votum der Briten für einen EU-Austritt seinen Rücktritt für Oktober angekündigt. Oppositionschef Corbyn, der in der Fraktion ohnehin wenig Unterstützer hat, war nach dem EU-Referendum unter Druck geraten, ebenfalls zurückzutreten.

Viele Labour-Politiker werfen ihm vor, sich nicht entschieden genug für den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union eingesetzt zu haben. Am Montagabend berät die Labour-Fraktion über ein Misstrauensvotum gegen Corbyn.

Aus Protest gegen Benns Absetzung trat am Sonntag Schatten-Gesundheitsministerin Heidi Alexander zurück. Berichten der BBC zufolge könnte die Hälfte des Schattenkabinetts Corbyn den Rücken kehren. Der 67-Jährige war im vergangenen Herbst in einer Urwahl überraschend an die Parteispitze gewählt worden. Er hatte bis dahin als linker Parteirebell gegolten.

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6 Kommentare

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  • Labour is history. Nach dem Schottlandreferendum verloren sie bis auf einen Abgeordneten alle Wahlbezirke an die SNP.

     

    Nachdem Labour jetzt keine klare Position zum Brexit gefunden hatte, werden sie jetzt in ihren ehemaligen Hochburgen in England und Wales verlieren, da UKIP sich dort als Vertreter der enttäuschten Arbeiter verkaufen kann.

     

    Hoffentlich beziehen die Lib-Dems eine klare Position für die EU, dann gäbe es wenigstens etwas Auswahl für die kommende Unterhauswahl.

  • Der Coup wurde schon seit langem von Benn (dessen Vater sich angesichts der Sperenzchen seines Sohnes im Grab umdrehen würde) und seinen Lakaien mittels WhatsApp geplant. Klar, dass den Blairites - die ideologisch eher den Tories zuzuordnen sind - die Idee, einen Sozialisten als Premierminister-Kandidaten zu ernennen, gegen den Strich geht. Die Tatsache, dass er mit einem höheren Prozentsatz der Stimmen als alle vorherigen Kandidaten zum Parteivorsitzenden gewählt wurde, und das Kabinett schon lange nicht mehr den Willen der Wähler vertritt, scheint ihnen dabei gleichgültig zu sein.

     

    Glücklicherweise ist die Wählerschaft zu aufgeklärt, um den Krokodilstränen derjenigen Kabinettsmitglieder, die heute zurückgetreten sind, jeglichen Glauben zu schenken.

     

    Corbyn bleibt; dafür werden die wahlberechtigten Labour-Mitglieder bei einer Neuwahl sorgen.

  • Gut, dass Corbyn nun durchgreift.

    Höchste Zeit, dass die Blairisten vom Hof gejagt werden. Diese Unruhestifter konnen gern bei den Tories hausieren.

  • Es ist völlig absurd. Die rechten innnerhalb von Labour wollen ihn absägen, weil er mit seiner EU-Kritischen Haltung die Abstimmung NICHT verloren hat.

     

    Der Spin gegen ihn ist eine Erfindung der Libs. Das ist einfach die Old-New-Labour Garde, die wohl bei den Libs aufgehoben wäre.

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @Richard Meier:

      Schlimm genug der durchgeknallte Boris und die Gartenzwergfaschisten von der UKIP. Da brauchts keinen Labor-Chef, der das gleiche Spiel spielt, nun gut etwas zurückhaltender.

      Den Brexit-Wahnsinn hat der Möchtegernpolitiker Corbyn jedenfalls mitzuverantworten. Schande über ihn ...

    • @Richard Meier:

      irgendwie der nebeneffekt des brexits. alle starren formationen geraten durcheinander - bei parteien brauchen wir jetzt statt horizontal links/rechts durch die baenke noch ein elitaer/egalitaer