Luftangriffe in Israel und Gaza: Weitere Eskalation befürchtet
Israel hat erneut Ziele in Gaza angegriffen. Militante Palästinenser feuerten ihrerseits zahlreiche Raketen in Richtung Israel ab.
Seit Beginn der israelischen Luftangriffen am Freitag starben nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums 24 Menschen. Mindestens 215 seien verletzt worden. Unter den Toten sind demnach neben weiteren PIJ-Mitgliedern sechs Kinder und zwei Frauen.
Palästinensische Berichte, wonach das israelische Militär für den Tod von fünf Kindern und einem Erwachsenen im Flüchtlingslager Dschabalia verantwortlich gemacht wird, wies Israel zurück. „Basierend auf Militärdaten scheint es, dass das Ereignis auf eine fehlgeleitete Rakete des Islamischen Dschihads zurückgeht“, teilte das Militär mit.
Das israelische Militär hatte am Freitag die großangelegte Militäraktion „Morgengrauen“ gegen den Islamischen Dschihad gestartet. Dabei wurden der Militärchef Taisir al-Dschabari und weitere PIJ-Mitglieder getötet. Al-Dschabari war dem Militär zufolge verantwortlich für Raketenangriffe aus dem Küstenstreifen und geplante Angriffe auf Zivilisten.
In der Nacht zu Sonntag teilte die israelische Armee mit, sie habe einen erfolgreichen Schlag gegen den Islamischen Dschihad geführt. „Die hochrangige Führung des militärischen Flügels des Islamischen Dschihads in Gaza wurde neutralisiert“, teilte der Leiter der Operationsabteilung, Generalmajor Oded Basiok, mit – ohne näher zu erläutern, was neutralisieren genau bedeutet.
Weitere Spannungen befürchtet
Eine Bestätigung der militanten Palästinenserorganisation lag zunächst nicht vor. Es sei nach palästinensischen Angaben unklar, ob der südliche Kommandeur des Islamischen Dschihads, Chalid Mansur, bei dem Angriff in der Stadt Rafah ums Leben kam, hieß es. Rettungskräfte suchten demnach in der Nacht auf Sonntag in den Trümmern nach Überlebenden.
2019 hatte Israel bereits Al-Dschabaris Vorgänger, Baha Abu al-Ata, getötet. Darauf folgten massive Raketenangriffe. Nach einigen Tagen konnte mit Hilfe von Unterhändlern Ägyptens und der Vereinten Nationen eine Waffenruhe vereinbart werden.
Befürchtet wird, dass sich am Sonntag – dem jüdischen Fasten- und Trauertag Tischa BeAv – die Lage weiter zuspitzen könnte. Religiöse Juden betrauern an dem Tag die Zerstörung der beiden antiken Tempel in Jerusalem. Die Hamas rief am Abend dazu auf, die Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg „zu verteidigen und sich den israelischen Übergriffen auf die heilige Stätte entgegenzustellen“.
Der Tempelberg mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. An dem Feiertag kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Konfrontationen.
In mehreren israelischen Städten waren in der Nacht zu Sonntag erneut Sirenen zu hören. Seit Freitag wurden nach Militärangaben mehr als 400 Raketen aus dem dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert. Nach Angaben des israelischen Rettungsdienstes wurden 21 Menschen im Krankenhaus behandelt.
Ägypten will schlichten
Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi sagte am Samstag, seine Regierung bemühe sich, Kämpfe und andere Gewaltakte zwischen beiden Seiten zu vermeiden, wie die staatliche Nachrichtenseite „Al-Ahram“ berichtete. Berichten aus Gaza zufolge sollen sich auch die Vereinten Nationen und Katar um Vermittlung bemühen.
Der Eskalation voran gegangen war die Festnahme eines Anführers des Islamischen Dschihads im Westjordanland, Bassem Saadi, am Montag. Israel sperrte über mehrere Tage hinweg Gebiete am Rande des Küstenstreifens ab und erhöhte die Alarmbereitschaft. Berichten zufolge soll es konkrete Pläne eines Angriffs auf israelische Zivilisten gegeben haben.
Israels Streitkräfte hatten sich im vergangenen Jahr einen elftägigen Konflikt mit militanten Palästinensern im Gazastreifen geliefert. Nach palästinensischen Angaben starben dort 255 Menschen, in Israel kamen israelischen Behörden zufolge 13 Menschen ums Leben. Mehr als 4000 Raketen wurde aus dem Gazastreifen abgefeuert. Ägypten vermittelte eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas.
Während des Sechstagekrieges 1967 hatte Israel unter anderem das Westjordanland und den Gazastreifen erobert. Die Hamas hatte 2007 in dem Küstenstreifen gewaltsam die Macht an sich gerissen. Israel verschärfte daraufhin eine Blockade des Gebiets, die von Ägypten mitgetragen wird. Beide Staaten begründen die Maßnahme mit Sicherheitsinteressen.
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