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Gewalthilfegesetz im BundestagKompromiss gefunden

Luisa Faust
Kommentar von Luisa Faust

Erst schien es verloren, jetzt kommt es doch: das Gewalthilfegesetz. Zukünftig werden Frauenhäuser besser finanziert. Einen Haken gibt es aber.

Endlich, das Gewalthilfegesetz kommt, denn Gewalt gegen Frauen, vor allem häusliche Gewalt ist alltäglich Foto: Jonas Walzberg/dpa

D as war eine Überraschung: Auf den letzten Metern vor der Bundestagswahl finden SPD, Grüne und Union im Familienausschuss zusammen – und haben den Weg frei gemacht für das Gewalthilfegesetz. Wenn es wie geplant am Freitag den Bundestag und im Februar den Bundesrat passiert, werden Frauenhäuser und Beratungsstellen in Zukunft besser finanziert. Dafür will der Bund erstmals 2,6 Milliarden Euro bereitstellen. Für Frauen, die von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen sind, wird es außerdem einen Rechtsanspruch auf Beratung und Schutz geben.

Bei aller Erleichterung: SPD und Grüne mussten für diesen Verhandlungserfolg einige Kröten schlucken. Die dickste davon ist, dass der Schutzanspruch jetzt nicht, wie ursprünglich vorgesehen, für alle Betroffene von geschlechtsspezifischer Gewalt gelten soll. Trans, inter und non-binäre Personen werden von diesem Gesetz nicht geschützt werden. Das ist bitter, denn sie sind besonders häufig von Gewalt betroffen.

Dafür hat die Union gesorgt. Sie hatte ihre Zustimmung zum Gesetz an die Exklusion von trans Personen geknüpft. Das ist öffentlichkeitswirksames Kalkül, es befeuert transfeindliche Narrative – und widerspricht dem Anspruch der Frauenhäuser und Beratungsstellen. Diese schließen alle Betroffenen von geschlechtsspezifischer Gewalt ein. In der Praxis entscheiden Frauenhäuser ohnehin selbst, ob sie eine schutzsuchende Person aufnehmen können.

Dass sich SPD und Grüne auf diesen Deal eingelassen haben, ist nachvollziehbar. Denn unter einer von Merz geführten Regierung hätte das Gesetz vermutlich keine Chance. Dabei ist die Lage – das kann nicht oft genug wiederholt werden – ernst: 360 Frauen und Mädchen wurden 2023 Opfer von ­Femiziden, jede vierte Frau erlebt Gewalt durch ihren (Ex-)Partner. Und die Strukturen, die sie schützen sollen, sind unzureichend finanziert: In den Frauenhäusern fehlen 14.000 Plätze, Gewaltbetroffene ohne Anspruch auf Sozialhilfe müssen ihre Unterbringung selbst bezahlen. Das Gewalthilfegesetz soll das jetzt verbessern.

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Luisa Faust
Volontärin bei der wochentaz
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3 Kommentare

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  • "und widerspricht dem Anspruch der Frauenhäuser und Beratungsstellen. Diese schließen alle Betroffenen von geschlechtsspezifischer Gewalt ein. In der Praxis entscheiden Frauenhäuser ohnehin selbst, ob sie eine schutzsuchende Person aufnehmen können."

    Und an der Stelle wird die Auswirkung des Gesetzes verkannt. Bisher hatten die Länder die Gesetzgebungskompetenz in dieser Angelegenheit und konnten Trans- und Interpersonen mit einschließen. Da der Bund nun von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat, wird die Ländergesetzgebungskompetenz insoweit verdängt.

    Wie die Praxis bisher ausgesehen hat ist für die Zukunft vollkommen unerheblich.

  • Wenn es keinen Haken hätte, wäre es kein Kompromiss. Auch ein kleiner Fortschritt ist ein Fortschritt. Was spricht eigentlich gegen eigene Schutzeinrichtungen für Transpersonen?

    • @Claude Nuage:

      Die Politik spricht dagegen. Die müsste Gelder dafür bereitstellen, das passiert aber seit Jahrzehnten nicht. Dieses Gesetz ist da ein gutes Beispiel. Außerdem gibt es nicht so viele trans Personen, dass sich extra Einrichtungen lohnen würden. Der Schutz muss in der bestehenden Struktur möglich sein, oder trans Menschen bekommen bei Gewalt keinen Schutz. Vielleicht ist das ja auch einfach politisch gewollt. Das C in CDU ist schon lange nur zu dekorativen Zwecken vorhanden, scheint mir.