Luxemburg-Liebknecht-Demo in Berlin: Eskalation bei Traditionsumzug
Auf der Luxemburg-Liebknecht-Demonstration kommt es zu mindestens 20 Festnahmen. Die Polizei setzt kurzzeitig Pfefferspray und Schlagstöcke ein.
Pünktlich um 10 Uhr hatte sich der Demonstrationszug auf der Frankfurter Allee in Friedrichshain formiert. Auf dem Frontbanner des ersten Blocks an der Demospitze erinnerten die Teilnehmenden an die im Januar 1919 ermordeten KPD-Gründer Luxemburg und Liebknecht nebst dem russischen Revolutionsführer Wladimir Iljitsch Lenin.
Aus den Reihen des sogenannten Revolutionären Blocks wurden Parolen wie „Ruhm und Ehre den Märtyrern“ skandiert und sozialistische Lieder laut und textsicher angestimmt. Auch auf den Transparenten fand sich die übliche Folklore: „No war, but classwar“, „Vorwärts im Aufbau der antiimperialistischen Einheitsfront“, „Frieden mit Russland und China“. Dazu das alljährliche Meer der Fahnen von MLPD, DKP und KPD, ergänzt durch offenkundig unvermeidliche Nordkorea-, Palästina- und DDR-Flaggen.
Rund 3.000 Teilnehmende zählte die Polizei, angemeldet waren 10.000. Wie in jedem Jahr führte der Demozug auch diesmal zur Gedenkstätte der Sozialisten in Friedrichsfelde, wo schon am Morgen die Parteispitzen der Linken Blumen abgelegt hatten.
Unübersichtliche Szenen
Recht vom Fleck kam der Aufbau der antiimperialistischen Einheitsfront erst mal nicht. Zunächst stockte es, weil im Revolutionären Block immer wieder die Transparente verknotet wurden, wie es vonseiten der Polizei hieß. Dann wurden aus einem anderen Block die Parolen „From the River to the Sea“ und „Free Palestine“ angestimmt – was die Polizei umgehend zum Anlass nahm, die Demonstration zu stoppen.
Kurz vor halb 12 kam es auf der Frankfurter Allee, Höhe Kinzigstraße, zu unübersichtlichen Szenen und handfesten Auseinandersetzungen. Polizist:innen prügelten auf Teilnehmende mit Schlagstöcken ein und setzten Pfefferspray ein. Im Revolutionären Block entzündeten Demonstrant:innen Bengalos. Einige Personen wurden gewaltsam von der Polizei zu Boden gebracht und abgeführt. Die Polizei sprach von über 20 Festnahmen und 10 eingeleiteten Ermittlungsverfahren.
Im Verlauf der Auseinandersetzung wurde bei einer „polizeilichen Zwangsmaßnahme“ mindestens ein Teilnehmer besonders hart getroffen. Die bewusstlose Person wurde auf dem eiskalten Boden zunächst erstversorgt und anschließend mit dem Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht.
Der Linken-Politiker Ferat Koçak sagte auf der Kundgebung am Sonntag, die Polizei habe einem Demonstranten ins Gesicht geschlagen. Eine Polizeisprecherin wollte den Vorfall weder dementieren noch bestätigen.
Polizei spricht von Angriffen mit Metallstangen
Den Angaben der Behörde zufolge kam es aus der Demonstration neben strafbaren Parolen auch zu Angriffen auf Einsatzkräfte, Beamt:innen seien unter anderem mit Holz- und Metallstangen attackiert worden. Wie viele Personen verletzt oder festgenommen wurden, stand bei Redaktionsschluss nicht fest. Die Polizei verwies auf taz-Nachfrage auf eine für diesen Montag geplante Bilanz des Demonstrationsgeschehens.
„Wir sind nicht alle, es fehlen die Gefangenen“ und „Alle Bullen sind Schweine“, riefen die Teilnehmenden aus dem Revolutionären Block, als die Demo schließlich gegen 12.15 Uhr weiterzog – und sich anschließend schnellen Schrittes seinem Ziel näherte. Der weitere Verlauf bis zur Gedenkstätte der Sozialisten verlief dann auch störungsfrei. Vorbei an DDR-Plattenbauten und der einstigen Zentrale des Ministeriums der Staatssicherheit in Lichtenberg.
Schon im Vorjahr war es auf der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen. Ähnliches war auch für den Sonntag erwartet worden – zumal vor gut einer Woche das kommunistische Traditionsblatt Junge Welt eine „Gemeinsame Erklärung des Revolutionären Blocks auf der LLL-Demo“ dokumentierte, in der dazu aufgerufen wurde, sich zu verteidigen. Als Reaktion ermahnten die Kommunistische Plattform der Linkspartei und der Demoanmelder Klaus Meinel die Teilnehmer:innen zur Disziplin.
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