piwik no script img

Luftverschmutzung in PekingSmog, soweit das Auge reicht

Noch nie war die Luftverschmutzung in Chinas Hauptstadt schlimmer. Die Behörden rufen die 20 Millionen Einwohner auf das Haus nicht zu verlassen. Sonst tun sie nicht viel.

Sollten lieber zu Hause bleiben: Bürger in Peking. Bild: dpa

PEKING dpa | Die Luftverschmutzung in Peking nimmt erschreckende Ausmaße an. Die Smoglage in der chinesischen Hauptstadt hat sich am Samstag noch weiter verschlimmert, die Verschmutzung erreichte bislang unbekannte Höchstwerte.

Die Behörden riefen die 20 Millionen Bewohner auf, so wenig wie nötig vor die Tür zu gehen. Alte, Kranke oder Kinder sollten die Häuser gar nicht verlassen. „Wir raten den Bürgern, sich von schwer verschmutzten Stadtgebieten fernzuhalten und körperliche Anstrengungen oder Freiluftaktivitäten zu vermeiden“, hieß es auch in einem Appell des Umweltüberwachungszentrums der Stadt.

Seit drei Tagen werden die Metropole und andere Städte in Nordchina von starkem Smog heimgesucht, der weit über die sonst schon übliche schwere Luftverschmutzung hinausgeht. Der Schadstoffindex der US-Botschaft in Peking für den besonders gesundheitsgefährdenden Feinstaub kletterte am Samstag auf die Rekordmarke von 728.

„Das habe ich noch nie erlebt“, sagte ein Pekinger, der den Index seit Jahren verfolgt. Früher endete die Skala immer bei 500. Nur unter 50 gilt die Luft noch als „gut“, über 300 schon als „gefährlich“.

Ja, das da hinten sind Hochhäuser. Und nein, es ist keine Dämmerung in Peking, sondern Smog. Bild: dpa

Ähnlich stiegen auch die Messwerte der chinesischen Umweltbehörden, die sonst meist niedriger liegen, auf einen Spitzenwert von 456 für die kleinen Schadstoffpartikel mit einem Durchmesser von 2,5 Mikrometer, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. Ärzte warnten, dass die extrem hohen Schadstoffkonzentrationen Schlaganfälle, Herzerkrankungen, Atemwegsleiden, Geburtsschäden oder Krebs auslösen können.

Viele Menschen trugen einen Mundschutz gegen die schlechte Luft. In den twitterähnlichen, Weibo genannten chinesischen Mikroblogs, äußerten sie ihre Empörung. „Die Luftverschmutzung ist so schlimm, wie ich sie noch nie erlebt habe“, hieß es. „Es ist überall neblig, die Luft riecht versengt.“ Einige klagten über gesundheitliche Beschwerden: „Mein Hals tat mir beim Schlafen weh.“

Trotz des heftigen Smogs wurden allerdings keine Fahrverbote für Autos oder Beschränkungen für Fabriken oder Kraftwerke verhängt. Es blieb bei Appellen. Auch ist vorerst keine Besserung in Sicht, da die ungünstige Wetterlage am Wochenende noch anhalten soll.

Das Problem war nicht allein auf die Hauptstadt begrenzt. Außer Peking litten auch andere Städte wie Handan, Baoding, Shijiazhuang in der angrenzenden Provinz Hebei oder Zhengzhou in der Provinz Henan unter schwerem Smog. Der Tageszeitung China Daily zufolge überschritten die Schadstoffwerte in diesen vier Städten am Freitag die offizielle Messgrenze von 500. Nach den weniger strengen chinesischen Standards ist die Luft nur bei Werten unter 100 noch unproblematisch.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

3 Kommentare

 / 
  • A
    aujau

    Nun zeigt sich, dass die Forderung nach saubererer Luft und Wasser nichts mit romantischer Spinnerei zu tun haben.

    Es gibt bald ein schmutziges Wort, dass den politischen Diskurs der ganzen Welt bestimmen wird:

    Verzicht.

    Aber nur der kann wirklich helfen.

  • C
    colouredwolf

    als die chinesen in 2008 für drei monate die industrie im umkreis von 500 km um peking lahmlegten, um zu den olympischen spielen saubere luft zu haben, war dies mit eine der ursachen für die weltwirtschaftskrise. das husten chinas führte zur grippen in den usa - wo plötzlich blasen platzten.....

    der industrielle einbruch in china war schlimm, begann aber drei bis sechs monate vor der krise im rest der welt. ging es ab anfang februar 2009 in china schon wieder steil nach oben, ging's im rest der welt noch steil nach unten - eine sehr interessante erfahrung, damals.

    also müssen wir jetzt froh sein, dass wir das pflänzchen aufschwung auf der gesundheit der chinesen austragen.

  • G
    Gonzi

    Mit Fahrrad und einem gutem ÖPNV wäre das nicht in diesem Ausmaß passiert,

    aber eine sonst dahinsiechen müssende bundesdeutsche Automobilindustrie und ihre Lobby werden sich an dem Smog wenger stören.