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Luft zum AtmenSauberes Ultimatum

Der Umweltverband BUND will die Stadt Hamburg zwingen, ein Urteil zur Luftreinhaltung endlich umzusetzen.

Hamburgs rot-grüner Senat setzt bezüglich Luftreinheit auf Direktmaßnahmen am Bürger. Foto: Axel Heimken (dpa)

HAMBURG taz | Für Anwalt Rüdiger Nebelsieck hat Hamburg nur zwei Möglichkeiten: Handeln oder Strafe zahlen – und auch handeln. Sollte die Umweltbehörde des grünen Senators Jens Kerstan nicht innerhalb von vier Wochen glaubhaft machen, dass sie bis zum Juli einen neuen Luftreinhalteplan vorlegen wird, werde bei Gericht ein Zwangsgeldantrag gestellt. Dieses Ultimatum kündigten der Hamburger Chef des Umweltverbandes BUND, Manfred Braasch, und sein Rechtsvertreter Nebelsieck am Dienstag an. „Normalerweise respektieren staatliche Stellen rechtskräftige Urteile und setzen sie um“, sagte Nebelsieck. Aber hier müsse wohl nachgeholfen werden. Zwangsgelder können in beträchtlicher Höhe und pro Tag der Zuwiderhandlung verhängt werden.

Das Verwaltungsgericht Hamburg (siehe Kasten) hatte die Stadt auf eine Klage des BUND und eines privaten Klägers verurteilt, in den seit 2012 bestehenden Luftreinhalteplan „Maßnahmen aufzunehmen, die zu einer möglichst schnellen Einhaltung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid führen sollen“. Seit 2010 verstößt Hamburg dauerhaft gegen die EU-Grenzwerte für die Schadstoffbelastung in der Atemluft. Nach Berechnungen des BUND sind mehr als 200.000 HamburgerInnen davon betroffen. Stickstoffdioxid gilt als Auslöser für Atemwegserkrankungen und Herz-Kreislauf-Krankheiten.

Im Jahresdurchschnitt liegt die Belastung an den Messstationen Habichtstraße (Barmbek) und Max-Brauer-Allee (Altona) bei über 60 Mikrogramm pro Kubikmeter Atemluft, an der Kieler Straße (Stellingen) und an der Stresemannstraße (Altona) knapp unter 50 Mikrogramm. Der Grenzwert liegt bei lediglich 40 Mikrogramm. Daran hat sich seit 2010 im Grundsatz nichts geändert, wenngleich die Umweltbehörde am Dienstag beteuerte, bereits an einem neuen Plan zu arbeiten.

Das bestätigt auch Braasch, nur gehe das viel zu langsam und enthalte außerdem die falschen Maßnahmen. Nachdem er in der Umweltbehörde Akteneinsicht genommen hat, ist der BUND-Chef überzeugt, dass dort „das Thema Luftreinhaltung verschleppt wird“. Nach einem internen Zeitplan solle ein neuer Luftreinhalteplan nämlich erst im Herbst 2017 vorgestellt werden. „Zweieinhalb Jahre nach dem Urteil: Das ist nicht ‚möglichst schnell‘, wie es das Gericht fordert“, so Braasch. Maßnahmen wie „die Verdoppelung des Radverkehrs bis 2020“ oder „der Einstieg in Landstrom-Angebote für Containerschiffe“, welche die Umweltbehörde am Dienstag anführte, seien nicht zielführend. „Es müssen drastische Maßnahmen ergriffen werden“, sagte Braasch und nannte Fahrverbote, Tempolimits und Umweltzone als Beispiele.

Recht auf Luft

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 7. November 2014 verpflichtet den Senat zum Handeln. Eine konkrete Vorgabe wie die Einführung einer Umweltzone machte das Gericht nicht.

Stickstoffdioxid gilt als Auslöser für Atemwegserkrankungen und Herz-Kreislauf-Krankheiten. Für etwa drei Viertel dieser Emissionen ist unstrittig der Autoverkehr verantwortlich.

An vier von 16 Luftmessstellen in der Stadt werden die Grenzwerte permanent um bis zu 50 Prozent überschritten.

Erst kürzlich hatten hessische Verwaltungsgerichte Wiesbaden und Darmstadt wegen unzureichender Bemühungen um die Luftreinhaltung zu Zwangsgeldern und „verkehrsbeschränkenden Maßnahmen“ wie „Einführung eines Bürgertickets, einer City-Maut und eines Durchfahrtverbots für Dieselfahrzeuge“ verurteilt. Auf diese Rechtsprechung stützt sich der BUND. „Wir verlangen rasch klare Ansagen“, sagte Braasch.

Da gibt es Hoffnung. Jens Kerstan hatte im November 2014 als grüner Fraktionschef in der Bürgerschaft das Hamburger Urteil als „Quittung für jahrelanges Nichtstun der SPD im Umwelt- und Klimaschutz“ bezeichnet. Da kann er ja jetzt als Umweltsenator alles besser machen.

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