piwik no script img

Machtkampf in VenezuelaParlament will Maduro absetzen

Im venezolanischen Parlament hat die Opposition die Mehrheit. Die will sie nun nutzen, um einen neuen Staatschef zu stellen und um Neuwahlen auszurufen.

Parlamentspräsident Juan Guaidó will neuer Staatschefs sein Foto: ap

Berlin/Caracas epd | Wenige Tage nach der umstrittenen Vereidigung des autoritären Präsidenten Nicolás Maduro spitzt sich der Machtkampf in Venezuela zu: Parlamentspräsident Juan Guaidó will vorübergehend das Amt des Staatschefs übernehmen und Neuwahlen ausrufen.

„Als Nationalversammlung übernehmen wir die Kompetenzen der Präsidentschaft, wie es in der Verfassung steht“, sagte Guaidó am Freitag (Ortszeit) laut der Tageszeitung El Nacional. Guaidó bat die Bevölkerung, die Streitkräfte und die internationale Gemeinschaft um Unterstützung. Die USA, die EU und zahlreiche Länder Lateinamerikas erkennen die Präsidentschaft von Maduro nicht an.

Für den 23. Januar rief die Opposition zudem zu landesweiten Massenprotesten auf. Der 23. Januar ist ein symbolisch wichtiges Datum: An diesem Tag im Jahr 1958 fiel die Militärdiktatur von Marcos Pérez Jiménez. Maduro sprach von einer „Show“ des Parlaments mit dem Ziel, das Land zu destabilisieren. Mit der Ausrufung einer Verfassungsgebenden Versammlung hatte er 2017 das von der Opposition dominierte Parlament entmachtet. Die Opposition selbst ist zersplittert.

Der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro, stellte sich hinter die Opposition. „Wir begrüßen, dass Juan Guaidó die Interimspräsidentschaft in Venezuela gemäß Artikel 233 der Verfassung übernimmt. Er hat unsere Unterstützung, die der internationalen Gemeinschaft und des venezolanischen Volkes“, schrieb er auf Twitter. Auch die US-Regierung stärkte dem Parlamentspräsidenten den Rücken. Die Nationalversammlung sei die einzige legitime staatliche Gewalt, erklärte Sicherheitsberater John Bolton.

Jeden Tag überqueren Hunderte Venezolaner die Grenzen zu den Nachbarländern Brasilien, Ecuador und Kolumbien.

Trotz Protesten im In- und Ausland hatte sich Maduro am Donnerstag für eine zweite Amtszeit vereidigen lassen, die bis 2025 dauert. Die Wahlen vom 20. Mai 2018 waren nach Überzeugung der internationalen Gemeinschaft nicht demokratisch. Auch die EU hatte Maduro zu einem Machtverzicht aufgerufen.

Venezuela befindet sich zudem in einer schweren Wirtschaftskrise mit einem dramatischen Mangel an Lebensmitteln und Medikamenten. Regierungsgegner machen die sozialistische Regierung für die Versorgungsengpässe und die aktuell weltweit höchste Inflation verantwortlich. Maduro wirft den USA vor, einen „Wirtschaftskrieg“ gegen sein Land zu führen.

Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) haben seit 2014 mehr als 2,4 Millionen Venezolaner wegen der Krise das Land verlassen. Das entspricht rund acht Prozent der Gesamtbevölkerung. Jeden Tag überqueren Hunderte Migranten die Grenzen zu den Nachbarländern Brasilien, Ecuador und Kolumbien.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Da wird dann solange gewählt, bis das Ergebnis den USA recht ist.



    Die Opposition hat die Wahlen boykottiert, selber schuld. Die EU hat trotz Einladung keine Wahlbeobachter geschickt, selber schuld. Das Wahlsystem ist noch das gleiche, welches der Opposition eine Mehrheit im Parlament bescherte auf einmal soll es falsch sein. Venezuela braucht keinen fremdgesteuerten Regimechange, sondern eine Zusammenarbeit zur Lösung der Wirtschaftsprobleme (die durchaus durch reiche Firmenbesitzer verstärkt werden). Die Bevölkerung hat mit über 60% Maduro gewählt, und soll sich auf einmal über eine Entmachtung "freuen". Da ist wohl eher der Wunsch Vater des Gedanken.

    • @Martin_25:

      Genau Genosse.



      Es ist bis heute immer noch ein Rätsel, warum die ddr so plötzlich unterging.



      Bei allen freien wahlen in der ddr hatte die sed doch immer mehr als 90 % zustimmung.



      Finde den fehler

    • @Martin_25:

      Ja genau - sie USA (der Hauptabnehmer venezianischen Öls) sind Schuld dass der Sozialismus wieder mal ein Land ruiniert hat und tausende erbärmlich verrecken.....



      Alles klar...

  • Logga.

    Wo ist denn die venezolanisch-ekuatorianische Grenze denn bitte genau, wenn da sogar hunderte taeglich den Uebertritt schaffen...

    Aber man lernt ja nicht aus..

    abgesehen davon.. ich lebe noerdlich von Bogota in Naehe der Autobahn an der man jeden Tag zig Venezolaner nach Bogota laufen sieht. Zuerst die jungen Maenner, nach ner Weile die Familien.

    Kaum beschreibbares leid.

    Mein Dorf ist auch voll von Venezolanern, die arbeiten fuer 3 euro am Tag bei einem ggesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro.

    Und das wiederum fuehrt dazu dass liebe, friedliche Landleute auf einmal hier reden als wuerden sie ne AfD fuer Kolumbien gruenden wollen..

  • Maduro und Ortega haben der Linken Lateinamerikas mehr Schaden zugefügt, als alle Rechts-Diktaturen zusammen, da sie die ursprüngliche Idee der Linken, Gleichheit und Gerchtigkeit, auf der Basis der allgemeinen Menschenrechte verraten haben. Die Konsequenz davon wird Lateinamerika noch in vielen Jahren in Gestalt von autoritären rechten Regierungen spühren. "Links-Sein" muss auf der Basis der individuellen und sozialen Menschenrechte neu definiert werden.

    • @Rinaldo:

      Schlimm ist, das die den Menschen offensichtlich schaden.



      Sie tun so als wären die Verbrechen nur ein imageproblem der Linken.



      Es sind reale Opfer von realen Verbrechen.