Luxuskonzern plant Übernahme: Wer rettet die Birkenstocks?

Erst als Gesundheitslatschen verspottet, dann im Trend – jetzt will LVHM die Firma kaufen. Fraglich ist, wer sich den Schuh dann noch leisten kann.

Eine Frau steht mit nackten Füssen in Birkenstock-Sandalen auf einem roten Teppich

Lange Leidensgeschichte, unsichere Zukunft: die Birkenstocksandalen Foto: Spöttel Picture/imago

Meine ersten Birkenstock-Sandalen bekam ich letztlich von Karl Birkenstock persönlich geschenkt. Für ein sehr lesenswertes Interview in der taz traf Nike Breyer 2000 den damals 60-jährigen Erfinder der Gesundheitslatschen. Am Ende des Gesprächs drückte er unserer Autorin einen großen Karton in die Arme, darin Birkenstocks in allen Größen, Formen und Farben, und davon bekam ich ein Paar ab.

Jetzt, rund 20 Jahre später, findet eine Übernahmeschlacht um die Firma statt, zwischen der Beteiligungsgesellschaft CVC Capital Partners und L Catterton, dem Private-Equity-Unternehmen, hinter dem der Luxuskonzern LVHM steckt. Birkenstock, das 1774 gegründete Traditionsunternehmen, soll beachtliche 4,5 Milliarden Euro Wert sein, Schulden inklusive. L Catterton ist wohl dabei, die Sache festzuzurren.

Meine nächsten Birkenstocks werde ich also wohl nicht mehr am Ku’damm bei Schuh-City kaufen, sondern gezwungenermaßen gegenüber im KaDeWe, weil sie nur noch dort, stylisch neben Gucci und Salvatore Ferragamo platziert, zum wenigstens doppelten Preis zu haben sein werden.

LVHM ist nicht umsonst berühmt dafür, übernommene Familienunternehmen auf Wachstumskurs zu bringen. Birkenstock, das mit zuletzt knapp 1 Milliarde Umsatz nach Auskunft eines Insiders „so was von profitabel“ ist, wird also noch profitabler. Ein deutsches Familienunternehmen, bei dem das Konzept schon durchexerziert wurde, ist der Kofferhersteller Rimowa.

Nach der Übernahme wurden den mittelständischen Fachhändlern die Verträge gekündigt, damit die Koffer nur noch im Shop-im-Shop-System in Kaufhäusern und bei Händlern zu finden sind, die einen Mindestumsatz von 200.000 Euro im Jahr garantieren. Die eh schon superteuren Koffer wurden dann natürlich noch teurer. Je nach Größe liegt der Preis mittlerweile im vierstelligen Bereich.

Monobrandshops nehmen dem Fachhandel, der schon durch den Internethandel und jetzt noch einmal durch Corona stark geschwächt ist, weitere Umsätze weg, was das Ende des Fachhandels und der Innenstadt bedeutet.

Birkenstocks hatte der stationäre Handel zunächst nicht ins Sortiment genommen, sie wurden dank Versandhandel zum Erfolg. Und nicht zu vergessen, dank der Hippies. Woodstock trug Birkenstock, Steve Jobs und die deutschen Grünen, die sie über die 80er Jahre gerettet haben, als es keine Option war, Birkenstocks zu tragen. Und wer rettet sie jetzt?

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.