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MEDIENHÄNDLER KIRCH KAUFT DIE ÜBERTRAGUNGSRECHTE DER BUNDESLIGADie finanzielle Blutgrätsche

Nehmen wir einmal an, der deutsche Fußball wäre eine Kuh. Die steht gegenwärtig auf dünnem Eis, geplagt von „Verletzungspech“ und dem schieren Gewicht finanzstarker Absteiger. Trotzdem konnte der DFB die Fernsehrechte für das Gekicke der nächste vier Jahre für einen Rekordpreis verkaufen: 750 Millionen Mark zahlt die Kirch-Gruppe pro Saison. Insgesamt drei Milliarden Mark kann der DFB also künftig in Aufbau, Züchtung oder Vervielfältigung von Nachwuchsspielern investieren. Ligapräsident Gerhard Mayer-Vorfelder sieht mit Blick auf diese Unsumme „die Wertigkeit des Fußballs nun in richtiger Weise gewürdigt“. Und Markus Tellenbach, Geschäftsführer von Kirchs Premiere World, verspricht seinen Zuschauern: „Ihnen erschließt sich Fußball in einer neuen Dimension.“

In der digitalen Dimension nämlich, mit zuschaltbaren Fensterchen und angedachten Saisontickets. Ein Schnäppchen nicht nur für Kirchs Bezahlfernsehen, sondern auch für seine frei empfangbaren Sender. DSF und Pro7 dürfen sich über den Coup ebenso freuen wie Sat.1, dessen sportliches Zugpferd „ran“ für vier Jahre mit exklusivem Bildmaterial versorgt sein wird. Für den Verbraucher – vormals Zuschauer – lassen sich Vor- und Nachteile leicht aufrechnen: Neu ist, dass alle Spiele der Bundesliga live zu sehen sein werden. Das ist gut. Neu ist aber auch, dass hier ein monopolistischer Krämer dem anderen die Liga abgekauft hat – und damit die Mär vom demokratischen Volkssport endgültig zu Ende erzählt ist.

Ist das schlecht? Wer Leute authentisch schwitzen sehen will, muss nun dafür zahlen. Ob im Stadion oder im Wohnzimmer, schließlich gibt’s „technisch anspruchvollste Aufbereitung“ ebenso wenig umsonst wie technisch anspruchsvollsten Fußball. Schade eigentlich, dass Sony nicht mitgeboten hat – virtuell genug ist das Geschehen ohnehin schon. Kommende Meisterschaften könnten dann auf der Playstation entschieden werden. Von den Fans, übers Internet, ganz demokratisch. Die Kuh steht auf dem Eis – und spannender als Fußball ist die Frage, wer sich als nächster darauf wagt, um sie zu melken. ARNO FRANK

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